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LkSG und die Finanzbranche – wie passt das zusammen?

Auch Finanzdienstleister sind vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) betroffen und müssen reagieren.


Überblick

  • Unternehmen aus der Finanzbranche fallen in den personellen Anwendungsbereich des LkSG.
  • Offen ist noch die Frage, ob die Sorgfaltspflichten auch für Kerngeschäfte der Banken greifen.
  • Das LkSG stellt die Finanzbranche derzeit vor die Herausforderung, die neuen Regelungen auf die eigenen Geschäftsprozesse anzuwenden.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) trat am 1. Januar 2023 in Deutschland in Kraft. Es verpflichtet zahlreiche Unternehmen zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten im eigenen Geschäftsbereich wie auch entlang ihrer Lieferketten. Mit diesem Gesetz wird die Sorgfaltspflicht von Unternehmen in den Bereichen Menschenrechte und Umweltschutz verbindlich geregelt. Verhindert werden sollen damit insbesondere Zwangsarbeit, Kinderarbeit, unzureichende Gesundheit und mangelhafte Sicherheit am Arbeitsplatz, Ausbeutung von Beschäftigten, Umweltverstöße wie Treibhausgasemissionen, Umweltverschmutzung oder die Zerstörung der biologischen Vielfalt und die Zerstörung von Ökosystemen. Die Einhaltung dieser Pflichten umfasst unter anderem die Prüfung menschenrechtlicher und umweltbezogener Standards sowie das öffentliche Berichten darüber.

LkSG und die Finanzbranche
Finanzinstitute in Deutschland sind vom LkSG betroffen.

Das LkSG betrifft alle Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten, die ihren Unternehmenssitz, die Hauptniederlassung, den Verwaltungssitz oder eine Zweigniederlassung in Deutschland haben. Derzeit zählen dazu circa 500 Finanzinstitute. Zudem gilt das Gesetz unabhängig von der Geschäftsform. Demnach fallen Unternehmen aus der Finanzbranche in den personellen Anwendungsbereich des LkSG. Ab 2024 wird die Anwendbarkeit verschärft: Die Zahl der beschäftigten Personen wird auf 1.000 reduziert. Die Anzahl der verpflichteten Unternehmen auch in der Finanzbranche vervielfacht sich somit.
 

Was es bei der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes zu beachten gilt 

Wenn Unternehmen aus der Finanzbranche in den Anwendungsbereich des LkSG fallen, sind sie zu Folgendem verpflichtet:

 

  • Einrichtung eines Risikomanagements
  • Festlegung einer betriebsinternen Zuständigkeit
  • Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen
  • Abgabe einer Grundsatzerklärung
  • Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern
  • Ergreifen von Abhilfemaßnahmen
  • Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens
  • Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern
  • Dokumentation und Berichterstattung

Bei Verstößen sieht das LkSG Bußgelder in Höhe von bis zu 2 Prozent des globalen Umsatzes vor. Außerdem drohen ein Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge und Reputationsrisiken.

Finanzdienstleister und LkSG

Auf ersten Blick könnte man meinen, dass Finanzdienstleister nicht vom LkSG betroffen sind, da sich das LkSG primär an produzierende Unternehmen richtet.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat hierzu FAQ herausgegeben. Einen konkreten Bezug zur Finanzbranche gibt es nicht. Als Lieferkette wird dabei Folgendes definiert: „Die Lieferkette im Sinne des Gesetzes bezieht sich auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens. Sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, angefangen bei der Gewinnung der Rohstoffe bis hin zu der Lieferung an den Endkunden, und erfasst

  • das Handeln eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich,
  • das Handeln eines unmittelbaren Zulieferers und
  • das Handeln eines mittelbaren Zulieferers.

Dazu gehört auch die Inanspruchnahme von notwendigen Dienstleistungen, wie zum Beispiel der Transport oder die Zwischenlagerung von Waren.“
 

Es wird ferner ausgeführt, dass sich die Sorgfaltspflichten auf die Risiken im eigenen Geschäftsbereich, bei unmittelbaren Zulieferern und bei mittelbaren Zulieferern beziehen. Es gibt ferner einen expliziten Hinweis, dass „bei allen Kredit- und Bankgeschäften – unabhängig vom Umfang des Geschäftes – […] die Endkundinnen und Endkunden kein Teil der Lieferkette [sind], sodass sich die Sorgfaltspflichten nicht auf diese erstrecken.“
 

Was bedeutet das für die Finanzbranche?

Klar innerhalb des Anwendungsbereichs liegt die Beschaffung externer Dienstleistungen, beispielsweise in der IT oder im Personalwesen. Fraglich aber bleibt, ob die Sorgfaltspflichten auch für das Kerngeschäft der Banken greifen, beispielsweise für Finanzierungen: Finanzierungen sind häufig eine Grundlage für neue Produktionsprozesse. Dann wäre gegebenenfalls sicherzustellen, wer die Beteiligten sind und ob in diesem Zusammenhang Verstöße gegen menschenrechts- und umweltbezogene Regelungen bestehen.

Fazit

Die BaFin teilte in einer Pressemitteilung am 29. November 2021 mit, zukünftig verstärkt die Konzernabschlüsse auf Lieferkettenfinanzierungen (Reverse Factoring) überprüfen zu wollen. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz stellt die Finanzbranche derzeit vor die Herausforderung, die neuen Regelungen auf die eigenen Geschäftsprozesse anzuwenden. Es ist wichtig, sich mit ihren neuen gesetzlichen Verpflichtungen auseinanderzusetzen und damit zu beginnen, wirksame und angemessene Prozesse menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfalt auf- und auszubauen.


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