Am 02.12.2022 hat der Bundestag das Jahressteuergesetz 2022 beschlossen. Der Gesetzesbeschluss sieht insbesondere die Einführung des EU-Energiekrisenbeitrags sowie Verschärfungen beim Kompromiss zur Registerfallbesteuerung vor.
Schon der umfangreiche Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) enthielt u.a. zahlreiche Änderungen zur Umsetzung des Koalitionsvertrags, notwendige Anpassungen an EU-Recht und Änderungen in Reaktion auf EuGH-, BVerfG- und BFH-Rechtsprechung (vgl. Steuernachricht vom 15.09.2022). Die Parlamentarier im Finanzausschuss des Bundestags haben weiter 39 Änderungsanträge ergänzt, darunter eine Reihe von Vorschlägen aus der Stellungnahme des Bundesrats. Hervorzuhebende Änderungen im Vergleich zum Regierungsentwurf sind vor allem:
Für im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätige Unternehmen, die mindestens 75 Prozent ihrer Umsätze in den Bereichen Extraktion, Bergbau, Erdölraffination oder Herstellung von Kokereierzeugnissen erzielen, wird ein EU-Energiekrisenbeitrag (Übergewinnsteuer) eingeführt. Die betroffenen Unternehmen sollen in den Jahren 2022 und 2023 eine zusätzliche Steuer von 33 Prozent auf den Teil ihres Gewinns entrichten, der um mehr als 20 Prozent oberhalb des durchschnittlichen Gewinns der Jahre 2018-2021 liegt (vgl. Steuernachricht vom 22.11.2022).
Bei der Kompromisslösung zur beschränkten Steuerpflicht der sog. Registerfälle bleibt es dabei, dass mit dem JStG 2022 die Registerfallbesteuerung für sog. „Drittlizenzfälle“ (nicht zwischen nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG) grundsätzlich rückwirkend abgeschafft wird. Dauerhaft beibehalten wird die Besteuerung für Fälle, in denen der Vergütungsgläubiger in einem nicht-kooperativen Steuerhoheitsgebiet nach der EU Blacklist sitzt. In Konzernfällen (nahestehende Personen) wird die Registerfallbesteuerung in DBA-Fällen ab 2023 abgeschafft, im Gegensatz zum Regierungsentwurf aber beibehalten, wenn kein Schutz durch ein DBA besteht. Ob ein DBA-Schutz vorliegt, soll unter Berücksichtigung der Anwendung von DBA regelnden Vorschriften des EStG (insbesondere § 50d Abs. 3 EStG) durch die Steuerpflichtigen beurteilt werden.
Voraussichtlich im kommenden Jahr soll im Gesetzgebungsverfahren zum Steuergerechtigkeitsgesetz geprüft werden, ob ergänzend zur EU Blacklist eine nationale Steueroasenliste erstellt werden kann. Sofern dies geschieht, könnte die Registerfallbesteuerung auch für die vorerst verbleibenden Konzernfälle ohne DBA-Schutz zurückgeführt und dauerhaft auf Fälle beschränkt werden, in denen der Vergütungsgläubiger in einer Steueroase der EU-Liste oder der neuen nationalen Liste sitzt.
- Ergänzung der gesetzlichen Regelungen zur Einlagelösung (Organschaft) in § 14 Abs. 4 KStG und § 34 Abs. 6e KStG um weitere Regelungen, die bisher nur im BMF-Schreiben vom 29.09.2022 festgeschrieben waren, u.a. Regelungen zur Bestimmung des Beteiligungsbuchwerts, zur mittelbaren Organschaft, zur Berechnungsreihenfolge bei der Auflösung von Ausgleichsposten sowie zur Berücksichtigung eines Angleichungsfaktors bei OG-Beteiligungen von weniger als 100 Prozent bzw. zum 31.12.2021 bereits beendeten Organschaften.
- Neufassung des § 27 Abs. 8 KStG (Einlagenrückgewähr) mit Einbeziehung von Drittstaaten- und EWR-Kapitalgesellschaften.
- Wahlrecht zur Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten nach § 5 Abs. 5 EStG, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme die GWG-Grenze nicht übersteigt.
- Die Anhebung des linearen AfA-Satzes für die Abschreibung von Wohngebäuden auf 3 Prozent gilt nunmehr bereits für Gebäude, die nach dem 01.01.2023 fertiggestellt werden. Von der geplanten Streichung der Möglichkeit zum Nachweis einer niedrigeren Nutzungsdauer wird abgesehen.
- Verlängerung und Modifizierung der Sonder-AfA für Mietwohnungsneubau nach § 7b EStG: Bei Bauanträgen für die Jahre 2023 bis 2026 muss Effizienzhausstandard 40 erfüllt werden.
- Antragsgebundene Kollisionsregelung zur Vermeidung von doppelter Belastung mit Grunderwerbsteuer nach § 1 Absatz 3 Nr. 1 oder Nr. 3 oder Abs. 3a GrEStG einerseits und § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b GrEStG andererseits, § 16 Abs. 4a GrEStG.
- Erweiterung des Investitionsrahmens für Spezial-Investmentfonds in § 26 InvStG, um Investitionen in erneuerbare Energien ohne Statusverlust zu ermöglichen.
- Umsatzbesteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts: Verlängerung der Übergangsregelung zur Anwendung von § 2b UStG um weitere zwei Jahre für Leistungen, die bis einschließlich 31.12.2024 erbracht werden.
- Erhöhung der unbefristeten Homeoffice-Pauschale auf 6 Euro pro Tag bis maximal 1.260 Euro jährlich (entsprechend 210 Arbeitstage).
Der Bundesrat wird das Gesetz am 16.12.2022 abschließend beraten. Derzeit kann noch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Bundesrat vorläufig nicht zustimmt und es noch zu einem Vermittlungsverfahren kommt.