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Wie müssen sich Banken weltweit wandeln, um für die nächste Generation von Kund:innen relevant zu bleiben?

Die EY-Studie über das Privatkundengeschäft zeigt, dass die steigenden Erwartungen der Verbraucher:innen und das Wettbewerbsumfeld die Notwendigkeit eines Wandels verstärken.


Überblick

  • Die im Rahmen der „EY Global Consumer Banking“-Studie 2021 analysierten Finanzbeziehungen von Verbraucher:innen zeigen deutlich, dass Neobanken und FinTechs als Primärbanken erheblich an Bedeutung gewonnen haben.
  • Verbraucher:innen erwarten nicht länger, dass ein einziges Finanzunternehmen alle ihre finanziellen Bedürfnisse erfüllt. Stattdessen erwarten sie eine nahtlose Integration all ihrer Bankbeziehungen und ein einheitliches Kundenerlebnis über alle Anbieter hinweg.
  • Banken müssen ihre Produkte und Services sehr viel stärker personalisieren und erheblich mehr in den Auf- und Ausbau digitaler Finanzökosysteme investieren, um die Kundenzufriedenheit zu erhalten und für die nächste Generation von Kund:innen weiterhin relevant zu bleiben. 

Wie in anderen Branchen auch haben der technologische Fortschritt und insbesondere digitale Lösungen auch im Bankwesen die Eintrittsbarrieren für neue Unternehmen erheblich gesenkt und zu mehr Wettbewerb geführt. Nach der weltweiten Etablierung von E-Commerce und Streaming-Diensten wollen Verbraucher:innen nun vermehrt auch für ihre Finanzangelegenheiten plattformbasierte Lösungen, Super-Apps, FinTechs oder große Technologieanbieter nutzen.

Insbesondere für etablierte Banken besteht dringender Handlungsbedarf, wollen sie ihre Marktstellung verteidigen. Für sie geht es dabei nicht mehr nur um eine Modernisierung der IT-Infrastruktur oder vereinzelte digitale Lösungen; es gilt, strukturelle Nachteile bei Innovationskraft, Personalisierung, Kundenzufriedenheit und Skalierbarkeit des Geschäftsmodells zu beseitigen. 

Zwar sind etablierte Banken für die meisten Verbraucher:innen weltweit noch immer die erste Wahl als Hausbank, also ihre primäre Bankbeziehung – aber Neobanken und FinTechs gewinnen mit erheblicher Geschwindigkeit an Bedeutung. Vor dem Hintergrund der hohen Relevanz der Hausbankkund:innen für etablierte Banken ist dies eine Entwicklung, die nicht nur der Vertriebsorganisation in Banken, sondern auch dem gesamten Management-Board zu denken geben sollte. Die aktuelle Consumer-Banking-Studie von EY analysiert das Ausmaß dieser nachhaltigen Marktverschiebungen und zeigt auf, wie Finanzinstitute darauf reagieren können. An der zensusgewichteten Umfrage nahmen knapp 12.000 Verbraucher:innen unterschiedlicher Altersgruppen, Vermögensverhältnisse und Geschlechter aus 14 Ländern teil (siehe vollständige Methodik).

Unsere Analysen zeigen dabei insbesondere, wie aktuelle Trends und Kundenerwartungen das Wettbewerbsumfeld zugunsten neuer Marktteilnehmer verschieben. Unsere Studie offenbart einen Paradigmenwechsel in der Frage, welchen Finanzunternehmen Verbraucher:innen aus welchen Gründen vertrauen. Darüber hinaus zeigt unsere Analyse, dass Verbraucher:innen mit Nachdruck integrierte Lösungen fordern, die ihre Geschäftsbeziehungen mit sämtlichen Finanzdienstleistern an einem (digitalen) Ort bündeln. Schließlich bestätigt unsere Analyse die These, dass Banken den profitablen Wachstumspfad im Consumer-Banking-Segment nur dann erreichen können, wenn sie ihre Produkte und Services sehr viel stärker personalisieren und gleichzeitig ökosystembasierte Geschäftsmodelle entwickeln. 

