Pressemitteilung
03 Juli 2024  | Stuttgart, DE

Fahrradbranche europaweit im Umbruch: Absatz und Umsatz rückläufig - Zukunftsaussichten dennoch positiv

  • Absatz von Fahrrädern auch in Deutschland rückläufig: E-Bikes um fünf Prozent, mechanische Fahrräder um 21 Prozent
  • Erstmals mehr E-Bikes als mechanische Fahrräder in Deutschland verkauft
  • Preisanstieg bei E-Bikes stark verlangsamt
  • Ausleseprozess in der Branche wird sich beschleunigen

Trendwende auf dem E-Bike-Markt: Der Absatz von E-Bikes ist in Deutschland im vergangenen Jahr erstmals gesunken: um fünf Prozent von 2,2 auf 2,1 Millionen. Dennoch stiegen die Preise weiter – allerdings deutlich weniger stark als in den Vorjahren: Der durchschnittliche Verkaufspreis eines E-Bikes kletterte in Deutschland um fünf Prozent von 2.800 Euro auf 2.950 Euro. Im Vorjahr war noch ein Preisanstieg um 18 Prozent verzeichnet worden. Während in Deutschland der durchschnittliche Verkaufspreis von E-Bikes also noch leicht stieg, wurde europaweit bereits ein Preisrückgang von acht Prozent registriert.

Massive Einbrüche verzeichnet aber vor allem der Markt für mechanische Fahrräder: Im vergangenen Jahr wurden hierzulande nur noch 1,9 Millionen dieser nicht elektrifizierten Fahrräder verkauft, ein Jahr zuvor waren es noch 2,4 Millionen – ein Rückgang um 21 Prozent. Im Jahr 2020 hatten noch 3,1 Millionen mechanische Fahrräder einen Käufer gefunden. Zudem sanken auch die durchschnittlichen Verkaufspreise: um fünf Prozent von 494 auf 470 Euro.

Damit wurden in Deutschland im vergangenen Jahr erstmals mehr E-Bikes als mechanische Fahrräder verkauft. Ein Wachstumstreiber waren die – überdurchschnittlich teuren – E-Lastenräder, deren Absatz sich seit 2019 fast vervierfacht hat und die im vergangenen Jahr immerhin noch um 15 Prozent zulegten – trotz der aktuellen Sicherheitsdebatte. Inzwischen ist jedes elfte in Deutschland verkaufte E-Bike ein E-Lastenfahrrad.

Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa gab es für den Fahrradmarkt im vergangenen Jahr einen Dämpfer – mit einem Umsatzrückgang von neun Prozent und einem Absatzrückgang von 17 Prozent. In Deutschland schrumpfte der Umsatz um vier Prozent auf 7,1 Milliarden Euro. Noch stärkere Einbußen gab es auf dem zweitgrößten Markt Spanien, wo der Umsatz um 23 Prozent einbrach.

„Wir sehen überall in Europa einen spürbaren Abschwung auf dem Fahrradmarkt“, sagt Dr. Stefan Mohr, Partner und in der Region Europe West verantwortlich für das Sportbusiness bei EY. „Besonders massiv sind die Einbußen zwar bei mechanischen Fahrrädern, inzwischen sind aber auch auf dem E-Bike-Markt die Boom-Zeiten vorbei.“ Die vergangenen Jahre seien für die Branche trotz der insgesamt positiven Umsatzentwicklung schwierig gewesen, so Mohr: „Seit dem Ausbruch der Pandemie gab es eine regelrechte Achterbahnfahrt bei der Nachfrage. Zunächst stieg diese massiv, was zu Rekordverkäufen und hohen Bestellungen führte. Dann kam es zu Unterbrechungen der Lieferketten und erheblichen Lieferproblemen. Und aktuell normalisiert sich die Nachfrage auf einem niedrigeren Niveau, während die Lagerbestände immer noch hoch sind. Die Folge: Der Markt konsolidiert sich, der Wettbewerb nimmt zu, der Preisdruck steigt – und nicht alle Anbieter werden den aktuellen Ausleseprozess überleben.“ Laut einer EY-Umfrage unter 40 Branchenteilnehmern und -experten erwarten 71 Prozent einen Anstieg der Insolvenzen in den kommenden 24 Monaten. Und 63 Prozent gehen von einer steigenden Zahl von Fusionen und Übernahmen aus.

Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West, beurteilt die Branchenentwicklung insgesamt dennoch positiv: „Mittelfristig gehen wir von einem Umsatzwachstum von vier bis fünf Prozent pro Jahr aus. Wir werden also ein dauerhaft hohes Absatzniveau bei E-Bikes sehen. Denn der Trend geht weiter in Richtung E-Mobilität: Angesichts des Klimawandels und der Umweltverschmutzung suchen Menschen nach umweltfreundlicheren Transportmitteln. E-Bikes bieten eine emissionsfreie Alternative zu Autos für kurze bis mittlere Strecken. Zudem haben Verbesserungen in der Batterietechnologie zu leistungsfähigeren und langlebigeren Akkus geführt, was die Reichweite und Zuverlässigkeit von E-Bikes erhöht. Auch die Auswahl an E-Bike-Modellen hat sich erweitert, und es gibt nun Optionen für fast jeden Bedarf und Geschmack, von Stadt- und Trekkingrädern bis hin zu E-Mountainbikes und E-Lastenrädern.“

Alarmierender Rückgang bei Kinder- und Jugendfahrrädern

Der Absatzrückgang bei mechanischen Fahrrädern ist vor allem mit dem Siegeszug der E-Bikes zu erklären. Bei Kinder- und Jugendfahrrädern greift dieser Erklärungsansatz allerdings nicht, da es in diesem Segment kaum E-Bikes gibt. Und der Absatz von Kinder- und Jugendfahrrädern ist in den vergangenen Jahren drastisch eingebrochen: Im vergangenen Jahr schrumpften die Verkäufe um 8 Prozent, seit 2019 sogar um 37 Prozent. „Die stark sinkende Zahl an verkauften Kinder- und Jugendfahrrädern könnte auf den seit Corona allgemein beobachteten Trend zu weniger Bewegung bei Kindern zurückzuführen sein“, sagt Mohr. „Kinder und Jugendliche in Deutschland verbringen zu wenig Zeit mit körperlichen Aktivitäten – das spürt die Fahrradbranche jetzt schon.“

Fahrradleasing weiter auf dem Vormarsch

Vor allem das Dienstrad-Leasing bleibt ein wichtiger Wachstumsmotor des Fahrradmarktes. Für den deutschen Markt wird bis 2028 ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 12 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro prognostiziert. Europaweit geht man von einem Marktpotenzial von 10 Milliarden Euro bis 2028 aus. Geleast werden vor allem E-Bikes – in Deutschland sind 80 Prozent der geleasten Fahrräder E-Bikes. „Der Markt für Fahrradleasing entwickelt sich sehr dynamisch und zieht zunehmend auch Private-Equity-Investoren an, die sich Chancen durch eine aktive Konsolidierung der bislang noch recht fragmentierten Branche der Leasing-Anbieter ausrechnen“, beobachtet Mohr. „Zumeist handelt es sich um noch junge Unternehmen, die aber profitabel arbeiten und beeindruckende Wachstumszahlen vorweisen können.“

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