Der BFH äußert sich zur steuerlichen Anerkennung eines kapitaldisproportionalen Gewinnanteils in Gestalt eines Carried Interest. Die Frage ist insbesondere für die Differenzierung zwischen Gewinnanteil und Tätigkeitsvergütung und damit sowohl für die Behandlung auf Fondsebene als auch auf Ebene der Investoren und Initiatoren relevant.
Werden Gewinne disproportional zur Beteiligung der Gesellschafter verteilt, stellt sich zum einen die Frage nach der steuerlichen Anerkennung als auch zu deren steuerlichen Behandlung. Beim Carried Interest spielt insbesondere die Abgrenzung zwischen (verdeckter) Tätigkeitsvergütung und Gewinnverteilungsabrede eine wichtige Rolle.
Der BFH äußerte sich nun zur steuerlichen Behandlung eines Carried Interest im Fall einer vermögensverwaltenden Fondspersonengesellschaft nach ausländischem Recht (Urteil vom 16.04.2024, VIII R 3/21). Die Finanzverwaltung hatte den Carried Interest entsprechend der in Tz. 24 des BMF-Schreibens vom 16.12.2003 vertretenen Auffassung als verdeckte Tätigkeitsvergütung eingeordnet, welche die Fonds-Investoren den Carry Empfängern schulden. Die Abbildung dieser Tätigkeitsvergütung über die Gewinnverteilung des Fonds stelle dabei lediglich einen abgekürzten Zahlungsweg dar, die an der Einordnung als Tätigkeitsvergütung aber nichts ändere. Bereits die Vorinstanz (FG München vom 17.11.2020, 12 K 2334/18) hatte dieser Ansicht der Finanzverwaltung widersprochen und die Gewinnverteilungsabrede ohne Annahme einer verdeckten Tätigkeitsvergütung anerkannt. Der BFH bestätigte diese Ansicht grundsätzlich, wies den Fall aus verfahrensrechtlichen Gründen jedoch an das FG München zurück.
Sollte das FG München dann wieder erkennen, dass die Vereinbarungen auf Ebene des Fonds eine Gewinnverteilungsabrede enthalten, müsse das FG in einem nächsten Schritt prüfen, ob diese auch steuerlich anzuerkennen ist. Dabei weist der BFH darauf hin, dass es den Gesellschaftern einer Personengesellschaft grundsätzlich freistehe, ihre Rechtsverhältnisse und besonders die Verteilung des Gewinns so zu regeln, wie es ihnen richtig zu sein scheint. Sie müssen laut BFH jedoch im natürlichen Interessengegensatz ausgehandelt worden sein. Eine solche fremdübliche Gewinnverteilung wäre laut BFH dann in der Regel auch angemessen und als zivilrechtlich wirksame Gewinnverteilungsabrede auch der Einkünftezurechnung zugrunde zu legen. Eine Behandlung des Carried Interest als Tätigkeitsvergütung anstatt als Gewinnanteil auf Ebene des Fonds (im Wege eines abgekürzten Zahlungswegs über die Gewinnverteilung), lässt sich dabei laut BFH auch nicht aus § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG ableiten. Hier übernimmt der BFH seine im Falle eines gewerblich geprägten Fonds bereits geäußerte Sicht (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.2018, VIII R 11/16) auch für den hier vorliegenden Fall eines vermögensverwaltenden Fonds. Der BFH sieht in § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG keine Rechtsgrundlage für eine Umqualifizierung in eine schuldrechtliche Tätigkeitsvergütung auf Ebene des Fonds. Die Norm habe keine Bedeutung für die Gewinnverteilung und Einkünfteermittlung auf Fondsebene.
Der weitere Verfahrensgang bleibt daher mit Spannung abzuwarten, wobei der BFH nunmehr in zwei Urteilen der Ansicht der Finanzverwaltung widersprochen hat, dass es sich beim Carried Interest per se um eine Tätigkeitsvergütung handelt. In den typischen Fällen, in denen der Carried Interest nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags als Gewinnverteilung und nicht als handelsrechtliche Ausgabe behandelt wird sowie nur dann zu zahlen ist, wenn ein entsprechender Gewinn erwirtschaftet wird, liegt nach dem BFH im Zweifel eine steuerlich anzuerkennende Gewinnverteilungsabrede vor. Abzuwarten bleibt daher auch, ob die Finanzverwaltung ihre bisherige generelle Einordnung des Carried Interest als schuldrechtliche (verdeckte) Tätigkeitsvergütung aufgibt (vgl. BMF-Schreiben vom 16.12.2003).
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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