Ein Unglücksfall kommt per definitionem zur Unzeit, auch der Tod. Umso wichtiger ist eine aktive Gestaltung der Vermögens- und/oder Unternehmensnachfolge zu Lebzeiten. Die Beratungspraxis zeigt jedoch, dass Fragen rund um den Tod oder unvorhersehbare Ereignisse mandantenseitig selten reflektiert werden. Ebenso bleiben einmal getroffene Regelungen lange Zeit unverändert, auch wenn sich die persönlichen oder familiären Verhältnisse ändern. Ein Notfallkoffer für die Vermögens- und Unternehmensnachfolge sollte daher nicht nur vorgehalten, sondern auch regelmäßig überprüft werden.
Im Prinzip besteht der Notfallkoffer aus zwei Teilen. Der erste enthält Anordnungen für die private und höchst persönliche Ebene, der andere trifft Vorkehrungen für die unternehmerische Seite. Eine derartige Aufbereitung und Trennung ist sinnvoll, denn es geht um unterschiedliche Bedürfnisse, auch wenn inhaltliche Überschneidungen nicht ausgeschlossen sind.
I. Essenzielle Regelungen und Vorkehrungen auf privater Ebene
a. Das Testament
Im Testament wird bestimmt, wer – abweichend von der gesetzlichen Erbfolge – Erbe des Nachlasses werden soll. In der Regel dient es dazu, die Familie oder einzelne Personen finanziell abzusichern. Die gewillkürte Erbfolge offeriert Gestaltungsspielräume, auch um steuerliche Freibeträge zu nutzen. Erben können mit Auflagen und Vermächtnissen beschwert werden. Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung ist möglich und dient der Umsetzung des letzten Willens. Sie ist unter bestimmten Konstellationen sogar sinnvoll. Ein Testamentsvollstrecker besorgt die Abwicklung und/oder Verwaltung des Nachlasses im Sinne des Erblassers. Bei minderjährigen und bei geschäftlich unerfahrenen Erben ist dies angezeigt. Es wird zudem sichergestellt, dass keine gerichtliche Vormundschaft für den Nachlass bestellt wird.
Ein Testament ist nur eine Momentaufnahme des Erblasserwillens. Es empfiehlt sich, die Anordnungen in gewissen Zeitabständen zu prüfen und an aktuelle Gegebenheiten anzupassen. Das Erstellen oder auch Ändern eines Testaments muss wirksam erfolgen. Es bedarf mindestens der Schriftform, sprich eines handschriftlichen Abfassens. Das Hinterlegen beim Amtsgericht ist eine kostengünstige Möglichkeit, damit das Testament nicht bewusst oder unbewusst verschwindet. Bei komplizieren Fällen bietet sich ein Notar an. Den Gegenstandswert für entstehende Notargebühren bildet das vorhandene Vermögen. Können sich persönliche Lebensverhältnisse noch wesentlich ändern, bedarf eine Beurkundung der Abwägung. Sie ist empfehlenswert, wenn – vor allem im Alter – Zweifel an der Geschäftsfähigkeit laut werden könnten, beispielsweise wegen (behaupteter) Demenzerscheinungen.
b. Die Vorsorgevollmacht
Mit einer Vorsorgevollmacht benennt man eine (volljährige) Vertrauensperson, die im Bedarfsfall die persönlichen und finanziellen Angelegenheiten regelt. Der Bedarf kann sich aus krankheits-, unfall- oder altersbedingter Handlungsunfähigkeit ergeben. Zu den zu regelnden Angelegenheiten zählen vor allem vertragliche Notwendigkeiten, Miet- oder Eigentumsfragen, aber auch Bankgeschäfte aller Art. Auch medizinische Fragen oder Fragen der Gesundheitsvorsorge können mit ihr geregelt werden. Die Vorsorgevollmacht vermeidet die gerichtliche Bestellung eines rechtlichen Betreuers , ohne sie bei Bedarf des Bevollmächtigten auszuschließen. Dabei ist zu bedenken, dass die Ausübung der Vollmacht grundsätzlich keiner gerichtlichen Kontrolle oder Rechenschaftspflicht unterliegt. Das Vertrauensverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer ist mithin essenziell, um Missbräuche auszuschließen.
Aus Nachweisgründen sollte die Vollmacht schriftlich erteilt werden. In bestimmten Fällen, z. B. bei Immobiliengeschäften, ist eine notarielle Beurkundung notwendig, bei anderen essenziellen Entscheidungen kann sie empfehlenswert sein. Eine Vorsorgevollmacht kann so gestaltet werden, dass sie über den Tod hinaus (transmortale Vollmacht) oder ausschließlich nach dem Todesfall (postmortale Vollmacht) gilt. Die Erteilung einer post- oder transmortalen Vollmacht ist empfehlenswert, um bestimmte finanzielle Belange abzusichern und den Zugriff auf Bankkonten etc. zu ermöglichen. Denn in der Regel verlangen Banken als Berechtigungsnachweis einen Erbschein. Dessen Ausstellung kann aber mehrere Monate in Anspruch nehmen, sodass Kontoverfügungen in dieser Zeit blockiert wären.
Im Bedarfsfall sollte die Vollmachtsurkunde für den Bevollmächtigten leicht erreichbar sein. Es besteht die Möglichkeit, beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer die Tatsache einer Vorsorgebevollmächtigung sowie den Namen des Bevollmächtigten registrieren zu lassen. Die Vollmachtsurkunde selbst ist nicht zu hinterlegen. Sie sollte im Besitz der Vertrauensperson sein oder an einem für diese im Bedarfsfall leicht zugänglichen Ort.
c. Die Patientenverfügung
Mit der Patientenverfügung legt der Betreffende im Voraus fest, wie er – im Fall der Handlungsunfähigkeit – bei konkreten schweren Krankheiten oder im Pflegefall genau behandelt werden möchte. Insbesondere geht es um bestimmte lebensverlängernde Maßnahmen. Zwar sieht das Gesetz seit 2023 für Ehegatten eine entsprechende Vertretungsregelung in Sachen Gesundheitsvorsorge vor. Gleichwohl ist die Patientenverfügung wichtig zur Wahrung der personellen Selbstbestimmung. In der Regel empfiehlt sich die Beratung durch einen Arzt oder einen Rechtsanwalt bzw. Notar. Patientenverfügungen sind schriftlich zu errichten. Sie können formlos und jederzeit widerrufen werden.