Auswahl unserer Studienergebnisse:

  • Knapp 27 % der Verbraucher:innen weltweit haben Geschäftsbeziehungen zu Neobanken.
  • Von den Verbraucher:innen, die sich für eine Neobank als ihr primäres Finanzinstitut (Hausbank) entschieden haben, sind 55 % zwischen 18 und 34 Jahre alt, wozu auch die Generation Z gehört.
  • Nachdem Zahlungsverkehrsprodukte im Rahmen der Hausbankbeziehung global i. d. R. an Bedeutung gewinnen, wird diese Entwicklung die Marktverhältnisse weiter zugunsten der Neobanken verschieben. Etablierten Banken bieten sich dennoch erhebliche Chancen durch die flächendeckende Integration sämtlicher Finanzdienstleistungen an einem (digitalen) Ort.
  • Ein hohes Maß an Vertrauen und langfristige persönliche Beziehungen, historisch beides Stärken von etablierten Banken, sind die zentralen Faktoren zur Vertrauensbildung in der Hausbankbeziehung. Sie überwiegen sogar produktspezifische Einflussfaktoren.
  • Insbesondere die zunehmende Relevanz von „Super-Apps“ und die Forderungen der Kund:innen nach deutlich mehr Personalisierung bei Produkten und Services erfordern neben digitalen Transformationsprogrammen auch gesteigerte Investitionen in den Auf- und Ausbau digitaler Finanzökosysteme.
Mann beim Joggen in San Francisco
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Kapitel 1

Neobanken auf dem Vormarsch

Neue Wettbewerber bauen zunehmend nachhaltige Kundenbeziehungen auf

Die Mehrzahl der Verbraucher:innen entscheidet sich derzeit noch für etablierte Banken, wenn es um ihre Hausbank geht. Gleichzeitig haben Neobanken weltweit und generationsübergreifend Fuß gefasst. Von allen Verbraucher:innen weltweit haben knapp 27 % Geschäftsbeziehungen zu Neobanken, wobei die höchsten Akzeptanzraten im asiatisch-pazifischen Raum und in Lateinamerika zu verzeichnen sind. Die etablierten Banken haben zwar noch den größten Marktanteil, aber Neobanken bauen ihren „share of wallet“, also den Anteil am täglichen Geldfluss der Verbraucher:innen, stetig aus.

Von den Verbraucher:innen, die sich für eine Neobank als ihre Hausbank entschieden haben, sind 55 % zwischen 18 und 34 Jahre alt und nur 4 % 65 Jahre oder älter.

Verbraucher:innen, die sich für eine Neobank als Hausbank entschieden haben, nutzen diese hauptsächlich für Einlagengeschäfte und digitalen Zahlungsverkehr. Dass sich der digitale Zahlungsverkehr in jüngster Vergangenheit zu einer Kerndienstleistung innerhalb der Hausbankbeziehung entwickelt hat, verschafft Neobanken hier einen klaren Wettbewerbsvorteil, da sie im Bereich des digitalen Zahlungsverkehrs im Allgemeinen stark positioniert sind. Dem digitalen Zahlungsverkehr kommt in einigen Märkten weltweit eine besondere Bedeutung zu. So nutzen beispielsweise 92 % der Verbraucher:innen in Festland-China digitale Zahlungsverkehrslösungen, aber nur 59 % verfügen über Sparprodukte. Vor dem Hintergrund, dass Sparprodukte im Kontext der Hausbankbeziehung immer mehr an Bedeutung verlieren, ist davon auszugehen, dass etablierte Banken hier weiter Marktanteile an Neobanken abgeben werden.

 

Die Dauer der Kundenbeziehung beeinflusst die Höhe des Share of Wallet .

Lange Zeit haben etablierte Banken insbesondere einfache Sparprodukte und andere Basisprodukte als Grundstein für den Aufbau einer Kundenbeziehung erachtet. Darauf aufbauend haben sie dann sukzessive ihren Share of Wallet erhöht. Viele erfolgreiche Neobanken hingegen, haben in der Vergangenheit stets den digitalen Zahlungsverkehr in den Mittelpunkt ihrer Kundenbeziehung gestellt. Mit zunehmender Dauer der Kundenbeziehung haben sie dann jedoch begonnen, ihr Produktportfolio auszubauen und ihren Kunden auch Einlagen- und Kreditprodukte anzubieten. Viele Neobanken bieten auch bereits spezifisch auf ihre Kundengruppe zugeschnittene Anlage- und Versicherungsprodukte an. Mit der zunehmenden Relevanz der Generation Z für Finanzdienstleister, ist davon auszugehen, dass etablierte Banken zukünftig auch Marktanteile in ihren bisherigen Ankerprodukten wie Kontoführung und Krediten verlieren werden

 

Unsere Analyse zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen Dauer der Kundenbeziehung und Anzahl der Produkte und Services: Je länger Kund:innen bei einer Bank eine Geschäftsbeziehung unterhalten, desto mehr unterschiedliche Produkte und Services beziehen sie von dieser Bank. War dies in der Vergangenheit ein Vorteil für etablierte Banken, hat sich das nun zugunsten von Neobanken geändert – denn auch deren Kund:innen haben mittlerweile eine Verweildauer von mehr als fünf Jahren.

