Neue Funktionsverlagerungsverordnung vorgestellt

Rückwirkend zum Jahresbeginn 2022 soll die Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) neu gefasst werden. Grund ist insbesondere die Übernahme der zum Jahresbeginn in Kraft getretenen gesetzlichen Neuerungen aus dem Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz (AbzStEntModG). Die neue FVerlV kommt aber nicht ohne Verschärfungen im Detail aus.

Mit dem AbzStEntModG (BGBl. I S. 1259) hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2022 die bisherige Vorschrift zur Funktionsverlagerung im neuen § 1 Abs. 3b AStG verankert und erstmalig das Transferpaket legal definiert. Nach der Gesetzesneufassung soll der Steuerpflichtige nur noch dann die Möglichkeit haben, von einer Gesamtbewertung des Transferpakets abzusehen, wenn er glaubhaft macht, dass weder wesentliche immaterielle Wirtschaftsgüter noch sonstige Vorteile Gegenstand der Funktionsverlagerung waren (z.B. Verlagerung von Routinefunktionen). Die beiden weiteren sogenannten „Escape-Klauseln“, die bisher verfügbar waren, entfallen.

Am 06.07.2022 hat nun das BMF in Reaktion auf die Gesetzesänderung den Referentenentwurf einer aktualisierten FVerlV vorgelegt. Der Entwurf sieht im Wesentlichen redaktionelle Anpassungen an der bestehenden FVerlV vor und passt die Verordnung an die geänderte Gesetzeslage an. Darüber hinaus enthält er jedoch auch einige weitergehende Verschärfungen, die über das durch die Gesetzesänderung vorgegebene notwendige Maß hinausgehen.

U.a. sollen bei der Ermittlung des Einigungsbereichs, aus welchem sich der Wert des Transferpakets bestimmt, künftig auch Steuereffekte, die aus der Funktionsverlagerung selbst resultieren, mitberücksichtigt werden. Die Frage, ob diese Steuereffekte nach Maßgabe des international geltenden Fremdvergleichs bei der Bewertung zu berücksichtigen sind, ist international höchst umstritten. Die deutsche Finanzverwaltung hatte ihre eher pro-fiskalische Haltung bereits in den Verwaltungsgrundsätzen Funktionsverlagerung (BMF-Schreiben v. 13.10.2010, Tz. 128) dargelegt. Da diese jedoch nur für die Verwaltung bindend sind, resultierte für den Steuerpflichtigen bislang keine unmittelbare Verpflichtung, diese Position bei Bewertungen im Rahmen von Funktionsverlagerungen umzusetzen. Durch die Aufnahme in die FVerlV-E wird der Steuerpflichtige die Steuereffekte jedoch künftig zwingend bei der Ermittlung des Einigungsbereichs beachten müssen.

Darüber hinaus soll sich künftig der Risikozuschlag bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes nicht wie bisher auf unternehmensübliche Vergleichsparameter beziehen, sondern sowohl für das übernehmende als auch für das verlagernde Unternehmen an vergleichbaren Fällen zwischen Dritten bemessen werden (§ 4 Satz 3 FVerlV-E, bislang § 5 Satz 3 FVerlV). Dies bedeutet, der Steuerpflichtige hat künftig marktübliche Zinssätze zu bestimmen und kann sich nicht mehr ohne weiteres auf unternehmensinterne Übung beziehen.

Daneben sieht der Entwurf in § 1 Abs. 5 und § 7 Satz 2 FVerlV-E (bislang § 1 Abs. 6 und § 8 Satz 2 FVerlV) eine Nachweispflicht für den Steuerpflichtigen vor. Nach den bisherigen Regelungen in der FVerlV reichte hier die Glaubhaftmachung aus. Im Ergebnis führt diese Änderung zu einer Umkehr der Beweislast, die nicht in Einklang steht mit den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen. Auch nach § 1 Abs. 3b AStG reicht z.B. die Glaubhaftmachung für den Nachweis, dass die verbleibende Escape-Regel erfüllt ist, aus.
Die ersatzlose Streichung des bisherigen § 4 Abs. 2 FVerlV, wonach auf Antrag des Steuerpflichtigen von einer Nutzungsüberlassung auszugehen ist, wenn Zweifel bestehen, ob hinsichtlich des Transferpakets oder einzelner Teile eine Übertragung oder eine Nutzungsüberlassung anzunehmen ist, soll hingegen keine Verschärfung darstellen. Gemäß Begründung sind diese Zweifelsfälle bereits durch zutreffende Anwendung des übrigen geltenden Steuerrechts zuverlässig geregelt und es soll weiterhin von einer Nutzungsüberlassung auszugehen sein, wenn keine endgültige Verlagerung einer Funktion vorliegt. Im Klartext bedeutet dies, dass der Steuerpflichtige hier angehalten ist, den Sachverhalt frühzeitig zu erkennen, einzuordnen und zu dokumentieren.
Die Verordnung soll erstmals für Veranlagungszeiträume Anwendung finden, die nach dem 31.12.2021 beginnen und damit rückwirkend für den Steuerpflichtigen gelten. Die bislang bestehende FVerlV soll letztmals für Veranlagungszeiträume anzuwenden sein, die vor dem 01.01.2022 enden.

Das BMF gewährt den Verbänden bis zum 02.08.2022 die Möglichkeit, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen.

 

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