- Zahlungsverhalten im vergangenen Jahr leicht verbessert, nach wie vor verstreicht zu viel Zeit zwischen Ausstellung der Rechnung und Geldeingang
- Weiterhin viel Geld in operativen Prozessen gebunden – Working Capital Management gewinnt angesichts hoher Kapitalkosten weiter an Bedeutung
Bei der deutschen Industriegüter- und Maschinenbauindustrie ist nach wie vor sehr viel Geld in operativen Wertschöpfungskettenprozessen gebunden – Geld, das für Investitionen in weiteres Geschäftswachstum, strategische Übernahmen oder die Digitalisierung verwendet werden könnte. Im Jahr 2023 stieg das Nettoumlaufvermögen (Net Working Capital, kurz NWC) bei 53 führenden Maschinenbauern ähnlich stark wie der Umsatz, der um neun Prozent zulegte. Die Folge: Der Anteil des Nettoumlaufvermögens am Umsatz blieb stabil bei 33 Prozent. Zum Vergleich: Im Vorpandemie-Jahr 2019 lag dieser Wert noch bei 40 Prozent, also deutlich höher. Generell gilt: Je weniger Liquidität durch interne Prozesse gebunden ist, desto besser. Die Working Capital Performance der Unternehmen hat sich also mittelfristig verbessert – es bleibt aber genug Raum für die Freisetzung weiteren Kapitals.
Zwar sank die Lagerbestandsreichweite (Days Inventory Outstanding, kurz DIO), also die Anzahl der Tage, nach denen die Bestände aufgebraucht sind, im Jahr 2023 um einen Tag – von 71 auf 70 Tage. Sie lag damit allerdings deutlich höher als in den Jahren 2020 und 2021, als die Bestände durchschnittlich 65 bzw. 63 Tage reichten. Diese Jahre waren allerdings stark von Materialknappheit und volatilen Lieferketten geprägt waren. Vor der Pandemie – im Jahr 2019 – lag der DIO-Wert noch bei 82 Tagen.
Die Anzahl der Tage zwischen Rechnungsstellung und Zahlungseingang (Days Sales Outstanding, kurz DSO) ging bei den deutschen Unternehmen im Jahr 2023 zudem um fünf Prozent zurück – von 102 auf 97. Im Jahr 2019 hatten die Unternehmen noch durchschnittlich 125 Tage warten müssen, bis die erbrachte Leistung bezahlt wurde. Gleichzeitig ging die Zahl der Tage zwischen Rechnungseingang und Zahlungsbegleichung durch das Unternehmen – Days Payables Outstanding (DPO) – von auf 54 im Jahr 2022 auf 49 im vergangenen Jahr zurück. 2019 hatten sich die analysierten Unternehmen noch 62 Tage Zeit gelassen, bis sie ihre Lieferanten bezahlten. Das sind Ergebnisse der Studie „Cash to build upon – Industrial Manufacturing Sector Study 2024“ von EY-Parthenon.
„Wir sehen eine grundsätzlich positive Entwicklung beim Zahlungsverhalten in der Industrie – obwohl es in der Praxis immer wieder Probleme mit der Zahlungsmoral gibt.“, beobachtet Rob Kortman, Partner bei EY-Parthenon. „Das liegt auch daran, dass die Unternehmen mehr Wert auf ihr Working Capital Management legen. Das Bewusstsein bei den Unternehmen für die Bedeutung eines aktiven Working Capital Managements ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, wozu auch die gestiegenen Fremdkapitalkosten beigetragen haben.“ Andererseits: Nach der Pandemie und den erheblichen Lieferkettenstörungen sowie den zunehmenden geopolitischen Spannungen haben viele Unternehmen ihre Prozesse und ihre Lieferantenbasis angepasst und setzen nun verstärkt auf Nearshoring. „Das allerdings kann sich negativ auf die Marge und auf das Working Capital (u.a. durch sinkende Verbindlichkeitenreichweite) auswirken“, sagt Kortman.
Unterm Strich zeige sich dennoch in den vergangenen Jahren eine verbesserten Working Capital Performance: „Wir sehen auch angesichts der schwachen Konjunktur, eines steigenden Margendrucks und hoher Finanzierungskosten einen deutlich verstärkten Fokus auf Liquidität, Transparenz und Steuerung. Nach wie vor gilt aber, dass die Unternehmen ihre Lieferantenrechnungen relativ rasch begleichen, während sie selbst deutlich länger auf ihr Geld warten. Das wirkt sich negativ auf den Cashflow aus – und da gibt es für die Unternehmen noch viel zu tun.“