Immer mehr unterschiedliche Finanzbeziehungen

Verbraucher:innen weltweit diversifizieren ihre Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstituten immer stärker. Kund:innen, die sich für eine etablierte Bank als Hausbank entschieden haben, unterhalten im Durchschnitt 2,5 Bankbeziehungen, solche, die eine Neobank als Hausbank haben, sogar 3,0. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Verbraucher:innen weltweit zu dem Schluss gekommen sind, dass eine Bank allein ihre finanziellen Bedürfnisse nicht erfüllen kann.

Ebenso wie die zunehmende Dauer der Kundenbeziehungen von Neobanken stellt auch die Bereitschaft der Verbraucher:innnen, mehrere Bankbeziehungen parallel zu unterhalten, eine klare Wettbewerbsbedrohung für die etablierten Banken dar. Dies gilt gleichermaßen für die Produkte wie für die Kundenerfahrungen. Neobanken können hierbei ihre kompetitiven Vorteile aus dem digitalen Zahlungsverkehr nutzen und so den etablierten Banken weitere Marktanteile abnehmen. Als Reaktion darauf könnten etablierte Banken beispielsweise vermehrt ökosystembasierte Partnerschaften mit FinTechs und Spitzentechnologie-Unternehmen eingehen, um ihrerseits Angebote zu entwickeln, die auf die Bedürfnisse insbesondere jüngerer Verbraucher:innen zugeschnitten sind. Dieser ökosystembasierte Ansatz kann als veritable strategische Option erachtet werden, denn Kund:innen verstehen ihre Hausbank als zentrale Anlaufstelle für alle ihre Finanzbeziehungen, unabhängig vom tatsächlichen Erbringer der Leistungen. Siehe dazu auch unsere nähere Erläuterung in Kapitel 3.  

Young Caucasian handsome man performing breakdance tricks.
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Kapitel 2

Vertrauen in Finanzdienstleister

Das Vertrauen in Finanzdienstleister verändert sich, dennoch haben etablierte Banken noch leichte Vorteile

Neobanken stehen bei Verbraucher:innnen insbesondere aufgrund ihrer qualitativ hochwertigen und innovativen Produkte sowie der personalisierten Kundenerfahrung hoch im Kurs. So wichtig diese Aspekte für die Finanzbeziehung auch sind, darf die Frage des Vertrauens nicht vernachlässigt werden. Vertrauen hat sich zu einem der entscheidenden Faktoren zum Erhalt der Kundenbeziehung entwickelt, insbesondere seit Kund:innen mehrere Finanzdienstleistungsbeziehungen parallel unterhalten.

Wenn es um die Frage des Vertrauens geht, sind die etablierten Banken immer noch in einer starken Position. Die überwiegende Mehrheit der Verbraucher:innnen vertraut ihrer Hausbank vollständig oder größtenteils, wobei die Spanne von 72 % der britischen bis 92 % der chinesischen Verbraucher:innen reicht. Der weltweite Durchschnitt aller Märkte liegt bei 82 %. Betrachtet man die verschiedenen Generationen, so zeigt sich, dass die Verbraucher:innen der Generation Z in den meisten der von uns untersuchten Länder ein deutlich geringeres Vertrauen in ihre Hausbank haben als alle anderen Altersgruppen. 

Die Gründe, warum Verbraucher:innen Finanzmarken vertrauen, kommen den etablierten Banken zugute. Ein hohes Maß Vertrauenswürdigkeit und eine gute persönliche Beziehung sind die wichtigsten Einflussfaktoren für Vertrauen in Finanzmarken im Allgemeinen und in die Hausbank im Speziellen. Diese Vertrauensfaktoren sind fast universell gültig ­– sie sind für Verbraucher:innen weltweit von hoher Relevanz, wie unsere Umfrageergebnisse zeigen.

