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„Die Digitalisierung ist für den Finanzbereich eine große Chance“

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Die Digitalisierung transformiert den Finanzbereich und die Rolle des CFO. Dies bietet die Chance, zur Unternehmensperformance beizutragen.


Überblick

  • Die Digitalisierung transformiert den Finanzbereich und die Rolle des CFO, was mit neuen technischen und kulturellen Herausforderungen einhergeht. 
  • Der CFO muss sich zum strategischen Business-Partner entwickeln, der zusammen mit der Finanzfunktion strategische Entscheidungshilfen liefert. 
  • Eine gelungene Transformation eröffnet dem Finanzbereich und dem CFO die Chance, einen echten Beitrag zur Unternehmensperformance zu liefern.

Die zunehmende Digitalisierung, ein volatiles Marktumfeld und steigende Ansprüche der Stakeholder stellen den Finanzbereich vor neue Aufgaben. Wo sehen Sie die größte Herausforderung?

Alexander Dettmer: Die größte Herausforderung sehe ich in den unvorhersehbaren Schwankungen der Märkte, also in dem, was man als VUCA-Welt bezeichnen könnte. Diese Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität zieht sich durch alle Branchen und wurde durch die Corona-Pandemie noch einmal beschleunigt. Wer konnte Ende 2019 schon voraussehen, dass ein Virus die ganze Welt so massiv und in allen Lebensbereichen beeinflussen kann? Diese Veränderungen betreffen natürlich auch den Finanzbereich. Um trotzdem vorausschauend planen und somit schlagkräftig handeln zu können, haben wir uns bei Rentschler Biopharma beispielsweise dafür entschieden, das anstehende Budget über eine Szenarienplanung aufzustellen.

Gibt es auch neue interne Herausforderungen, die an den Finanzbereich gestellt werden, beispielsweise seitens der Geschäftsführung oder anderer Unternehmensbereiche? Und welche Herausforderungen sind das?

Dettmer: Sowohl die Geschäftsführung als auch andere Unternehmensbereiche erwarten vom Finanzbereich, dass er fundierte Datenanalysen für strategische Entscheidungen liefert. Das kommt bislang leider oft noch zu kurz. Nach wie vor werden viele Kapazitäten mit der Erstellung von Reports gebunden, die bei ihrer Fertigstellung kaum noch aktuell sein können. Das – leider nicht einfach zu erreichende – Ziel müssen dagegen zeitnahe Analyseergebnisse mit zielgruppengerechten Interpretationen sein, mit denen die Unternehmensbereiche arbeiten und so ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg einschätzen und steuern können. Damit das gelingt, müssen Ressourcen freigesetzt und etablierte Prozesse hinterfragt, gegebenenfalls entschlackt, vereinfacht und automatisiert werden. Das gilt nicht nur für den Finanzbereich, sondern für das gesamte Unternehmen. Diese Transformation bedeutet mittelfristig eine deutliche Veränderung von Arbeitsinhalten und Rollen: Die Kolleginnen und Kollegen müssen dazulernen, um neue Aufgaben wie beispielsweise die Datenanalyse und -interpretation übernehmen zu können. Neben der technischen ist dies vor allem eine kulturelle Transformation, die eng begleitet werden muss, wenn sie nachhaltig gelingen soll. 

Sowohl die Geschäftsführung als auch andere Unternehmensbereiche erwarten vom Finanzbereich, dass er fundierte Datenanalysen für strategische Entscheidungen liefert. Damit das gelingt, müssen entsprechende Ressourcen freigesetzt und etablierte Prozesse vereinfacht und automatisiert werden.

Inwieweit werden gerade die neuen Technologien den Finanzbereich verändern?

Dettmer: An der weiteren Digitalisierung des Finanzbereichs wird kein Weg vorbeiführen. Allerdings sehe ich in den einzelnen Bereichen unterschiedliche Potenziale. Im Rechnungswesen beispielsweise unterliegen viele Prozesse spezifischen Routinen und Standards, die sich für eine Automatisierung eignen, während dies für komplexere Aufgaben wie etwa die Datenanalyse oder das Management-Reporting weitaus schwieriger ist. Ein Potenzial versprechender Bereich ist die Automatisierung des Revenue Forecast, bei dem aus vorhandenen Daten und Mustern mithilfe von Algorithmen eine Umsatzprognose aufgestellt wird. Prinzipiell kommt es darauf an, geeignete Prozesse zu vereinfachen und zu standardisieren. Ebenso müssen Schnittstellen zwischen den Systemen verbessert werden, um Ressourcen für neue Aufgaben freizumachen. 

An der weiteren Digitalisierung des Finanzbereichs wird kein Weg vorbeiführen.

