Case Study

Die Asklepios Transformation: Digitale Krankenhäuser

Die Komplettintegration ist vollbracht – die 170 Asklepios-Kliniken eint nun ein ERP-Nervensystem. Ein zukunftsweisender Fortschritt.

The better the question.

Wie wird ein Ganzes größer als die Summe seiner Teile?

Auf dem Weg zur Komplettintegration aller 170 Gesundheitseinrichtungen wartete die größte Aufgabe am Schluss: Hamburg.

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Am Freitag, dem 21. Oktober 2022 veröffentlichten einige Beschäftigte der Asklepios-Kliniken leicht nebulöse Beiträge im Netzwerk LinkedIn. Thomas Koschmieder etwa, der bei der Asklepios-IT den Bereich „Administrative Prozesse“ verantwortet, schrieb: „Wir starten durch … in ein spannendes Wochenende.“

Dazu ein Foto, das fünf akkurat verkabelte Tischreihen zeigt, auf denen schätzungsweise 30 Computer-Monitor-Kombinationen aufgebaut wurden. Zu sehen ist ein Raum, der ganz offenbar darauf wartet, mit fleißig arbeitenden Menschen und Pizzakartons gefüllt zu werden.

Die Szene, wie sie auch den Auftakt einer LAN-Party abbilden könnte, zeigt in Wirklichkeit jenen Raum, von dem aus der Asklepios-Konzern an diesem „Go-live Weekend“ das ambitionierteste Digitalisierungsprojekt der deutschen Krankenhauslandschaft abgeschlossen hat: die Inbetriebnahme des neuesten ERP-Systemstandards SAP S/4HANA (ERP = Enterprise Resource Planning) in allen 170 Kliniken.

170 Gesundheitseinrichtungen in Deutschland – ein einziges ERP-System

Für Bereichsleiter und Programmmanager Koschmieder ist dies das vorläufige Ende eines Großprojekts, das im Frühjahr 2019 begann – und dessen erster großer Meilenstein die Implementierung von SAP S/4HANA in den 76 Klinikgesellschaften außerhalb Hamburgs am 20. September 2020 war – fast auf den Tag zwei Jahre und einen Monat vor dem Go-live Weekend im Oktober 2022.

„Wir sind vor drei Jahren angetreten, um die Asklepios-Kliniken mit einem hochleistungsfähigen betriebswirtschaftlichen Gehirn auszustatten. In den nun zwei Jahren seit dem Go-live der ersten Transformation sollte unser Gehirn einerseits weiter dazulernen; anderseits wollten wir die neue technische Basis nutzen, um nun wirkliche Digitalisierungsprojekte in unseren Fachbereichen durchzuführen, bevor wir dann alle Gesellschaften in einem Gesamtsystem zusammenbringen“, sagt Hafid Rifi, Chief Financial Officer (CFO) des Asklepios-Konzerns.

Mehr als eine Folgeimplementierung

Eine – wie von Asklepios gewohnt – ehrgeizige Agenda in Sachen digitaler Transformation und technologiegetriebener Weiterentwicklung. Vor allem die Implementierung von SAP S/4HANA für die 54 Gesellschaften der Hamburger Kliniken stellte sich als mehr als eine Fingerübung heraus, mehr als eine bloße Folgeimplementierung. Zu weit entwickelt und individuell waren die Verwaltungs- und Versorgungsprozesse dort schon vor der großen Transformationswelle von 2020, zu komplex und zu tief verwachsen die existierenden Strukturen, um sie einfach so im Handstreich anzugleichen.

Was also ist nun in den 25 Monaten zwischen den Meilensteinen geschehen? Was genau gab es zu tun, nachdem die erste Transformationswelle abgeschlossen wurde? Warum ist das Zusammenführen aller Asklepios-Kliniken unter einem einzigen System nicht nur für die Verwaltung, sondern auch für die jährlich 3,5 Millionen Patientinnen und Patienten ein Gewinn? Fragen, die sich ohne ein Verständnis des erwähnten „betriebswirtschaftliche Gehirns“ des Klinikkonzerns nicht beantworten lassen, des ERP-Systems S/4HANA von SAP.