Die Verbraucher:innen vertrauen traditionellen Banken und Neobanken aus unterschiedlichen Gründen, was darauf schließen lässt, dass die Hausbanklandschaft noch einige Zeit dynamisch bleiben wird. Für etablierte Banken stellt sich die Frage nach der strategischen Positionierung gegenüber Neobanken –  Kooperation, Wettbewerb oder beides?

Betrachtet man die regionalen Unterschiede, so ist die Nähe zu einer Filiale in allen asiatisch-pazifischen Märkten einer der Top-3-Einflussfaktoren für Vertrauen in Finanzmarken und auch in die Hausbank. Im Gegensatz dazu stufen Verbraucher in den USA und Deutschland die Nähe zu einer Filiale als wenig wichtig für die Vertrauensbildung ein.

Dennoch haben Banken einige inhärente Vorteile in Bezug auf die Vertrauensbildung, beispielsweise die langfristige Kundenbeziehung oder die Präferenz von Verbraucher:innen, sich an Banken zu wenden, wenn sie bei wichtigen Lebensereignissen finanzielle Unterstützung benötigen (z. B. Hauskauf, Sparen fürs Studium, Planung des Ruhestandes). Auf diesem historisch gewachsenen Vertrauen müssen Banken aufbauen, wenn sie die Kundenbeziehung insbesondere zu künftigen Generationen stärken wollen. 

Wenn es um die Frage des Vertrauens geht, agieren etablierte Banken noch immer aus einer Position der Stärke heraus.
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Kapitel 3

Die Bedrohung durch Super-Apps und die Potenziale von Finanzökosystemen für etablierte Banken

Super-Apps und Finanzökosysteme werden die Zukunft des Bankwesens maßgeblich beeinflussen

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Verbraucher:innen weltweit zunehmend Super-Apps für ihre Bankgeschäfte bevorzugen. Super-Apps vereinen die Produkte mehrere Finanzdienstleister (z. B. Giro- und Sparkonten, Kredite, Depots) in einer App und vereinheitlichen somit das Kundenerlebnis. In der Regel weisen Super-Apps ein deutlich höheres Maß an Integration und Kundenorientierung auf als gekapselte Angebote einzelner Banken. Super-Apps haben das Potenzial, sich zum alleinigen digitalen Ort für alle persönlichen Finanzangelegenheiten zu entwickeln, quasi zum persönlichen Finanzbetriebssystem.

Neben dem „One click“-Zugang zu einer Vielzahl von Dienstleistungen bieten Super-Apps auch Empfehlungen für die „next best action“ und weitere Unterstützung für jede Aktion, die irgendwo im Finanzökosystem durchgeführt wird – von Zahlungen über Sparpläne und Versicherungen bis hin zu Reisen. Im Gegensatz dazu bieten viele bankeigene Applikationen lediglich einen mobilen oder Online-Zugang zu den gleichen Dienstleistungen, die auch in den Filialen verfügbar sind. Für Finanzleistungen außerhalb des Spektrums der Bank werden Kund:innen im besten Fall auf externe Drittanbieter (z. B. Reiseunternehmen) verwiesen, ohne die geringste Integration des Kundenerlebnisses oder eine weitere Nutzung bereits vorhandener Kundendaten. Mit anderen Worten: Zwar ist jede Super-App ein Ökosystem, doch nicht jedes bankeigene Ökosystem ist eine Super-App.

Angesichts der aktuellen Wettbewerbsdynamik kann die größere Anzahl von Bankbeziehungen durchaus als Herausforderung für die Steigerung des „share of wallet“ angesehen werden. Viele Neobanken jedoch sehen dies als Chance, selbst zu Super-Apps zu werden, indem sie es den Verbraucher:innen erleichtern, mehrere Bankbeziehungen in ihrer App zu unterhalten (z. B. durch kontenübergreifende Zahlungslösungen). Neobanken, die diese Rolle des Aggregators übernehmen, können aufbauend auf ihren eigenen Produkten und dem Integrationsservice zusätzliche Produkte entwickeln und so davon profitieren, wenn ihre Kund:innen mehrere Bankverbindungen in ihrer App verknüpfen. Hierfür sind ihre rein digitalen Geschäftsmodelle bestens geeignet. Dadurch eröffnen sich sowohl direkte Vorteile (z. B. Neobanken müssen nicht alle Produkte selbst entwickeln, um die Kundenzufriedenheit und Häufigkeit der Interaktion mit der App zu steigern) als auch indirekte Vorteile (z. B. gezieltes Cross-Selling durch den Zugang zu Transaktionsdaten aller Konten). Im Gegensatz zu vielen Neobanken können die meisten etablierten Banken diese externen Geschäftsbeziehungen ihrer Kund:innen gegenwärtig nicht monetarisieren, sondern müssen dafür zunächst ihre Geschäfts- und Betriebsmodelle anpassen.

