Reflection of bright young green spring leaves

Warum erfolgreiche Investor Relations auf Nachhaltigkeit setzen

Die Nachhaltigkeitskommunikation kann für die Investor Relations ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche IPO-Phase sein.


Überblick

  • Die Nachhaltigkeitskommunikation ist essenzieller Bestandteil der Investor-Relations-Praxis im Kapitalmarkt.
  • National und international sind und werden regulatorisch Mindesttransparenzanforderungen von Regulatoren etabliert.
  • Bei kapitalsuchenden Unternehmen als auch bei Investoren und Investmentproduktanbietern ist die Nachhaltigkeitskommunikation beziehungsweise -evaluierung von einer Best Practice zum Standard geworden.

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist schon bei vielen Unternehmen eine regulatorische Pflicht. Zudem steigt ihr Stellenwert mit der zunehmenden Bedeutung der Langfristorientierung und der nicht-finanziellen Leistungsindikatoren am Kapitalmarkt gegenüber institutionellen Investoren. Denn mit ETFs, SPACs, Fonds, Indexprodukten und Derivaten sowie Aktien-Direktinvestments nimmt das Anlangespektrum in nachhaltige Investments kontinuierlich zu. Damit wächst auch das Informationsbedürfnis und die Verantwortung der Produktanbieter gegenüber ihren Endinvestoren, wie Privatanlegern. Seit Einführung des verpflichtenden CSR-Reportings ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung für börsennotierte Unternehmen zum Standard geworden. Wer sich nicht entsprechend positioniert, verpflichtet und nachvollziehbar kommuniziert, erreicht ganze Investorenkreise nicht mehr. So sind zum Beispiel im Zuge der 26. UN-Klimakonferenz weitere Vermögensverwalter der Investoreninitiative „Net Zero Asset Manager“ beigetreten. Ein anderer Effekt ist, dass solche Unternehmen häufig mit einem Abschlag zum fairen Wert gehandelt werden. So geben 74 Prozent der 324 befragten Investoren der EY Global Institutional Investor Survey 2021 an, im Hinblick auf eine schlechte ESG-Positionierung (Environment, Social, Governance) zu desinvestieren, während 86 Prozent bei guter ESG-Performance investiert bleiben wollen.

global institutional investor survey graphic

Andere Unternehmen profitieren von Nachhaltigkeitsbedürfnissen direkt über das Geschäftsmodell und als Teil der Equity- oder Bond-Story. Deshalb ist schon in der Phase vor und beim Börsengang eine freiwillige Kommunikation rund um CSR-Kriterien wie Umwelt, Soziales und Governance, Erfolgsfaktor für ein gelungenes Kapitalmarktdebüt. Dies wird zudem vor dem Hintergrund der ab dem Berichtsjahr 2023 absehbaren umfassenden Berichtspflichten auch für nicht börsennotierte Unternehmen deutlich.

Internationale Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung

Schnittstelle in der Kommunikation zwischen Kapitalmarktteilnehmern wie Investoren, Analysten, Regulatoren und Unternehmen sind Investor-Relations-Verantwortliche (IR-Officer). Als Herausforderungen im Bereich ESG werden dabei in Umfragen von IR-Officern derzeit noch fehlende Standards und nur bedingte Vergleichbarkeit für Investoren genannt. Aktuell nutzen deshalb viele Unternehmen ein Rahmenwerk. Gut 66 Prozent orientierten sich für das Geschäftsjahr 2020 an den Global-Reporting-Initiative-Standards (GRI) und circa zehn Prozent nutzten den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) als Rahmenwerk für die nichtfinanzielle Berichterstattung. 

Global Reporting Initiative
der Unternehmen orientierten sich für das Geschäftsjahr 2020 an den Global-Reporting-Initiative-Standards.

Unternehmen mit mehr als zum Beispiel 30 Prozent Umsatz aus Kohle. Zudem unterstützen Indexanbieter und Ratingagenturen Investoren in der Evaluierung rund um ESG-Kriterien. Das Rating und die Aufnahme oder Teilnahme in einem ESG-Index sowie das Index-Ranking geben außerdem klare Signale an Geschäftsleitungen und ihre IR-Abteilungen für die Positionierung und Kommunikation.

