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Warum ein Notfallkoffer für den Todesfall unverzichtbar ist: Vermögens- und Unternehmensnachfolge planen

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Unternehmer und Vermögende sollten ihren Nachlass beizeiten regeln – auch und gerade für den plötzlichen Unglücksfall.

Überblick

  • Ein Unglücksfall kommt per definitionem zur Unzeit, auch der Tod. Umso wichtiger ist eine aktive Gestaltung der Vermögens- und/oder Unternehmensnachfolge zu Lebzeiten.
  • Im Prinzip besteht der Notfallkoffer aus zwei Teilen. Der erste enthält Anordnungen für die private und höchst persönliche Ebene, der andere trifft Vorkehrungen für die unternehmerische Seite.
  • Die Nachfolgeplanung ist ein stetiger und andauernder Prozess. Sie erfasst nicht nur die persönliche Ebene. Sie ist auch unverzichtbarer Bestandteil einer verantwortungsvollen Familien- und Unternehmensplanung.

Ein Unglücksfall kommt per definitionem zur Unzeit, auch der Tod. Umso wichtiger ist eine aktive Gestaltung der Vermögens- und/oder Unternehmensnachfolge zu Lebzeiten. Die Beratungspraxis zeigt jedoch, dass Fragen rund um den Tod oder unvorhersehbare Ereignisse mandantenseitig selten reflektiert werden. Ebenso bleiben einmal getroffene Regelungen lange Zeit unverändert, auch wenn sich die persönlichen oder familiären Verhältnisse ändern. Ein Notfallkoffer für die Vermögens- und Unternehmensnachfolge sollte daher nicht nur vorgehalten, sondern auch regelmäßig überprüft werden.

Im Prinzip besteht der Notfallkoffer aus zwei Teilen. Der erste enthält Anordnungen für die private und höchst persönliche Ebene, der andere trifft Vorkehrungen für die unternehmerische Seite. Eine derartige Aufbereitung und Trennung ist sinnvoll, denn es geht um unterschiedliche Bedürfnisse, auch wenn inhaltliche Überschneidungen nicht ausgeschlossen sind.

I. Essenzielle Regelungen und Vorkehrungen auf privater Ebene

a. Das Testament

Im Testament wird bestimmt, wer – abweichend von der gesetzlichen Erbfolge – Erbe des Nachlasses werden soll. In der Regel dient es dazu, die Familie oder einzelne Personen finanziell abzusichern. Die gewillkürte Erbfolge offeriert Gestaltungsspielräume, auch um steuerliche Freibeträge zu nutzen. Erben können mit Auflagen und Vermächtnissen beschwert werden. Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung ist möglich und dient der Umsetzung des letzten Willens. Sie ist unter bestimmten Konstellationen sogar sinnvoll. Ein Testamentsvollstrecker besorgt die Abwicklung und/oder Verwaltung des Nachlasses im Sinne des Erblassers. Bei minderjährigen und bei geschäftlich unerfahrenen Erben ist dies angezeigt. Es wird zudem sichergestellt, dass keine gerichtliche Vormundschaft für den Nachlass bestellt wird.

Ein Testament ist nur eine Momentaufnahme des Erblasserwillens. Es empfiehlt sich, die Anordnungen in gewissen Zeitabständen zu prüfen und an aktuelle Gegebenheiten anzupassen. Das Erstellen oder auch Ändern eines Testaments muss wirksam erfolgen. Es bedarf mindestens der Schriftform, sprich eines handschriftlichen Abfassens. Das Hinterlegen beim Amtsgericht ist eine kostengünstige Möglichkeit, damit das Testament nicht bewusst oder unbewusst verschwindet. Bei komplizieren Fällen bietet sich ein Notar an. Den Gegenstandswert für entstehende Notargebühren bildet das vorhandene Vermögen. Können sich persönliche Lebensverhältnisse noch wesentlich ändern, bedarf eine Beurkundung der Abwägung. Sie ist empfehlenswert, wenn – vor allem im Alter – Zweifel an der Geschäftsfähigkeit laut werden könnten, beispielsweise wegen (behaupteter) Demenzerscheinungen.

b. Die Vorsorgevollmacht

Mit einer Vorsorgevollmacht benennt man eine (volljährige) Vertrauensperson, die im Bedarfsfall die persönlichen und finanziellen Angelegenheiten regelt. Der Bedarf kann sich aus krankheits-, unfall- oder altersbedingter Handlungsunfähigkeit ergeben. Zu den zu regelnden Angelegenheiten zählen vor allem vertragliche Notwendigkeiten, Miet- oder Eigentumsfragen, aber auch Bankgeschäfte aller Art. Auch medizinische Fragen oder Fragen der Gesundheitsvorsorge können mit ihr geregelt werden. Die Vorsorgevollmacht vermeidet die gerichtliche Bestellung eines rechtlichen Betreuers , ohne sie bei Bedarf des Bevollmächtigten auszuschließen. Dabei ist zu bedenken, dass die Ausübung der Vollmacht grundsätzlich keiner gerichtlichen Kontrolle oder Rechenschaftspflicht unterliegt. Das Vertrauensverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer ist mithin essenziell, um Missbräuche auszuschließen.