Integration ist der Schlüssel

Unsere Studie zeigt, dass etablierte Großbanken am besten positioniert sind, um Finanzökosysteme zu entwickeln und von ihnen zu profitieren. In zahlreichen Märkten gaben Verbraucher:innen an, den etablierten Banken gegenüber Neobanken den Vorzug zu geben, wenn es um die Entwicklung von Finanzökosystemen geht. Die Präferenz für etablierte Banken ist besonders beim Thema Datenschutz hoch, dort genießen etablierte Banken noch einen erheblichen Vertrauensvorteil. Auch bei der Erfüllung komplexer regulatorischer Vorgaben oder lizenzbezogener Fragestellungen haben etablierte Banken möglicherweise kompetitive Vorteile.

Das zunehmende Aufkommen von Super-Apps zeigt deutlich, dass sich Verbraucher:innen weltweit eine nahtlose Integration von Finanzdienstleistungen über alle Produkte, Lebensphasen und Anbieter hinweg wünschen. Es ist zudem bemerkenswert, dass diese Integration für die Mehrheit der Verbraucher:innen extrem oder sehr wichtig ist, unabhängig davon, welche Art von Bank sie als Hausbank gewählt haben.

Das weitreichende Interesse an Super-Apps ist in den meisten asiatisch-pazifischen Märkten am größten, Verbraucher:innen in Australien und Neuseeland zeigen das geringste Interesse daran. Relevant, aber im globalen Vergleich moderat ist das Interesse in Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich. Verbraucher:innen, die ihrer Hausbank stark vertrauen, sind am ehesten an Super-Apps interessiert, eine weitere Bestätigung für das weitreichende Interesse der Kund:innen an Super-Apps. Zudem sind Kund:innen mit dem höchsten Interesse an Super-Apps auch diejenigen, die ihr Verhalten in Finanzangelegenheiten aufgrund der Corona-Pandemie am ehesten verändern werden.

Umgekehrt ist es bei denjenigen, die bereits Super-Apps nutzen, am unwahrscheinlichsten, dass sie ihr Verhalten ändern, wenn COVID ihren Alltag nicht mehr beeinflusst. Dies ist ein klarer Beleg dafür, dass die Verbraucher nach neuen Lösungen suchen und bereit sind, mit mehr Anbietern zusammenzuarbeiten, wenn dies zur Erfüllung ihrer Bedürfnisse erforderlich ist. Verbraucher weltweit legen Wert darauf, dass die Finanzdienstleister ihres Vertrauens – häufig etablierte Banken – bei der Integration mit anderen Diensten eine führende Rolle spielen.

Aus der Perspektive von EY bestätigen diese Ergebnisse, dass Banken die zunehmende Bedeutung von Finanzökosystemen sowie Super-Apps und die Art und Weise, wie diese die Strategien zur Kundenakquise und die tägliche Interaktion beeinflussen werden, umfassend berücksichtigen müssen. Das muss in der Konsequenz zwar nicht für jede Bank heißen, danach zu streben, selbst eine Super-App anzubieten; dennoch wird es zukünftig zumindest notwendig sein, in ausgewählten Super-Apps bzw. deren Finanzökosystem vertreten zu sein. Egal welchen Weg eine Bank einschlagen wird, entscheidend wird sein, den Kund:innen den Mehrwert der eigenen Leistungen deutlich zu kommunizieren.

Wollen Banken künftig wieder zur zentralen Anlaufstelle für Finanzangelegenheiten ihrer Kund:innen werden, müssen sie sämtliche Produkte und Services integriert im Rahmen intuitiv zu bedienender Finanz-Ökosysteme anbieten, anstelle sich nur auf ihr eigenes, häufig stark eingeschränktes, Produktangebot zu beschränken. Das übergeordnete Ziel muss es dabei sein, vollständig vernetzte, digitale Finanz-Ökosysteme zu erschaffen, die alle verfügbaren Kundendaten zur wirtschaftlichen Situation, finanziellen Zielen und sozialen bzw. privaten Präferenzen der Verbraucher:innen nutzt, um Finanzentscheidungen zu ermöglichen, die die finanzielle Situation bzw. den Wohlstand der Kund:innen verbessert.

