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Start-up-Finanzierungsmarkt in Österreich – Boys only?

Der Venture-Capital-Markt in Österreich ist stark männlich dominiert: Mehr als neun von zehn investierte Euros gehen an rein männliche Gründungsteams.


Überblick

  • Großteil des investierten Risikokapitals geht an männliche Gründungsteams
  • Männliche Investoren investieren vor allem in männliche Gründer
  • Paradigmenwechsel in der Finanzierung von Start-ups

Das aktuelle Marktumfeld ist aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten, steigenden Zinsen, Inflation und einer drohenden Rezession stark getrübt. Trotz dieser Umstände erhielten österreichische Start-ups im ersten Halbjahr 2022 mehr frisches Kapital als je zuvor. Der Gesamtwert der Investitionen ist im Vergleich zum Rekordjahr 2021 nochmals um 67 Prozent gestiegen und beträgt nun 881 Millionen Euro.

In der gemeinsamen Studie "Female Start-up Funding Index" haben EY und Female Founders analysiert, wie die Zusammensetzung der Gründungsteams in Österreichs Start-ups ist und wie viele Investments Start-ups mit Frauen im Gründungsteam zu Gute gekommen sind.

Großteil des investierten Risikokapitals geht an männliche Gründungsteams

63 von 75 Finanzierungsrunden im ersten Halbjahr 2022 gingen an rein männlich zusammengesetzte Gründungsteams - das entspricht 84 Prozent. Bei zwölf Finanzierungsrunden bestanden die Founding Teams aus Männern und Frauen (16 %). Im 1. Halbjahr 2022 gab es keine Runde für ein rein weiblich besetztes Gründungsteam.

Während 36 Prozent aller österreichischen Start-ups von Frauen oder mit Co-Founderinnen gegründet werden, so haben nur 16 Prozent der Female Start-ups ein Investment im ersten Halbjahr 2022 bekommen. Female Start-ups, also Jungunternehmen mit mindestens einer Frau im Gründungsteam, haben damit unterdurchschnittlich viele Investments erhalten. Auch beim Finanzierungsvolumen zeigt sich ein deutliches Ungleichgewicht: Mehr als 90 Prozent des in Start-ups und Scale-ups investierte Kapital kam rein männlich zusammengesetzten Gründungsteams zu Gute.

Der Venture-Capital-Markt ist nach wie vor überwiegend ein ‚Boys Club‘. Mehr als neun von zehn investierten Euros gingen 2022 an rein männlich besetzte Gründungsteams.

Der Anteil an Gründerinnen liegt bei nicht einmal einem Fünftel, bei Investorinnen ist dieser sogar noch niedriger. Studien haben auch gezeigt, dass männliche Investoren vor allem in männliche Gründer investieren und der Anteil von Gründerinnen deutlich höher ist als bei Investmentgruppen. Dies unterstreicht, wie wichtig Initiativen für Female Entrepreneurship in Österreich sind.

Starkes Ungleichgewicht trotz hohem Anteil an Female Entrepreneurs

Trotz dem hohen Anteil an weiblichen (Co-) Gründerinnen herrscht ein starkes Ungleichgewicht in der Finanzierung von rein männlichen bzw. gemischten und rein weiblichen Founding Teams.

Mittlerweile sollten auch männliche Investoren erkannt haben, dass Diversität mit unternehmerischem Erfolg einher geht – immerhin sind gender-diverse Teams 20 Prozent profitabler und nachweislich resilienter. Zwei Faktoren, die besonders in Krisenzeiten essentiell sind.

Insgesamt schlossen 72 Start-ups mit 174 Gründer:innen im ersten Halbjahr zumindest eine Finanzierungsrunde ab. Nur jede:r 14. Gründe:in war weiblich. Damit liegt der Anteil an Gründer:innen mit einer Investitionsrunde mit sieben Prozent deutlich unter dem jährlichen Durchschnitt von rund 17 Prozent.

Anteil an Gründer:innen mit einer Investitionsrunde
der Gründer:innen von Start-ups mit Investments sind Frauen

Im Bereich Female Entrepreneurship und Gender Diversity verzeichnet Österreich in den letzten Jahren sehr positive Entwicklungen. Österreich hat EU-weit den höchsten Anteil an Start-ups mit mindestens einer Gründerin. Am höchsten ist der Frauenanteil in den Gründerteams in den Sektoren AgTech (17 Prozent) und Mobility (14 Prozent). In 7 der 13 untersuchten Sektoren sind keine Frauen in den jeweiligen Gründerteams.

Es zeichnet sich ein klares Bild ab, dass der Frauenanteil geringer wird je höher die Wachstumsphase und je höher das Finanzierungsvolumen ist. Die Rekordinvestments konnten rein männlich zusammengesetzte Gründerteams für sich gewinnen. Die stark ausgeprägte Männerdominanz bei Business Angels und VCs mit jeweils rund 90 Prozent ist ein Grund für dieses Ungleichgewicht.

Es ist wichtig, eine positive Spirale in Gang zu setzen: Wenn Gründerinnen Finanzierungen bekommen und einen erfolgreichen Exit machen, erhöht das den Anteil an weiblichen Kapitalgebern, was wiederum die Chance für Investments für Gründerinnen erhöht.

Paradigmenwechsel in der Finanzierung von Start-ups

Das Investmentverhalten von Angels bis VC wird nachhaltiger – Bewertungen sinken, Investmententscheidungen werden faktenbasierter und bewusster getroffen. Daraus könnten zwei positive Effekte für das Start-up Ökosystem und den beteiligten Akteur:innen entstehen. Zum einen werden die Geschäftsmodelle von diversen oder weiblichen Teams für Kapitalgeber:innen attraktiver, da diese oft eine Verbindung von Impact und Wachstum vereinen. Zum anderen werden Frauen mit den benötigten finanziellen Mitteln beginnen, in diese Asset Klasse zu investieren.

Fazit

Österreich befindet sich auf einem guten Kurs in Richtung einer stärkeren Gender Diversity und mehr Female Entrepreneurship. Zudem erhöht der Paradigmenwechsel in der Finanzierung von Start-ups die Attraktivität von Geschäftsmodellen von diversen oder weiblichen Teams für Kapitalgeber:innen. Diese Entwicklungen könnten vor allem auch von staatlicher Seite durch sinnvolle Maßnahmen beschleunigt werden. Die Ergebnisse der Studie zeigen jedoch auch, dass es noch großes Optimierungspotenzial gibt was die Diversität bei den Finanzierungsrunden betrifft, denn der Großteil der Investments geht an rein männlich besetzte Gründungsteams.

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