Aus Nachweisgründen sollte die Vollmacht schriftlich erteilt werden. In bestimmten Fällen, z. B. bei Immobiliengeschäften, ist eine notarielle Beurkundung notwendig, bei anderen essenziellen Entscheidungen kann sie empfehlenswert sein. Eine Vorsorgevollmacht kann so gestaltet werden, dass sie über den Tod hinaus (transmortale Vollmacht) oder ausschließlich nach dem Todesfall (postmortale Vollmacht) gilt. Die Erteilung einer post- oder transmortalen Vollmacht ist empfehlenswert, um bestimmte finanzielle Belange abzusichern und den Zugriff auf Bankkonten etc. zu ermöglichen. Denn in der Regel verlangen Banken als Berechtigungsnachweis einen Erbschein. Dessen Ausstellung kann aber mehrere Monate in Anspruch nehmen, sodass Kontoverfügungen in dieser Zeit blockiert wären.

Im Bedarfsfall sollte die Vollmachtsurkunde für den Bevollmächtigten leicht erreichbar sein. Es besteht die Möglichkeit, beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer die Tatsache einer Vorsorgebevollmächtigung sowie den Namen des Bevollmächtigten registrieren zu lassen. Die Vollmachtsurkunde selbst ist nicht zu hinterlegen. Sie sollte im Besitz der Vertrauensperson sein oder an einem für diese im Bedarfsfall leicht zugänglichen Ort.

c. Die Patientenverfügung

Mit der Patientenverfügung legt der Betreffende im Voraus fest, wie er – im Fall der Handlungsunfähigkeit – bei konkreten schweren Krankheiten oder im Pflegefall genau behandelt werden möchte. Insbesondere geht es um bestimmte lebensverlängernde Maßnahmen. Zwar sieht das Gesetz seit 2023 für Ehegatten eine entsprechende Vertretungsregelung in Sachen Gesundheitsvorsorge vor. Gleichwohl ist die Patientenverfügung wichtig zur Wahrung der personellen Selbstbestimmung. In der Regel empfiehlt sich die Beratung durch einen Arzt oder einen Rechtsanwalt bzw. Notar. Patientenverfügungen sind schriftlich zu errichten. Sie können formlos und jederzeit widerrufen werden.

Grafik: Nachfolgeplanung im deutschen Mittelstand
d. Anordnungen und Regelungen zum digitalen Nachlass

Fast alle Personen verfügen heutzutage über einen sogenannten digitalen Nachlass. Dieser umfasst nicht nur die reine Hardware (Datenträger, Computer, Smartphone, Tablet etc.), sondern alles an elektronischen Daten und digitalem Vermögen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit lassen sich zum digitalen Nachlass zählen:

  • Online-Bankkonten und Bezahlservices
  • virtuelles Geld (PayPal, Bitcoins etc.)
  • E-Mail-Konten
  • der (diverse Dienstleistungen umfassende) Google-Account
  • Accounts bei Streaming-Diensten (Netflix, Amazon Prime Video etc.)
  • Spiele-Accounts, Onlineshop-Konten, Zeitschriftenabonnements
  • Social-Media-Profile (Facebook, Instagram, Twitter etc.)
  • Datenbanken (Musik, E-Books etc.)
  • Softwarelizenzen, sonstige Programmzugänge

Der (künftige) Erblasser sollte sich bewusst sein, dass jener Nachlass ebenso wie gegenständliche Vermögens- oder Rechtspositionen Bestandteil der Erbmasse wird. Daher ist auch Vorsorge in diesem Bereich wichtig, nicht zuletzt um die Privatsphäre post mortem zu schützen. Eine saubere Dokumentation des digitalen Nachlasses, der Berechtigungen und Zugangsdaten ist daher unerlässlich. Es sollte ein Verzeichnis mit Benutzernamen und Passwörter erstellt werden. Zur Sicherung der Zugänge empfiehlt sich die Aufbewahrung an einem sicheren Ort oder bei einer Vertrauensperson. Testamentarisch kann verfügt werden, wer den digitalen Nachlass erhält oder verwalten soll. Ebenso sind Anordnungen möglich, was mit hinterlassenen Accounts, Abonnements, Hardware etc. geschehen soll und ob Profile gelöscht werden sollen. Abzuraten ist davon, Zugangsdaten und Passwörter im Testament zu benennen, da hierdurch Einfallstore für einen Daten- oder sogar einen Identitätsmissbrauch geschaffen werden.