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Kapitel 4

Die Macht der Personalisierung

Im Mittelpunkt steht eine dynamische Mikrosegmentierung, die sowohl generationsspezifische als auch regionale Präferenzen abbildet

Erfolg in Finanzökosystemen bedingt ein klares Verständnis der Präferenzen der Verbraucher:innen. Strenge Datenschutzrichtlinien und -angebote (z. B. Schutz vor ID-Diebstahl, Kontrolle der Datennutzung) haben bei den Verbraucher:innen oberste Priorität und sind maßgeblich für die Kaufentscheidung. Im Kontext von personalisierten Angeboten ist Verbraucher:innen neben dem Datenschutz auch die Gebührentransparenz besonders wichtig.

Aber auch Vorteile im Rahmen des Zahlungsverkehrs (z. B. Vereinfachung bei Zahlung innerhalb eines digitalen Marktplatzes) oder bei Preisen (z. B. Bonuspunkte oder Cashback) sind für die Verbraucher:innen wichtig. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, diese Vorteile personalisiert auszugestalten. Generische Angebote erregen bei Verbraucher:innen keinerlei Aufmerksamkeit mehr, sondern führen vielmehr zu Frustration. In den Augen der Verbraucher:innen sind die besten Produkte diejenigen, die konkreten Mehrwert im Hinblick auf ihre individuellen Bedürfnisse bieten. Dies wiederum müssen Banken durch eine stark personalisierte Kommunikation begleiten, um deutlich zu machen, wie die angebotenen Produkte konkret dazu beitragen, die Ziele der Kund:innen zu erreichen und deren Bedürfnisse zu befriedigen.

Unsere Studie zeigt deutlich, dass Personalisierungsmaßnahmen, die quantifizierbare Vorteile bieten (z. B. Loyalitätsprogramme), von Verbraucher:innen am höchsten geschätzt werden. Jüngere Verbraucher:innen legen dabei insgesamt mehr Wert auf Personalisierung als ältere Personengruppen. Weltweit bezeichnen 81 % aus der Generation Z Maßnahmen zur Personalisierung als geeignetes Mittel, um die Beziehung zu ihrer Bank zu verbessern. Bei der Altersgruppe über 65 Jahre sind es nur 47 %.

Die Präferenz von
der Befragten der Generation Z zeigt deutlich, dass Maßnahmen zur Personalisierung hervorragend geeignet sind, um die Beziehung zu ihrem Finanzinstitut zu verbessern.

Bei den dentifizierten Kundenpräferenzen gibt es jedoch deutliche regionale Unterschiede. So sind auf dem chinesischen Festland und in Hongkong Vorteile im Zahlungsverkehr außerordentlich wichtig, während Preisvorteile weniger Bedeutung haben als auf anderen Märkten. In einigen westlichen Märkten wie den USA und dem Vereinigten Königreich sind hingegen Prämienvorteile wichtiger als Preisvorteile.

 

Obwohl die Umfrageteilnehmer meinen, dass ihre primären Finanzdienstleister auf ihre Bedürfnisse eingehen, haben sie immer noch das Gefühl, dass es eine Lücke in ihren Erfahrungen gibt. Angesichts der zunehmenden Wechselbereitschaft der Verbraucher stellen diese Lücken eine enorme Schwachstelle im Wettbewerb dar. Die Umfragedaten verdeutlichen, was Verbraucher von ihren Finanzdienstleistern erwarten:

  • Unterstützung bei der optimalen Nutzung bestehender Produkte Vermittlung von relevantem Wissen
  • Vermittlung von relevantem Wissen
  • Persönliches Wissen über Dinge, die ihnen wichtig sind
  • Maßgeschneiderte Produkteigenschaften

Vor diesem Hintergrund müssen Banken sicherstellen, dass die Verbesserung des Wissens über ihre Kund:innnen und die Fähigkeit, ihre Kund:innen ganzheitlich in Finanzfragen zu bedienen, als konkrete Ziele in ihren Transformationsprogrammen verankert sind. Bloße Werbeversprechen und generische Marketing-E-Mails sind aufgrund der Erfahrungen der Verbraucher:innen aus anderen Branchen nicht länger zielführend. Nach jeder Interaktion mit ihrer Bank müssen Kund:innen den Eindruck haben: Meine Bank kennt mich genau und behandelt mich personalisiert auf der Basis meiner individuellen Bedürfnisse.

