Der EuGH erkennt in der Versagung des Abzugs von Pflichtteilen als Nachlassverbindlichkeiten bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. Die unterschiedliche Ausgestaltung der erbschaftsteuerlichen Freibeträge bei unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht ist dem EuGH zufolge hingegen unionrechtskonform.
Der EuGH erkennt in der Versagung des Abzugs von Pflichtteilen als Nachlassverbindlichkeiten bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. Die unterschiedliche Ausgestaltung der erbschaftsteuerlichen Freibeträge bei unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht ist dem EuGH zufolge hingegen unionrechtskonform.
Wird in Deutschland belegenes Vermögen vererbt, sind Erblasser und Erbe aber nicht in Deutschland ansässig, greift in Deutschland die beschränkte Erbschaftsteuerpflicht, § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Mit Beschluss vom 20.07.2020 (4 K 1095/20 Erb) äußerte das FG Düsseldorf Zweifel an der Unionrechtsvereinbarkeit der Freibetragsregelung für beschränkt Steuerpflichte und an der (Nicht-)Abzugsfähigkeit von Verbindlichkeiten aus Pflichtteilen als Nachlassverbindlichkeiten. Hierzu äußerte sich der EuGH mit Urteil vom 21.12.2021 (C-394/20).
In der ersten Vorlagefrage erkundigte sich das FG, ob § 16 Abs. 2 ErbStG, nachdem beschränkt Steuerpflichtigen ein Freibetrag lediglich im Verhältnis des in Deutschland steuerpflichtigen Erwerbs zum Gesamterwerb zusteht, mit Unionsrecht vereinbar ist. Der EuGH sieht in der Regelung zwar eine Beschränkung des Kapitalverkehrs, diese sei jedoch durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses, nämlich der Wahrung der Kohärenz des Steuersystems, gerechtfertigt und folglich unionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die zweite Vorlagefrage betraf die Norm des § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG. Nach dieser sind nur die mit dem in Deutschland steuerpflichtigen Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten abzugsfähig. Dies führt im Ergebnis dazu, dass Pflichtteile bei beschränkt Steuerpflichtigen nicht mindernd berücksichtigt werden, während unbeschränkt Steuerpflichtige diese als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG abziehen können. Hierin erkennt der EuGH eine nicht gerechtfertigte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs. Im Gegensatz zur Freibetragsregelung könne diese Beschränkung weder mit der Wahrung der Kohärenz des deutschen Steuersystems noch mit dem Territorialitätsprinzip und der Notwendigkeit der Gewährleistung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten gerechtfertigt werden.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des EuGH zur Verfügung.
Direkt zum EuGH-Urteil kommen Sie hier.
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