ERP-System
Gesundheitseinrichtungen profitieren vom neuen, digitalen Verwaltungssystem.

Komplettdigitalisierung administrativer Prozesse

Kurzer Auffrischungskurs: ERP-Systeme integrieren Geschäftsanwendungen, Betriebsdaten und Planungsprozesse in einer zentralen Datenbank. Je standardisierter und einheitlicher die Prozesse und Systemlandschaften im Unternehmen gestaltet sind, desto größer sind die erreichbaren Effizienzsprünge durch die zentrale Datenbank und ihre Rechenkapazität. Schließlich können dann einmal erreichte Prozessverbesserungen mit der Anzahl der Organisationen multipliziert werden, die auf dem Gesamtsystem laufen. Das ist die Businessrationale hinter der Komplettdigitalisierung administrativer Prozesse, wie sie Thomas Koschmieder und sein Team nun mit der Integration der noch fehlenden Hamburger Kliniken abschließen wollten. Eine Arbeit, an der, genau wie im Vorprojekt, auch wieder ein EY-Team um die Partner Jos Töller und Eric Rahn beteiligt war.

Futuristische Laborausrüstung. Gehirnwellenscanner-Forschung auf Computerbildschirmen

The better the answer.

Updates und Upgrades im Baukastenprinzip

Neue Anwendungen, angepasste Systemstruktur: Das Team von Asklepios und EY wollte alles mit allem verdrahten, auf einem einzigen System.

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Der erste Schritt nach dem Go-live im September 2020: Anpassungen und Erweiterung am sogenannten Konzerntemplate. Das ist in Welt der ERP-Systeme von SAP so etwas wie der architektonische Bauplan der kompletten Prozessstruktur. „Im Großen und Ganzen lief das implementierte Konzerntemplate stabil durch. Die Krankenhauswelt hat sich in zwei Jahren Corona-Pandemie natürlich verändert. Deshalb waren immer wieder Anpassungen und Funktionserweiterungen sinnvoll“, sagt EY-Partner Eric Rahn.

„Eine neue Komplexität hat die Arbeit für Asklepios dann 2021 vor allem dadurch bekommen, dass verschiedene Folgeinitiativen zusammenlaufen sollten: das Schaffen neuer Systemschnittstellen für zusätzliche Anwendungen sowie die Template-Anpassung im Zuge der Integration der Hamburger Gesellschaften“, ergänzt er.

Das Gesamtvorhaben von CFO Hafid Rifi und Chief Information Officer (CIO) Henning Schneider ist also facettenreicher, kleinteiliger, baukastenartiger geworden. Mit der Erstimplementierung von SAP S/4 wurden neue, „wirkliche“ Digitalisierungsinitiativen in Kernbereichen des Konzerns möglich.

Der Aufbau einer Schnittstelle zur SAP-Branchenlösung IS-H etwa hat neue Funktionalitäten für Patientenmanagement und Patientenabrechnung geschaffen. SAP hat zwar im Oktober 2022 recht überraschend bekannt gegeben, die Wartung für IS-H bis spätestens 2030 einzustellen, die Asklepios-Kliniken können die Funktionalitäten dennoch in andere, bereits etablierte Krankenhausinformationssysteme (KIS) übertragen. Auch hier entstehen einheitliche Strukturen, Funktionalitäten und Prozesse, sodass Daten aus allen Häusern gemeinsam genutzt werden können – zum Beispiel beim Einsatz von künstlicher Intelligenz.

Die Komplettintegration ist gelungen – knapp vier Jahre nach Projektbeginn sind nun alle 170 Asklepios-Klinken miteinander verbunden, geeint durch das ERP-System SAP 4/HANA.


