Die erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht ist laut BFH weder verfassungs- noch unionsrechtswidrig. Auch einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Freizügigkeitsabkommens mit der Schweiz sieht der BFH nicht.
Die unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht tritt grundsätzlich für den gesamten Vermögensfall ein, wenn entweder der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer ein Inländer ist, § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Als Inländer gelten dabei auch deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne einen Wohnsitz im Inland zu haben (sog. erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht, § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Buchst. b ErbStG).
Im konkreten Fall waren sowohl der Sohn als auch seine Mutter deutsche Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz in Deutschland bei Wegzug in die Schweiz im Jahr 2011 aufgegeben hatten. Noch im selben Jahr (nach dem Umzug) übertrug die Mutter ihrem Sohn schenkweise ein in der Schweiz belegenes Grundstück, an dem sie sich ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht nach Schweizer Recht vorbehielt. Das deutsche Finanzamt setzte für den Erwerb Schenkungsteuer fest. In der Schweiz wurde der Erwerb hingegen nicht besteuert. Gegen die Festsetzung der deutschen Schenkungsteuer wandte sich der Sohn wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht. Einen solchen Verstoß sah der BFH jedoch nicht. Für den BFH ist die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Buchst. b ErbStG weder verfassungs- noch unionsrechtlich zu beanstanden (BFH-Urteil vom 12.10.2022, II R 5/20). Zwar bestehe eine steuerliche Ungleichbehandlung Wegziehender mit deutscher Staatsangehörigkeit und Wegziehender ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Das Anknüpfen der unbeschränkten Steuerpflicht an die Staatsangehörigkeit stelle jedoch ein hinreichendes Differenzierungsmerkmal für die Ungleichbehandlung dar. Für den Eintritt der persönlichen Steuerpflicht müssten zudem weitere Voraussetzungen, u.a. die Fünfjahresfrist, erfüllt sein, die einen Inlandsbezug rechtfertigten.
Darüber hinaus sieht der BFH unter Bezug auf bisherige EuGH-Rechtsprechung (insbesondere zu einer vergleichbaren niederländischen Regelung) auch keine Verletzung der unionsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV). Dabei wies der BFH darauf hin, dass das DBA Schweiz zwar nicht bei Schenkungen greife, eine etwaige Doppelbesteuerung sich jedoch durch die grundsätzlich bestehende Möglichkeit der Anrechnung einer etwaig in der Schweiz erhobenen Schenkungsteuer nach § 21 ErbStG vermeiden ließe. Da im vorliegenden Fall nicht einschlägig, sah der BFH auch keine Vorlagepflicht wegen etwaiger sich aus § 21 ErbStG resultierender fehlender Anrechnungsmöglichkeiten (etwa bei ausländischen Bankkonten).
Auch einen Verstoß gegen das mit der Schweiz und der EU bestehende Freizügigkeitsabkommen sah der BFH nicht.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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