Drei Personen in einer Konversation in einer Lagerhalle

Integration von Supply Chain- und Finanzplanung

Sie streben eine durchgängige Steuerung von der Verkaufsmenge bis zum Cash Flow an? Wir zeigen, worauf es ankommt.

Aufgrund eines Engpasses in der Produktion können nur mehr A-Kunden bedient werden. Alternativ besteht die Möglichkeit, einen Fertigungsschritt an einen Lohnfertiger auslagern. Die Auswirkung dieser Entscheidung auf Bestände und Durchlaufzeiten ist bekannt, aber wie hoch ist die Auswirkung auf den Umsatz, die Kosten und die Marge? Das sind Fragestellungen, die in der Supply Chain Planung Monat für Monat in Sales & Operations Planning Meetings (S&OP) diskutiert werden. Für die Entscheidungen stehen oft nur grobe Annahmen zur Verfügung und die Antworten sind daher vielfach nicht belastbar und unbefriedigend.

Wie werden sich die Bestände unter Berücksichtigung der geplanten Umsatzsteigerung entwickeln? Unter Maßgabe welcher Auslastung sind Maschinentarife zu kalkulieren? Diese und andere Fragestellungen wiederum ergeben sich in der Finanzplanung, die nur durch eine Integration mit der Supply Chain Planung beantwortet werden könnten. In praktisch keiner Branche sind die Margen noch so hoch bzw. der Wettbewerbsdruck so gering, dass Unternehmen nicht qualitativ bessere Antworten auf diese Fragen finden müssen als bisher. Die aktuelle Krisensituation erhöht diesen Druck zusätzlich.

Hindernisse auf dem Weg zu einer integrierten Betrachtung

Die skizzierten Fragestellungen in der Supply Chain- und Finanzplanung sind komplementär und greifen wie Puzzlesteine ineinander. In der Unternehmenspraxis ist die Planung in der Operations- und Finanzwelt jedoch in der Regel sowohl organisatorisch als auch prozessual und in der Systemunterstützung getrennt. Dies führt in weiterer Folge dazu, dass Themenstellungen entweder redundant bearbeitet werden oder überhaupt durch den Rost fallen. Bei einer redundanten Bearbeitung werden die Ergebnisse der Operationsplanung gar nicht weiterverarbeitet, da die Integration auf vereinfachter Basis dann rein innerhalb der Finanzwelt erfolgt.

Die Supply Chain Planung wird bis dato vielfach auf den Aspekt der reinen Produktionsplanung reduziert, es fehlt dabei die Sicht auf die finanziellen Kennzahlen, um betriebswirtschaftlich optimale Entscheidungen treffen zu können. Auch die Fristigkeit und Frequenz der beiden Planungswelten ist unterschiedlich. Die Finanzplanung ist in vielen Unternehmen als quartalsweiser bzw. jährlicher Prozess mit Fokus auf die Geschäftsjahresbetrachtung etabliert, die Supply Chain Planung benötigt aber einen rollierenden, höher frequenten und vom Geschäftsjahr unabhängigen Prozess, um die notwendigen Vorläufe abzubilden. 



Die Supply Chain Planung wird bis dato vielfach auf den Aspekt der reinen Produktionsplanung reduziert, es fehlt dabei die Sicht auf die finanziellen Kennzahlen, um betriebswirtschaftlich optimale Entscheidungen treffen zu können.



Wie die Integration gelingen kann

Allianz der Mächtigen, Willigen und Fähigen

Die systematische Trennung der Planungsfunktionen, vor allem in großen Unternehmen und Konzernen, resultiert aus einer klaren Trennung von Verantwortlichkeiten und Rollen, die sich meistens bis auf Vorstandsebene zum CFO und CEO oder CSO/COO durchzieht. Es ist daher eine cross-funktionale Abstimmung inklusive der Einbindung aller relevanten Stakeholder auf den unterschiedlichen Ebenen der Organisation notwendig.

Integrative Prozessbetrachtung

Die Etablierung des Prozesses startet mit einer Definition eines konsistenten End-2-End-Prozesses inklusive eines detaillierten und abgestimmten Planungskalenders. Aufgrund der zahlreichen Abhängigkeiten im Rahmen der Planung ist der Planungskalender detailliert zu gestalten. Um die Komplexität zu managen, ist es sinnvoll, den Prozess so aufzusetzen, dass eine Aufteilung auf mehrere Teilprozesse vorgenommen werden kann, die an definierten Übergabepunkten zusammengeführt werden.

Die Supply Chain- und die Finanzplanung können damit immer noch parallel zueinander funktionieren, berücksichtigen aber gemeinsame Zielvorgaben, Prämissen und Rahmenbedingungen und tauschen die notwendigen komplementären Informationen aus. Im Zuge dessen sind Planungslevels, -granularitäten, -horizonte und -frequenzen abzustimmen sowie die Übergabepunkte zu definieren.