II. Die grundlegenden Vorkehrungen auf unternehmerischer Ebene

Grundsätzlich ist die Entscheidung über die richtige Nachfolgerschaft eines Familienbetriebs schwierig. Der Geschäftsinhaber muss sich frühzeitig Gedanken machen. Dies kann von der Übertragung auf die Erben über die Anordnung einer Fremdgeschäftsführung und den Verkauf an das Management bis hin zu Lösungen reichen, in denen eine Stiftung das Unternehmen trägt. Im Idealfall findet die Firmenübergabe über einen längeren Zeitraum innerhalb einer detaillierten Nachfolgestrategie statt. Tritt ein Unglücksfall ein, spielt neben dem Interesse einer finanziellen Absicherung der Familie auch die soziale Verantwortung gegenüber dem Unternehmen und seinen Beschäftigten eine nicht unerhebliche Rolle. In der Unglücksituation muss die Handlungsfähigkeit des Unternehmens gewährleistet, streitige Auseinandersetzungen innerhalb der Führungsetage weitestgehend vermieden und die (vorübergehende) Kontinuität der Abläufe gewahrt werden. Bedeutsam sind daher zwei Punkte, nämlich die Herstellung einer überbrückenden Handlungsfähigkeit und die Gewährleistung eines Informationsflusses zur Absicherung der Betriebsabläufe. 

Grafik: Haben Sie ein Testament?
a. Herstellung einer generellen Handlungsfähigkeit

Es ist essenziell, dass ein Unternehmen bzw. die leitenden Führungskräfte oder die Erben mit dem Eintritt des Unglücksfalls handlungsfähig sind. Interne klare Anweisungen, wer welche Befugnisse und Vollmachten hat, sind unerlässlich. Daher sollten auch im Unternehmen Vorsorgevollmachten vorhanden sein oder ein Notgeschäftsführer bestellt werden. Die Vollmachten sollten Berechtigungen für Bankgeschäfte sowie Postvollmachten beinhalten, um Zahlungs- und Informationsflüsse sicherzustellen. Hier kann auf das Instrumentarium des Handels- und Gesellschaftsrechts zurückgegriffen werden (Erteilung von Prokura oder Handlungsvollmachten). Für diese Personen bieten sich darüber hinaus entsprechende Handlungsanweisungen an, um Kompetenzkonflikte und Auseinandersetzungen über bestehende oder vermeintliche Befugnisse gegenüber den Erben(gemeinschaften) zu vermeiden oder zu minimieren.

b. Sicherung der Informationsgewinnung im Unternehmen

Sozialversicherungsträger, Finanzämter und andere Gläubiger mögen Verständnis für eine persönliche Sondersituation aufbringen. Bestehende Erfüllungsverpflichtungen des Unternehmens tangiert dies freilich nicht. Daher ist es wichtig, dass ein Vertreter bzw. Bevollmächtigter zur Aufrechterhaltung des Betriebs, zur Erfüllung von Verbindlichkeiten und zum Beitreiben von Forderungen innerhalb kürzester Zeit einen Überblick über bestehende Verträge, Verpflichtungen und das Vermögen des Unternehmens erlangt. Zahlungsprozesse müssen aufrechterhalten, Bankzugänge gewährleistet werden. Auch insofern ist ein Verzeichnis über die wesentlichen Verträge und Verpflichtungen des Unternehmens nebst Zugang zu Schlüsseln und Passwörtern von Bedeutung. Das schließt auch den digitalen Nachlass (siehe oben) des Unternehmens ein.

Co-Autor:innen: Dr. Daniel Mohr & Anke Richert

Fazit

Die Nachfolgeplanung ist ein stetiger und andauernder Prozess. Sie erfasst nicht nur die persönliche Ebene. Sie ist auch unverzichtbarer Bestandteil einer verantwortungsvollen Familien- und Unternehmensplanung. Damit berührt das Thema nicht nur Personen, die sich in der Spätphase ihres Lebens befinden. Es wird schon dann virulent, sobald gewisse Vermögens- und Verantwortungspositionen erreicht werden, sei es familiärer oder unternehmerischer Natur. Todes- und andere Unglücksfälle kommen schließlich in der Regel unvermittelt. Um lähmende Hängepartien und zermürbende Konflikte zu vermeiden, sollten frühzeitig Vorbereitungen getroffen werden. Diese können in einem den individuellen Bedürfnissen angepassten Notfallkoffer enthalten sein. Bei der Ausgestaltung ist eine offene und transparente Kommunikation der Themen essenziell. Auch kritische Fragen müssen angesprochen werden, um rechtliche und steuerliche Fallstricke zu lokalisieren und bestenfalls auszuschließen.

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