Immer wieder wird davon gesprochen, dass sich nicht nur der Finanzbereich, sondern auch die Rolle des CFO verändert, und zwar hin zum CVO, zum Chief Value Officer. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Dettmer: Die Kombination von Chief und Value finde ich nicht glücklich. Meiner Ansicht nach muss das Wertegerüst eines Unternehmens von allen, vom Top-Management bis hin zu jedem Mitarbeiter, verstanden und gelebt werden. Der Wert eines Unternehmens bemisst sich nicht allein am Umsatz und Gewinn. Auch nichtfinanzielle Faktoren wie die Arbeitgeberattraktivität, die Ressourceneffizienz oder der Kundenfokus sind von Bedeutung und wirken sich positiv auf die entsprechenden Kennzahlen und die wirtschaftliche Gesundheit eines Unternehmens aus. Der Value-Begriff umfasst mehr als den kurzfristigen ökonomischen Wert eines Unternehmens; er beinhaltet ebenso ökologische, gesellschaftliche und soziale Werte. CEO und CFO müssen all diese Aspekte im Blick haben, aber sie sind nicht allein für deren Umsetzung zuständig. Ebenso gefragt sind das gesamte Managementteam und natürlich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Werte leben. Voraussetzung ist, dass aussagekräftige KPIs entwickelt, gemessen und interpretiert werden, die es den Unternehmensentscheidern ermöglichen, ihre eigene Performance zu verstehen, zu monitoren und zu verbessern. 

Welche Stärken muss der CFO von morgen haben? Reicht es aus, wenn er ein Zahlenmensch ist, oder muss er auch unternehmerisch denken können?

Dettmer: Natürlich reicht es nicht aus, wenn der CFO ein reiner Zahlenmensch ist. Ein solches Rollenbild wäre veraltet. Ich glaube, dass viele CFOs ihre Rolle bereits neu definiert und sich als strategische Gesprächspartner positioniert haben. Der CFO von morgen muss einen Blick fürs große Ganze haben. Er muss wertorientiert denken, im Unternehmen vernetzt sein und Silos aufbrechen. Dann ist er per se kein reiner Zahlenmensch mehr, sondern ein Business-Partner innerhalb des Management-Teams, der entscheidend an der Zukunftsgestaltung des Unternehmens mitwirkt.

Der CFO von morgen muss einen Blick fürs große Ganze haben. Er muss wertorientiert denken, im Unternehmen vernetzt sein und Silos aufbrechen.

Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen: Was wird den CFO und den Finanzbereich von morgen von den heutigen unterscheiden?

Dettmer: Neue Technologien wie Data Analytics bieten für den Finanzbereich großes Potenzial. Sie werden sowohl die Rolle des CFO als auch die Aufgaben des Finanzbereichs stark verändern. Dabei wird den intelligenten Daten eine zentrale Bedeutung zukommen, wobei der Fokus nicht auf dem Sammeln der Daten liegt, sondern auf der zielorientierten Auswertung und Interpretation der Informationen. Dies erfordert vom CFO ebenso wie von seinem Team neue Kompetenzen und die Bereitschaft, bewährte Tätigkeiten und Prozesse abzulegen oder effizienter zu gestalten, umzudenken sowie flexibel und offen für Neues zu sein. Die Digitalisierung ist keine Eintagsfliege, sondern fordert uns permanent heraus. Wenn der CFO und der Finanzbereich diese Herausforderung meistern, können sie sich den Freiraum schaffen, um einen echten Beitrag zur Performance- und Wertsteigerung des Unternehmens zu liefern. 

Neue Technologien wie Data Analytics werden sowohl die Rolle des CFO als auch die Aufgaben des Finanzbereichs stark verändern. Dies erfordert vom CFO ebenso wie von seinem Team neue Kompetenzen und die Bereitschaft, offen für Neues zu sein.

Fazit

Die Digitalisierung transformiert den Finanzbereich und die Rolle des CFO. Anstatt sich mit der langfristigen Erstellung von Reports zu beschäftigen, muss die Finanzfunktion mithilfe der neuen Technologien schnell Analyseergebnisse mit zielgruppengerechten Interpretationen und strategische Entscheidungshilfen liefern. Dies erfordert allerdings ein radikales technisches und kulturelles Umdenken nicht nur innerhalb des Finanzbereichs, sondern im ganzen Unternehmen. Wenn die Transformation gelingt, eröffnet sie dem Finanzbereich und dem CFO die große Chance, einen echten Beitrag zur Performance- und Wertsteigerung des Unternehmens zu liefern und sich als strategischer Business-Partner der Geschäftsführung zu positionieren.

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