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Nachhaltigkeit bestimmt über den Erfolg einer Transaktion

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Wie Nachhaltigkeit bei Unternehmenstransaktionen die Koordinaten verschiebt und was das für Käufer und Verkäufer bedeutet.


Überblick

  • Bei Transaktionen wie Carve-outs oder Mergers und bei deren Finanzierung rücken ESG-Faktoren zunehmend in den Fokus.
  • Eine schwache Nachhaltigkeits-Performance kann selbst finanziell (noch) erfolgreiche Unternehmen unverkäuflich machen.
  • Käufer und Verkäufer müssen sich mit dem Thema auseinandersetzen, um ihre Ziele zu erreichen.

Nachhaltigkeit ist längst mehr als ein Trend. Die Themen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) haben in Unternehmen strategische Bedeutung erlangt. Sie beeinflussen auch die Bereiche Mergers & Acquisitions (M&A) und Corporate Finance. Denn immer mehr Unternehmen berücksichtigen ESG-Kriterien bei ihren Investitions- und Divest-Entscheidungen im Zuge der strategischen Kapitalallokation. Im Gespräch erläutern Andrea Weinberger, Partnerin in der Nachhaltigkeitsberatung des EY-Geschäftsbereichs Strategy and Transactions, Sebastian Binder und Rasmus Rahn, beide Senior Manager im Sustainability-Team, warum sich sowohl Käufer als auch Verkäufer mit dem Thema beschäftigen müssen und wie ESG das Koordinatensystem verschiebt.

EY: Andrea, was haben Umweltschutz, Biodiversität oder CO2-Emissionen damit zu tun, wenn Unternehmen Geschäftsbereiche zukaufen, abstoßen oder ausgliedern wollen?

Andrea Weinberger: Sehr viel. Nachhaltigkeitsthemen sind schon heute eine der Top-Prioritäten in den Vorständen, vor allem in europäischen Unternehmen. Laut einer aktuellen Umfrage von EY priorisieren 41 Prozent der CEOs europäischer Unternehmen Nachhaltigkeitsaspekte bei Entscheidungen über die Kapitalallokation. Das wird natürlich getrieben vom Gesetzgeber, den Banken und Investoren, aber auch von den Kunden. Gleichzeitig sehen wir nach wie vor viel Bewegung im Markt für Unternehmenstransaktionen. Vor allem in Branchen wie Energie, Chemie, Pharma, Stahl oder in der Automobilindustrie spielen ESG-Themen bei Zukäufen, Abspaltungen und deren Finanzierung eine Rolle. 

Bedeutung von ESG-Themen für CEOs
der CEOs europäischer Unternehmen berücksichtigen vor allem Nachhaltigkeitsaspekte bei der Kapitalallokation.

Worauf müssen sich Unternehmen im Transaktionsprozess einstellen?

 

Sebastian Binder: Wir sehen drei wesentliche Entwicklungen: Zum einen können Nachhaltigkeitsaspekte einen M&A-Deal in einem völlig anderen Licht erscheinen lassen als der alleinige Blick auf die Finanzkennzahlen. Zweitens geht der Trend zu vollständiger Transparenz in Sachen ESG. Und drittens beeinflusst die ESG-Performance den Erfolg oder Misserfolg einer Integration oder Abspaltung.

 

Das musst du genauer erklären: Inwiefern können Nachhaltigkeitsaspekte eine Transaktion in einem völlig anderen Licht erscheinen lassen?

 

Sebastian Binder: Bisher wurde das Investitionsportfolio vor allem nach seiner finanziellen Performance bewertet, schließlich liegen aufgrund der finanziellen Berichtspflichten und bestehender interner Kontrollsysteme hierzu ausreichende Informationen vor. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zwingt Unternehmen dazu, auch Daten zur Nachhaltigkeits-Performance zu ermitteln und zu berichten. Diese neue Transparenz führt zwangsläufig zu einer gemeinsamen Betrachtung finanzieller und nachhaltiger Performance. Vielen Unternehmen ist die Tragweite der aus dieser Berichtspflicht resultierenden Transparenz noch gar nicht bewusst. 

 

Rasmus Rahn: Um ein Beispiel zu geben: Erhebliche ESG-Risiken wie die zukünftige Einführung von Plastiksteuern oder höhere CO2-Preise können bisherige „Cash Cows“ plötzlich schlecht aussehen lassen, weil langfristig Margen einbrechen oder Absatzmärkte verschwinden. Unternehmen müssen darauf reagieren und vielleicht sogar ihre Geschäftsstrategie überdenken. Umgekehrt können ESG-Chancen auch deutliche positive Effekte auf die finanzielle Performance haben. Ist eine Business Unit zum Beispiel bereits in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft gut aufgestellt, kann dies den Kaufpreis am Markt steigern. Dies beeinflusst auch das Deal-Rational: Unternehmen könnten in neue Felder expandieren, sich von umweltbelastenden Geschäftsbereichen trennen oder sie intern in eine Art „Bad Bank“ auslagern, durch gezielte Akquisitionen Emissionen ausgleichen oder durch Übernahmen oder Joint Ventures ihre ESG- wie auch die finanzielle Performance verbessern. Das strategische Portfoliomanagement bekommt einen grünen Twist.

