Wer ist inwiefern von der MiCAR betroffen?
Persönlicher Anwendungsbereich
Um ihre Ziele zu erreichen, gilt die MiCAR für alle natürlichen und juristischen Personen, die in der EU Kryptowerte ausgeben, anbieten oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit Crypto Assets (genauer: „Kryptowerte“, dazu später) erbringen. Die MiCAR unterscheidet dabei zwischen den Tätigkeiten des Primärmarktes, das heißt der Emission von Kryptowerten, und den Dienstleistungen des Sekundärmarktes, den sogenannten Kryptowerte-Dienstleistungen („Crypto Asset Services“).
Ausdrücklich erwähnt sei an dieser Stelle, dass auch bereits nach nationalem Recht zugelassene Personen erfasst sind. Jeder Anbieter solcher Kryptowerte-Dienstleistungen wird als Crypto Asset Service Provider (CASP) bezeichnet. Die parallel zur MiCAR verabschiedete Neufassung der Geldtransferverordnung EU 2015/847 verwendet diesen Begriff ebenfalls, was eine Änderung gegenüber dem von dem durch die Financial Action Task Force geprägten Begriff der Virtual Asset Service Providers (VASPs) ist.
Damit sind insbesondere Emittenten, Händler beziehungsweise Broker und Verwahrer von der MiCAR betroffen. Hierunter fallen neben klassischen Handelsplattformen auch Kredit-, Finanzdienstleistungs- und Wertpapierinstitute sowie Zahlungsdienstleister, die Dienstleistungen in Bezug auf Kryptowerte anbieten.
Räumlicher Anwendungsbereich
Der räumliche Anwendungsbereich der MiCAR ist sehr weit. Erfasst sind die Emission und das Angebot von Kryptowerten in der EU. Dies betrifft faktisch alle Kryptowerte weltweit. Nur dann, wenn die Zeichnung beziehungsweise der Erwerb in der EU nicht möglich ist, sind entsprechende Kryptowerte nicht erfasst.
Gleichermaßen gilt dies für auf Kryptowerte bezogene Dienstleistungen. Auch hier ist entscheidend, ob diese Dienstleistungen in der EU angeboten werden. Ist das der Fall, muss eine Erlaubnis der zuständigen nationalen Behörde eingeholt werden. Wird die Zulassung von Kryptowerten zum Handel angestrebt, also für einen EU-Kryptohandelsplatz, ist die MiCAR ebenfalls einschlägig.
Daraus erwächst ein weltweiter Geltungsanspruch der MiCAR. Kryptowerte-Emissionen und Services finden jedenfalls meist auch in der EU statt und werden deshalb von der MiCAR erfasst. Kryptomärkte machen faktisch nicht vor nationalen Grenzen halt. Kryptowerte-Dienstleistungen und emittierte Tokens werden meist in englischer Sprache beworben und Zahlungen erfolgen oft mittels Kreditkarten oder Payment Tokens.
Zulassungspflichtige Dienstleistungen
Die MiCAR stellt die Emission und das Angebot von Kryptowerten sowie darauf bezogene Dienstleistungen unter Aufsicht, sofern diese nicht bereits durch andere EU-Finanzvorschriften geregelt sind. Im Zentrum steht dabei die Erlaubnispflicht für bestimmte Tätigkeiten in Bezug auf Kryptowerte, sogenannte Kryptowerte-Dienstleistungen. Dies umfasst gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 16 MiCAR die folgenden Tätigkeiten:
- Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden
- Betrieb einer Handelsplattform für Kryptowerte
- Tausch von Kryptowerten gegen einen Geldbetrag
- Tausch von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte
- Ausführung von Aufträgen in Bezug auf Kryptowerte für Kunden
- Platzierung von Kryptowerten
- Annahme und Übermittlung von Aufträgen in Bezug auf Kryptowerte für Kunden
- Beratung zu Kryptowerten
- Portfolioverwaltung von Kryptowerten
- Erbringung von Transferdienstleistungen für Kryptowerte für Kunden
„Kryptowert“ im Sinne der MiCAR
Der Begriff „Kryptowert“ ist für den Anwendungsbereich der MiCAR von elementarer Bedeutung. Die Definition ist zwar ebenfalls abstrakt gefasst, jedoch nicht wortgleich mit der Definition des Kryptowerts im Kreditwesengesetz (KWG), die im Rahmen der Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie im deutschen Recht eingeführt wurde. Sie unterscheidet dabei zwischen bestimmten Arten von Kryptowerten, indem sie zunächst einen recht weiten Oberbegriff des Kryptowerts regelt und in ihrer Systematik zwischen einzelnen Unterkategorien differenziert:
Unter dem Terminus versteht man nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 MiCAR die digitale Darstellung eines Wertes oder Rechts, die elektronisch unter Verwendung von DLT oder einer ähnlichen Technologie übertragen und gespeichert werden kann. Auf eine Akzeptanz als Tausch- oder Zahlungsmittel oder auf das Dienen zu Anlagezwecken kommt es hier nicht an. Ob der Wert von einer Zentralbank oder einer öffentlichen Stelle emittiert oder garantiert wird und den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, ist ebenfalls nicht von Bedeutung.
Neben den „allgemeinen“ Regelungen für alle unter diese Definition fallenden Kryptowerte (insbesondere Currency/Payment Tokens wie Bitcoin, Ether etc.) sieht die MiCAR drei Unterkategorien von Kryptowerten vor, für die bestimmte Zusatzregeln vorgesehen sind:
- Vermögenswertreferenzierte Tokens beziehungsweise Asset-Referenced Tokens (ARTs), auch „Stablecoins“ genannt
- E-Geld-Tokens beziehungsweise E-Money-Tokens (EMTs) sowie
- Utility Tokens
Die Regelungen der MiCAR gelten gemäß ihrem Art. 2 Abs. 4 lit. a explizit nicht für Finanzinstrumente im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 MiFID II. Daraus ergibt sich ein zweigliedriges Regulierungssystem: Currency/Payment Tokens sowie Utility Tokens fallen unter die MiCAR, während Security/Investment Tokens und alle Derivate von Tokens durch die etablierte Kapitalmarktregulierung erfasst sind. Ebenfalls nicht erfasst sind also auch Darstellungen von Einlagen, Verbriefungen, Lebens- und Nichtlebensversicherungsprodukten sowie von Rückversicherungsverträgen, die mittels DLT oder einer ähnlichen Technologie übertragen werden. Elektronisches Geld (E-Geld) und die meisten sogenannten Non-Fungible Tokens (NFTs) fallen ebenso nicht in den Anwendungsbereich der MiCAR.
Definition Kryptowerte
Begriffsbestimmung und Abgrenzung (im Grundsatz)