Umsatzsteuerliche Abgrenzung zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutschein

Für den BFH ist ernstlich zweifelhaft, ob die Einstufung eines Gutscheins als Einzweck- oder Mehrzweckgutschein bereits auf einer Vorstufe der Leistungskette anhand der letztlichen Verwendung des Gutscheins erfolgen muss.

Durch das Jahressteuergesetz 2018 wurde die sog. Gutschein-Richtlinie in das deutsche Umsatzsteuergesetz umgesetzt. Diese Regelungen des § 3 Abs. 13 bis 15 UStG sind erstmals auf Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt werden. Sie teilen Gutscheine einerseits in Einzweckgutscheine, für die eine Besteuerung bei Verkauf vorgesehen ist, und andererseits in Mehrzweckgutscheine, bei denen eine Besteuerung bei Einlösung der Gutscheine vorgesehen ist.

Im zugrundeliegenden Sachverhalt hatte die Antragstellerin Gutscheine an- und daraufhin verkauft. Es handelte sich um Guthaben auf Guthabenkarten, die Käufer auf ihr Nutzerkonto laden konnten. Fraglich ist dabei, ob der Ort der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und damit die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins bereits feststehen. Dies würde zur Qualifikation als Einzweckgutschein führen. Da die Guthabenkarten als elektronische Dienstleistungen einzustufen sind, ist die Bestimmung des Leistungsorts abhängig vom Empfänger der Leistung. Übertragungen des Gutscheins werden nach § 3 Abs. 14 Satz 2 UStG gesetzlich der Lieferung des Gegenstands oder der Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, gleichgestellt. Es gelten die besonderen Ortsvorschriften für elektronische Dienstleistungen, die je nach Empfänger der elektronischen Dienstleistung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Demzufolge könnte der Ort nicht feststehen und es würde ein Mehrzweckgutschein vorliegen.

Das Finanzamt vertritt die Auffassung, dass ein Einzweckgutschein vorliegt und stützt sich dabei auf die letztliche Verwendung der Gutscheine am Ende der Leistungskette. Zwar stimmt der BFH dem Finanzamt zu, dass bei Zugrundelegung der Letztverwendung ein Einzweckgutschein vorliegen würde (BFH-Beschluss vom 16.08.2022, XI S 4/21 (AdV)). Er hat aber Zweifel daran, ob nicht eher auf die Verwendung des Gutscheins auf der Zwischenstufe der Leistungskette abzustellen ist. In diesem Fall würde laut BFH ein Mehrzweckgutschein gegeben sein. Für Zeiträume vor dem 01.01.2019 soll die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen anhand der Grundsätze des EuGH aus dessen Lebara-Urteil zugrunde zu legen sein (EuGH, Urteil vom 03.05.2012, C-520/10).

Die Entscheidung des BFH ist im einstweiligen Rechtsschutz ergangen und determiniert nicht die Entscheidung in der Hauptsache.

Der Volltext des Beschlusses steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Beschluss kommen Sie hier.

 

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