Für Investoren stellt sich aber auch die Frage nach bestehenden Nachhaltigkeitsrisiken. Schon in den diversen Finanzierungsrunden von Venture Capital- und Private Equity-Investoren in der Börsenvorphase ist in diesem Kontext eine zunehmende Nachfrage nach „ESG-Due-Diligence“ festzustellen. Ziel ist die Aufdeckung von Nachhaltigkeitsrisiken, die sich negativ auf den Unternehmenswert auswirken können.

Dabei geht es um Nachhaltigkeitsrisiken, die sich sowohl auf den Geschäftsverlauf auswirken („Outside-in-Perspektive“), als auch um Risiken mit Auswirkungen auf Mensch und Umwelt („Inside-out-Perspektive“). Bei der „Outside-in-Perspektive“ handelt es sich um Risiken, denen das Unternehmen ausgesetzt ist, beispielsweise aufgrund politischer Entscheidungen („EU Green Deal“) beziehungsweise regulatorischer Maßnahmen und einem ausgeprägteren gesellschaftlichen Nachhaltigkeitsbewusstsein. Im Kern geht es um die mittel- bis langfristige Widerstandsfähigkeit des Geschäftsmodells beim Übergang zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft.

Bei der „Inside-out-Perspektive“ handelt es sich um Risiken aufgrund von gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen der Wirtschaftsaktivität bezogen auf die gesamte Wertschöpfungskette des Unternehmens. Ein Aspekt ist die Compliance mit dem Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden in Lieferketten. Hierbei geht es neben Risiken aus Haftung für Schäden vor allem um Reputationsrisiken und deren Auswirkung insbesondere auf das Marktpotenzial und die Attraktivität als Arbeitgeber.

Nach dem Börsengang bestehen in der IR-Praxis Berichtspflichten zu diesen Nachhaltigkeitsrisiken als Teil des internen Risiko- und Compliance- Managementsystems. Extern bestehen diese über die zukunftsorientierte Berichterstattung im Kapitalmarkt über Analyst Guidance sowie bei möglichen Ad-hoc-Meldungen. Hier ist anzumerken, dass Inhalte rund um Nachhaltigkeitsrisiken ab dem Berichtsjahr 2023 für alle großen Firmen und alle börsennotierten Unternehmen (mit Ausnahme von börsennotierten Kleinstunternehmen) Teil der Berichterstattungspflichten im Lagebericht sein werden. Dies ist eine andere wesentliche Änderung im Zuge der Überarbeitung der EU-Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Im Vergleich zu den derzeit geltenden Berichtspflichten enthält dieser Vorschlag umfassende Neuerungen. Künftig sind insbesondere die nachhaltigkeitsbezogene Strategie und daraus abgeleitete Ziele zu erläutern, die Rolle des Vorstands und des Aufsichtsrates und die wesentlichen negativen Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Unternehmen und seiner Wertschöpfungskette. Diese Informationen sind ab dem Berichtsjahr 2023 Teil des Lageberichts und unterliegen einer gesetzlichen Prüfungspflicht. Zudem verpflichtet die bereits in Kraft getretene EU-Taxonomie-Verordnung bestimmte kapitalmarktorientierte Unternehmen ab dem Berichtsjahr 2021 anzugeben, wie hoch der Anteil an „grünen“ Umsatzerlösen, Investitionen (Capex) und Betriebsausgaben (Opex) in Bezug auf sechs Umweltziele ist.

Fazit

Die Nachhaltigkeitskommunikation ist essenzieller Bestandteil der Investor-Relations-Praxis im Kapitalmarkt. Für Börsenkandidaten ist es dementsprechend wichtig pre- und post-IPO als nachhaltiges Investment eingestuft zu werden, um international breite Investorenkreise ansprechen zu können. Strategische Fragestellungen ergeben sich bei folgenden Aspekten: Welche unternehmensspezifische ESG-Strategie und -Positionierungen existieren? An welchen kurz- und langfristigen sowie finanziellen und nichtfinanziellen Leistungsindikatoren will das eigene Unternehmen in der Analyst Guidance gemessen werden? Was erwarten Investoren und Analysten in Bezug auf Equity- oder Bond-Story spezifische Themen und ist die Firma für die Erfüllung regulatorischer Berichtspflichten gut vorbereitet? Idealerweise bereiten sich Börsenkandidaten darauf frühzeitig in einem ganzheitlichen IPO Readiness Assessment vor.

Über diesen Artikel