Alles mit allem verbinden – durch Technologie

In diesem Kontext geht die Arbeit am System-Update nun also auch über die reine Finanzorganisation hinaus. Eine Schnittstelle zum Investitionscontrolling des Konzerns ermöglicht ganzheitliche Planungsvorgänge, bindet Investitionen direkt in die Finanzplanungen ein und ermöglicht präzise Planungsszenarien.

Das Team hat eine systemische Verdrahtung von Administration mit den internen Funktionen für Versorgung und Logistik eingerichtet, um das hauseigene Bestellwesen automatisieren zu können.

Eine digitale Apothekensoftware samt Shop-Systematik ist in Arbeit, mit der die hochregulierte Bestellung von Arzneimitteln vereinfacht und beschleunigt werden kann.

„Schließlich war es so, dass wir die nach einem Baukastenprinzip neu entwickelten Projekte auch immer wieder im Gesamtsystem abbilden mussten: durch das Programmieren von Schnittstellen, durch die Definition von Datenstandards und Prozesse“, erzählt EY-Partner Rahn. „Mit den Hamburger Gesellschaften kam dann noch mal eine völlig neue Komplexität dazu. Hier mussten wir gemeinsam mit den Asklepios-Teams Strukturen verändern, die über lange Zeit entstanden sind. Hinzu kam die schiere Dimension der Datenmenge, der Buchungsanzahl und des Transaktionsvolumens.“

Finale in Hamburg

„Kommunikation und Teamwork waren hier der Schlüssel“, ergänzt Programmmanager Thomas Koschmieder. „Wie auch schon in der ersten Implementierungswelle wollten wir auch hier alle Teams vor Ort früh einbeziehen, wollten gemeinsam einen neuen Standard setzen. Wir haben verschiedene Workshop-Formate eingesetzt, um Prozesse neu zu denken und gewachsene, verworrene Strukturen und Datenstandards auch hier zu harmonisieren.“

Insgesamt arbeiten genau daran über den Projektzeitraum hinweg zu Spitzenzeiten mehr als 80 Projektbeteiligte – natürlich aus dem Asklepios-Team, teils von EY, teils von weiteren Spezialdienstleistern.

Am 21. Oktober 2022 setzte das Team dann zum Endspurt an. Gemeinsam im akkurat verkabelten PC-Pool fand letztlich die tatsächliche Migration der Softwaresysteme statt. Daten aus den bisherigen Hamburger Systemen wurden ins neue, auf SAP S/4HANA laufende System übertragen, getestet, überprüft und schließlich abgenommen.

Wissenschaftlerin, die im Labor stehend eine Projektion des menschlichen Gehirns mit Nervenfasern untersucht

The better the world works.

Zentrales Nervensystem für 170 Gesundheitseinrichtungen

Die Digitalisierung macht Asklepios effizienter und resilienter gegen externe Schocks. Davon profitieren jährlich 3,5 Millionen Patientinnen und Patienten.

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Am Sonntag, dem 23. Oktober 2022 um 19.00 Uhr war es dann geschafft: Die Migration auf das neue SAP-S/4HANA-System war vollzogen.

In weniger als vier Jahren hat das Asklepios-Team seinen historisch gewachsenen Flickenteppich an Systemen, Standards, Prozessen und Insellösungen von 2019 in ein einziges, voll integriertes Steuerungssystem transformiert – ein Leuchtturmprojekt für die ganze Krankenhauslandschaft Europas.

Hinsichtlich Reifegrad, Ganzheitlichkeit und Leistungsfähigkeit setzt Asklepios in Sachen digitalisierter Administration heute Maßstäbe, und zwar durchaus über den Gesundheitssektor hinaus. „Es gibt bisher in Deutschland nur wenige Unternehmen, die in ihrer digitalen Transformation so weit sind wie Asklepios. Hier sind technologische Möglichkeiten nicht nur geschaffen, sondern in konkrete Anwendungen übersetzt worden, die dann dem Unternehmen genauso dienen wie den Mitarbeitenden, Geschäftspartnern und schließlich den Patientinnen und Patienten“, sagt EY-Partner Töller.

