Die EU-Mitgliedstaaten haben die Liste nicht-kooperativer Jurisdiktionen angepasst. Neu aufgenommen auf die sog. „EU-Blacklist“ wurde u.a. Russland. Wird die Steueroasen-Abwehrverordnung bis Ende 2023 aktualisiert, greifen grundsätzlich ab dem 01.01.2024 eine verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung, erweiterte Quellensteuern, die Verweigerung von Abkommensvorteilen und gesteigerte Mitwirkungspflichten in Bezug auf u.a. Russland. Zeitlich verschoben wären die Verweigerung der Dividendenfreistellung (grundsätzlich ab 2026) und das Betriebsausgabenabzugsverbot (grundsätzlich ab 2027) anwendbar.
Die Finanzminister der EU-Mitgliedstaaten haben im Rat der EU (ECOFIN) am 14.02.2023 beschlossen, den Annex I der Liste nicht-kooperativer Jurisdiktionen um vier Länder zu erweitern. Darin werden Länder geführt, die sich laut EU in Steuerfragen nicht kooperativ verhalten und z.B. schädliche Steuerregime implementiert haben (sog. „EU-Blacklist“). Während die Marshallinseln bereits in der Vergangenheit Teil der EU-Blacklist waren, sind die Britischen Jungferninseln, Costa Rica und Russland zum ersten Mal aufgeführt.
Damit umfasst die Liste nunmehr sechzehn Länder. Neben den oben aufgeführten Staaten erfüllen die folgenden Länder die Maßgaben der EU nicht: Amerikanisch-Samoa, die Amerikanischen Jungferninseln, Anguilla, Bahamas, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Samoa, Trinidad und Tobago, Turks- und Caicosinseln, und Vanuatu.
Die EU-Blacklist hat in Deutschland insbesondere Bedeutung für die Anwendung des Steueroasenabwehrgesetzes (StAbwG). Bei Geschäftsvorgängen mit Bezug zu nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten, die auf der EU-Blacklist geführt werden, drohen neben gesteigerten Mitwirkungspflichten verschiedene Sanktionen, die von Quellensteuermaßnahmen über eine verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung und eine Verweigerung der Dividendenfreistellung bis hin zu einem Abzugsverbot für Betriebsausgaben und Werbungskosten reichen.
Die für die Zwecke des Steueroasen-Abwehrgesetzes nicht kooperativen Staaten sowie insbesondere der Zeitpunkt, an dem sich deren Qualifikation ändert, werden dabei per Rechtsverordnung festgelegt. Grundsätzlich sind die Regelungen ab Beginn des Folgejahres nach Aufnahme des Staates in die Rechtsverordnung anzuwenden. Abweichend davon ist die Verweigerung der Dividendenfreistellung erst ab Beginn des dritten und die Versagung des Ausgabenabzugs erst ab Beginn des vierten Jahres nach Aufnahme des Staates in die Rechtsverordnung anzuwenden. Zusätzlich zu den Abwehrmaßnahmen und gesteigerten Mitwirkungspflichten können sich betroffene Steuerpflichtige nicht auf Begünstigungen aus einem DBA berufen („Treaty Override“).
Sollte die Rechtsverordnung wie bislang üblich zum Jahresende um die vier neu gelisteten Staaten aktualisiert werden und noch in diesem Jahr in Kraft treten, würden grds. bereits ab dem 01.01.2024 die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung (u.a. Qualifikation sämtlicher Einkünfte als passiv, keine Exkulpationsmöglichkeit durch den Motivtest), erweiterte Quellensteuern, die Verweigerung von Abkommensvorteilen und gesteigerte Mitwirkungspflichten in Bezug auf Russland greifen. Zeitlich verschoben wären die Verweigerung der begünstigten Besteuerung von Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen (grds. ab 2026) und das Abzugsverbot für Betriebsausgaben und Werbungskosten in Bezug auf (Zahlungen an) russische Unternehmen (grds. ab 2027) anwendbar, soweit Russland nicht vor Ablauf dieser Fristen wieder gestrichen wird.
Darüber hinaus unterliegen damit Gestaltungen, die Zahlungen an verbundene Unternehmen u.a. in Russland zum Gegenstand haben, grds. der Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen (DAC6). Für nach dem 21.06.2024 beginnende Geschäftsjahre könnten sich zudem Auswirkungen auf das derzeit in der Umsetzung befindliche öffentliche Country-by-Country Reporting ergeben.
Die EU-Minister haben zudem beschlossen, den Annex II der Liste nicht-kooperativer Jurisdiktionen („EU-Greylist“) zu aktualisieren. Darin werden Länder geführt, die angekündigt haben, Reformmaßnahmen gegen schädliche Steuerregime umzusetzen und die andernfalls ggf. zu einem späteren Zeitpunkt auf die Blacklist gesetzt werden. Die Verpflichtungen Barbados, Jamaikas, Nordmazedoniens und Uruguays wurden als erfüllt angesehen, so dass die Verweise auf diese Länder im Bericht gestrichen wurden. Im Gegenzug wurde die EU-Greylist um drei Länder erweitert: Albanien, Aruba und Curaçao haben sich verpflichtet, ihre Steuersysteme entsprechend anzupassen. Der Rest des Anhangs II bleibt unverändert. Im Hinblick auf einige Länder wie z.B. Katar wurde aber die Frist für die Erfüllung der Verpflichtung zur Anpassung der nationalen Regelungen verlängert.
Die nächste Aktualisierung von Annex I und Annex II der Liste nicht-kooperativer Jurisdiktionen wird für Oktober 2023 erwartet.