 

ESG-Handlungsfelder spielen in allen Phasen des Transaktionslebenszyklus eine wichtige Rolle
Total Impact Value

Sebastian, du hast eben den Trend zu vollständiger Transparenz angesprochen: Wenn ein Unternehmen keine gute ESG-Performance vorzuweisen hat, wäre völlige Transparenz im Verkaufsprozess dann nicht kontraproduktiv?

Sebastian Binder: Ich sehe es andersherum: Das Verschweigen einer schwachen ESG-Bilanz ist keine empfehlenswerte Strategie. Ein solches Vorgehen kann dazu führen, dass sich potenzielle Bieter frühzeitig aus dem Akquisitionsprozess zurückziehen, da die Möglichkeit zur Prüfung von Red-Flag-Risiken fehlt. Sind die ESG-Aspekte hingegen transparent dargestellt, ermöglicht es dies den Käufern, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Selbst bei Geschäftsbereichen mit einer relativ schwachen Nachhaltigkeitsleistung ist es ratsam, über die Vision, die Ziele und geplante Transformations- oder Kompensationsmaßnahmen zu berichten. Diese Praxis entspricht dem langjährigen Umgang mit finanziellen Informationen, bei denen es für Käufer undenkbar wäre, ohne Prüfung von deren Qualität und Verlässlichkeit eine Entscheidung zu treffen. Selbst bei einer auf den ersten Blick schlechten Performance gibt es Käufergruppen, die aus strategischen Erwägungen oder aufgrund ihrer Expertise in Transformationsszenarien ein Investment tätigen – beispielsweise in einem Last-Man-Standing-Szenario. Die Identifizierung des am besten geeigneten neuen Eigentümers ist zudem entscheidend, um den Verkaufserlös zu maximieren.

Daher ist die sorgfältige Vorbereitung und Durchführung einer ESG-Due-Diligence heutzutage fast schon eine Selbstverständlichkeit. Zudem finden ESG-Aspekte zunehmend Berücksichtigung in den Klauseln des Kaufvertrags (SPA), um die Positionen der beteiligten Parteien abzusichern. Folglich ist Transparenz der beste Weg, um den Anforderungen der heutigen Zeit gerecht zu werden.

Andrea Weinberger: Vor allem wenn Private-Equity-Investoren im Spiel sind, werden bei M&A-Transaktionen die Nachhaltigkeitsaspekte Bestandteil einer integrierten Due Diligence. Früher war das eher ein lästiger Pflichten-Check für Umwelt- und Sicherheitsrisiken. Heute rangiert die ESG-Überprüfung auf Augenhöhe mit Finanzen, Produktion, Lieferketten oder IT. Dabei wird Nachhaltigkeit nicht nur als Risikofaktor betrachtet. ESG-Aspekte bieten oft signifikante Wertsteigerungspotenziale. Das kann Investoren durchaus beeindrucken und den Unternehmenswert steigern. Umgekehrt müssen Verkäufer bei einer schlechten ESG-Performance mit einem Abschlag beim Kaufpreis rechnen. 


Nachhaltigkeit wird nicht nur als Risikofaktor betrachtet, sondern kann auch dazu beitragen, den Unternehmenswert zu steigern.


Welche Rolle spielen ESG-Themen insgesamt bei der Integration eines Zukaufs oder einer Abspaltung?

 

Rasmus Rahn: Soll ein Unternehmen mit geringer ESG-Reife übernommen werden, kann das bei der Integration erhebliche Kosten und Komplikationen verursachen. Nachhaltigkeit bestimmt also mit über Erfolg oder Misserfolg einer Transaktion. Daher müssen sich sowohl Käufer als auch Verkäufer darüber Gedanken machen. Käufer müssen die ESG-Risiken und ­Chancen einer potenziellen Akquisition bewerten, um die Kosten der Integration abschätzen zu können und den Wert der Akquisition zu steigern, zum Beispiel durch die Harmonisierung der ESG-bezogenen IT-Landschaft, den Aufbau eines Green House Gas Accounting oder durch Synergien in der ESG-Berichterstattung. Verkäufer sollten die ESG-Performance ihres Unternehmens gut dokumentieren und kommunizieren, um den gewünschten Preis zu erzielen und den Verkaufsprozess zu beschleunigen.

 

Das klingt nach deutlich mehr Aufwand für beide Seiten im Transaktionsprozess.

 

Andrea Weinberger: Das lässt sich nicht leugnen. ESG hat sich von einem reinen Risikofaktor zu einem wesentlichen Treiber des Unternehmenswerts entwickelt und wird in Zukunft noch stärker in den Fokus rücken. Unternehmen, die dies frühzeitig erkennen und in ihre Entscheidungsprozesse einbeziehen, werden jedoch langfristig profitieren.

 

Fazit

Bei Unternehmenstransaktionen spielen neben finanziellen Gesichtspunkten Nachhaltigkeitsaspekte eine immer stärkere Rolle. Eine mangelhafte oder fehlende ESG-Performance stellt ein Risiko dar, denn sie kann den Preis erheblich drücken, potenzielle Käufer abschrecken oder die Finanzierung erschweren. Andererseits können gut umgesetzte ESG-Konzepte und eine nachhaltigkeitsorientierte Unternehmensführung den M&A-Prozess erleichtern.

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