Programmmanager Koschmieder verweist auf praktischen Nutzen und das Prinzip „Deploy once, benefit many“: „Der unschlagbare Vorteil einer komplett standardisierten Prozessstruktur und eines einheitlichen Systems liegt darin, dass wir nur eine einzige Prozessverbesserung erkennen müssen, um von ihrem Effekt in allen Gesellschaften zu profitieren. Zugleich müssen wir Anpassungen nicht für alle Einzellösungen diskutieren, sondern können standortübergreifend agieren.“

Wir sind stolz, in Sachen Digitalisierung mit einheitlichen Plattformlösungen voranzugehen und in unserer Branche Best in Class zu sein.

Flexibilität und Widerstandsfähigkeit

Für Asklepios-CIO Henning Schneider stehen neben Effizienzgewinnen konkrete Anwendungen im Mittelpunkt des schier unerschöpflichen Digitalisierungsdranges, den der Krankenhauskonzern an den Tag legt.

„Wir sind stolz, in Sachen Digitalisierung mit einheitlichen Plattformlösungen voranzugehen und in unserer Branche Best in Class zu sein. Was noch mehr zählt, sind aber die Möglichkeiten, die wir dadurch schaffen. Ein Beispiel: Wir haben Ende Oktober in Bad Oldesloe das modernste Logistikzentrum für die Versorgung von Kliniken und Gesundheitseinrichtungen in Deutschland eröffnet. Bestellungen und Auslieferung laufen hoch automatisiert ab. Unsere Kliniken können so verlässlicher, intelligenter und unabhängiger von Entwicklungen auf dem Großmarkt versorgt werden“, sagt Schneider.

Dass Investitionen in Technologie und digitale Transformation nicht nur effizienter und schneller, sondern auch widerstandsfähiger machen, dafür ist das neue Asklepios-Logistikzentrum in Bad Oldesloe ein aktueller Beleg. Hier sind nun Spritzen, Masken, Schutzkittel und 3.000 weitere Produkte vorrätig – in einem Hochregallager mit 21.000 Palettenstellplätzen, das voll automatisiert Bestellungen verarbeitet, direkt digital verbunden mit allen 170 Gesundheitseinrichtungen über das nun konzernweit implementierte Gesamtsystem.

„Der globale Großmarkt für Medizinprodukte leidet durch Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg immer noch und immer wieder unter Lieferkettenabrissen. Asklepios ist hier nun resilienter, kann verlässlich bleiben und seine eigenen Investitionen in Technologie unmittelbar in Wert setzen. Ein gutes Beispiel, wie alles zusammenwirkt und wir mit digitalen Plattformen einen Wertbeitrag für unsere Geschäftsprozesse liefern. Das hochleistungsfähige Logistiklager braucht die hochleistungsfähige Technologie und die sauberen Prozesse dahinter“, ergänzt Schneider.

„Digital HealthyNear“

Bleibt man im Sprachbild eines Organismus, hat sich um das „betriebswirtschaftliche Gehirn“ des Asklepios-Konzerns nun ein komplettes Nervensystem gelegt – mit Verästelungen und Verdrahtungen tief in die Einzelprozesse des Unternehmens und seiner 170 Gesellschaften.

Allen Errungenschaften, Innovationen und umgesetzten Initiativen zum Trotz sieht Programmmanager Koschmieder Asklepios, wenig überraschend, nicht am Ende seiner digitalen Transformation: „Asklepios will bis 2024 Marktführer bei digitalen Gesundheitsangeboten in örtlicher Nähe der Patienten sein. Wir verfolgen dieses Ziel unter dem Titel ‚Digital HealthyNear‘. In Sachen Digital Health muss sich in Deutschland nach wie vor viel tun. Uns werden die Handlungsfelder für Digitalisierung und Technologie nicht ausgehen.“

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