BMF-Schreiben zur sog. Digital-AfA wirft Anwendungsfragen auf

Das BMF veröffentlicht eine ergänzte Fassung seines Schreibens zur sog. Digital-AfA und ersetzt damit die bisherige Fassung vom 26.02.2021. Insbesondere legt sich die Finanzverwaltung fest, dass die unveränderte „kann“-Formulierung für die Annahme einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von einem Jahr kein steuerliches Wahlrecht i.S.d. § 5 Abs. 1 EStG formuliert.

Nach dem bisherigen BMF-Schreiben vom 26.02.2021 kann für bestimmte Computerhardware (einschließlich der dazu gehörenden Peripheriegeräte) und die für die Dateneingabe und -verarbeitung erforderliche Betriebs- und Anwendersoftware eine auf ein Jahr festgelegte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zugrunde gelegt werden. In der neuen Fassung dieses BMF-Schreibens vom 22.02.2022 führt die Finanzverwaltung nun aus, dass die Annahme einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von genau einem Jahr nicht zu einer Sofortabschreibung führt und auch weder eine besondere Form der Abschreibung noch eine neue Abschreibungsmethode darstellt. Ausdrücklich stellt das BMF-Schreiben heraus, dass diese Annahme insbesondere kein steuerliches Wahlrecht i.S.d. § 5 Abs. 1 EStG darstelle. Welche Rechtsqualität, die in dem BMF-Schreiben gewählte „kann“-Formulierung zur Nutzungsdauer stattdessen habe, führt die Finanzverwaltung hingegen nicht aus, auch wenn sie nun ergänzt, dass der Steuerpflichtige von dieser Annahme auch abweichen könne. Insbesondere bleibt das Verhältnis zum Handelsbilanzansatz offen. Dies begründet in der Praxis Rechtsunsicherheit, da vor dem Hintergrund der jetzigen Einstufung als Nicht-Wahlrecht i.S.d. § 5 Abs. 1 EStG dem Umstand Bedeutung zukommt, dass die handelsrechtliche Praxis der Nutzungsdauervorgabe aus der sog. Digital-AfA von einem Jahr zumeist nicht gefolgt war. Die neue Fassung des BMF Schreibens verzichtet zudem auf Praxishinweise, wie die Finanzverwaltung mit Fällen umzugehen gedenkt, in denen der Steuerpflichtige das bisherige BMF Schreiben – analog zur wohl herrschenden Literaturinterpretation – als steuerliches Wahlrecht eingestuft hat.

Die Finanzverwaltung will es ferner nicht beanstanden, wenn abweichend zur pro rata temporis zwölftel Verteilung aus § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe vorgenommen wird. Die Abschreibungsvorschriften sollen einschlägig sein, weil das BMF-Schreiben erklärt, dass die betroffenen Wirtschaftsgüter auch bei einer Nutzungsdauer von genau einem Jahr dem § 7 Abs. 1 EStG unterliegen und in das nach R 5.4 EStR 2012 zu führende Bestandsverzeichnis aufzunehmen sind. Wie dies mit dem Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG in Einklang steht, der Abschreibungsvorschriften erst bei einer Nutzungsdauer von „mehr als einem Jahr“ für anwendbar erklärt, erläutert das BMF-Schreiben in seiner Fassung vom 22.02.2022 nicht. Auch nach der zu § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG ergangenen Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 26.08.1993, IV R 127/91) wäre eine Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe sogar zwingend und schiede eine pro rata temporis Berücksichtigung von vornherein aus. Folge einer Anwendung der Abschreibungsregeln des § 7 EStG in Digital-AfA Fällen müsste eine Berücksichtigung im Zinsschranken EBITDA nach § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG sein. Die Regelung ist auch auf Überschusseinkünfte anzuwenden. Bedauerlicherweise lässt die Finanzverwaltung unverändert offen, ob die Nutzungsdauerannahme auch auf Zurechnung von Leasinggegenständen wirkt.

Der Volltext des Schreibens steht Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung.

Direkt zum BMF-Schreiben kommen Sie hier.

 

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