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Kapitel 5

Die Notwendigkeit zur Transformation

Unsere Umfrageergebnisse haben eindeutige Implikationen für den Entwicklungspfad von Banken

Durch die jüngsten Fortschritte vieler Banken bei der digitalen Transformation, zum Beispiel bei der Flexibilisierung von IT-Infrastruktur oder der Einführung agiler Arbeitsweisen, haben sich Banken eine gute Grundlage geschaffen, um in einem hoch kompetitiven Umfeld die richtigen strategischen Entscheidungen treffen und auch umsetzen zu können. Folgende Maßnahmen sind unserer Meinung nach nun entscheidend:

  1. Wertsteigerung durch bedarfsorientiertes Design: Um ihren Status als Hausbank bei bestehenden Kund:innen zu erhalten und gleichzeitig für jüngere Generationen attraktiv zu sein, müssen Banken auf maßgeschneiderte Produkte und Services umschwenken, die direkt an den Bedürfnissen der Verbraucher:innen ausgerichtet sind. Bedarfsorientierte Segmentierung ist dabei der erste Schritt zum Erfolg.
  2. Nutzen Sie Erfahrungen durch "Embedded Finance": Bei "Embedded Finance" geht es darum, Kundendaten zu nutzen, um nahtlose, vernetzte Erlebnisse und Erfahrungen zu schaffen. Finanz-Ökosysteme werden es den Banken ermöglichen, Kunden über verschiedene Wege anzusprechen und ihre strategischen Stärken zu nutzen.
  3. Steigerung der Kundenzufriedenheit durch personalisierte Kommunikation: Banken müssen über alle Geschäftsbereiche, Kanäle, Produkte und sonstige Silos hinweg ein individuelles Kundenerlebnis bieten. Personalisierungsfunktionen, die quantifizierbare Vorteile bieten (z. B. Loyalitätsprogramme), werden dabei am meisten geschätzt. Der entscheidende Punkt ist jedoch, Kund:innen (einzeln) so zu segmentieren, dass sie tatsächlich an jedem Kontaktpunkt mit der Bank individuell bedient werden können.
  4. Weiterentwicklung hin zu einer kundenzentrierten Organisation: In einem dynamischen Finanzökosystem der Zukunft muss die gesamte Bankorganisation, entlang aller Geschäftsbereiche und Hierarchieebenen, kundenzentriert denken und handeln. Dies erfordert neben der Einführung agiler Arbeitsweisen u. a. auch entsprechende Scorecards, Vergütungsmodelle und eine Revitalisierung der Unternehmenskultur – allesamt notwendige und herausfordernde Schritte hin zu umfassender Kundenorientierung.
  5. Skalierung und Innovation durch Plattformstrategien:  Eine bankweite Plattformstrategie ist eine wesentliche Voraussetzung zur Generierung von Wachstum durch Personalisierung und individuelle Kundenerfahrungen im Finanzökosystem der Zukunft. Die Erschließung plattformbasierter Geschäftsmodelle ist zudem hilfreich, um die Transformation hin zu einer kundenzentrierten Organisation nachhaltig zu beschleunigen, ohne dabei die Resilienz der Bank zu gefährden.
Kontaktieren Sie uns
Wenn Sie im Detail erfahren möchten, was unsere Umfrageergebnisse für die aktuelle Positionierung und die langfristige Wachstumsstrategie Ihres Unternehmens bedeuten, wenden Sie sich bitte an Ihr EY-Team vor Ort.
 

Fazit

Die Umfrageergebnisse verdeutlichen, dass die sich ändernden Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden die stärkste Triebfeder in dem sich dynamisch entwickelnden Markt sind. Die Kunden erwarten, dass sie mit mehreren Banken interagieren, und werden sich für die Banken entscheiden, die ihnen das beste integrierte und intuitive Erlebnis bieten. Die Bedrohungen durch den Wettbewerb nehmen zu, doch die Chancen sind verlockend, insbesondere für jene Banken, die ihre Wachstumsstrategien überdenken und ihre digitalen Fähigkeiten ausbauen, um personalisierte und vernetzte Kundenerfahrungen zu schaffen. 


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