Klare Definition von Übergabethemen zwischen den Teilplänen

Die Anforderungen der beiden Planungen bedingen diverse Übergaben, die inhaltlich, prozessual und hinsichtlich der Abbildung in den IT-Systemen klar zu definieren sind (s. Abb. 1):

Supply Chain- und Finanzierungsplanung

Aus der S&OP-Planung stehen die Planverkaufsmengen zur Verfügung, allfällige Produktions- (oder Beschaffungs-) Restriktionen sind berücksichtigt. Bei den Planpreisen ist zu definieren, ob diese Teil der S&OP- oder Finanzplanung sind. Die Planumsätze werden in der Finanzplanung um allfällige (Kunden-) Konditionen ergänzt und aus den Umsätzen die Cash Flows abgeleitet. Zusätzlich werden die Herstellkosten geplant und auch die Bestandsveränderungen ermittelt. Die Margeninformation kann wiederum in die S&OP-Planung übergeben werden, um diese für Optimierungsszenarien zu nutzen.

Komplexität bewusst managen

Die Tatsache, dass wenige Unternehmen über eine Gesamtintegration in der Planung verfügen, zeigt, dass die Aufgabenstellung nicht trivial ist. Wie bereits erwähnt, müssen aktive Maßnahmen gesetzt werden, um die Komplexität der Planung nicht unreflektiert zu erhöhen und daran am Ende zu scheitern. Zumal mit der Notwendigkeit, eine rollierende Planung auch in der Finanzwelt stärker zu berücksichtigen, ein weiterer Komplexitätsfaktor hinzukommt.
 

Neben der Aufgliederung des Gesamtprozesses auf Teilprozesse mit Übergabepunkten ist es insbesondere wichtig, das Planungsdetail zu begrenzen. In der Finanzplanung sind Kostenstellen nur in jenen Bereichen notwendig, für die individuelle Kostenstellentarife zu ermitteln sind (und auch nicht aus der Vergangenheit weiterentwickelt werden können). In der Supply Chain Planung muss die Produktebene soweit aggregiert werden, als sich aus Verkaufs- und Produktionssicht homogene Cluster bilden lassen. 
 

Professionelle Toolunterstützung

Technologie ist der Schlüssel zu einer integrierten Planung und in weiterer Folge Szenariobetrachtung. Ohne entsprechende Planungssysteme ist es aufgrund der Komplexität unmöglich, eine durchgehende integrierte Betrachtung sicherzustellen und Szenarien für die zukünftige Entwicklung zu berechnen. Sowohl in „normalen“ wie auch Krisenzeiten ist es wesentlich, eine valide und aktuelle Planung ergänzt, um Szenariobetrachtungen zur Verfügung zu haben, um zeitnahe die Finanz- und Ergebnissituation unter Berücksichtigung der Supply Chain beurteilen und aktiv faktenbasiert die notwendigen Entscheidungen treffen zu können.
 

SAP bietet Tools und Schnittstellen, um eine integrierte Gesamtplanung zu realisieren. Die einzelnen Systeme sind auf die jeweiligen Teilprozesse spezialisiert und greifen im Sinne einer umfassenden Lösung ineinander. Für die Finanzplanung steht eine Kombination aus der Nutzung des SAP ERP (klassisches ERP oder SAP S/4HANA) und diversen verfügbaren Planungstools (SAP BPC Standard bzw. Embedded, SAP Analytics Cloud) zur Verfügung, die mit der Supply Chain Planung, unterstützt durch SAP IBP, integriert werden können.
 

Integration von Planung und Tagesgeschäft

Um die integrierte Gesamtplanung nachhaltig in der Organisation zu verankern und gleichzeitig maximalen Nutzen aus einer rollierenden Supply Chain Planung für einen finanziellen Forecast zu ziehen, ist es wichtig, die Ergebnisse von Management-Routinen in den jeweiligen Planungs-Updates zu verarbeiten. Dies bedeutet nicht, dass der finanzielle Forecast basierend auf S&OP-Meetings laufend aktualisiert werden muss., Zu den offiziellen (z.B quartalsweisen) Forecast-Terminen werden dann die jeweils aktuellen Inputs verarbeitet.
 

Fazit

Unternehmen können nur jene finanzielle Performance erreichen, die sie über die Supply Chain im operativen Geschäft realisiert haben. Die wenigsten Unternehmen sind bis dato in der Lage, die finanzielle und operative Sicht – wenn man so möchte die Mengen- und Euro-Sicht – in der Planung zu integrieren.
 

Die Vollversion des Artikels ist im CFOaktuell Heft 4/2020, S. 122-124 erschienen.

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