BFH zur ersten Tätigkeitsstätte im Entsendungsfall

Die Frage nach dem Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte hat u.a. auch Bedeutung für den steuerfreien Auslagenersatz. Im aktuellen Urteil äußert sich der BFH zu den Voraussetzungen der ersten Tätigkeitsstätte in grenzüberschreitenden Entsendungsfällen nach neuem Reisekostenrecht.

Nach der seit 2014 geltenden gesetzlichen neuen Definition ist die erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist, § 9 Abs. 4 EStG. Nun äußert sich der BFH zu der Frage der ersten Tätigkeitsstätte in grenzüberschreitenden Entsendungsfällen. Für den BFH ist erste Tätigkeitsstätte bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung die ortsfeste betriebliche Einrichtung des aufnehmenden Unternehmens, der der Arbeitnehmer im Rahmen eines eigenständigen Arbeitsvertrags mit dem aufnehmenden Unternehmen für die Dauer der Entsendung zugeordnet ist (BFH-Urteil vom 17.12.2020, VI R 21/18).

Im konkreten Fall war der entsendete Arbeitnehmer nach Ansicht des BFH für die Dauer seines Auslandseinsatzes nicht mehr seiner („ruhenden“) inländischen Tätigkeitsstätte, sondern dem Werk der Gastgesellschaft zuzuordnen. Da der Arbeitsvertrag in Deutschland ruhend gestellt wurde, konnten sich daraus auch keine Festlegungen oder Weisungen in Bezug auf eine erste Tätigkeitsstätte mehr ergeben. Damit sei für die Beurteilung der „dauerhaften Zuordnung“ die mit der Gastgesellschaft abgeschlossene Vereinbarung maßgeblich. Sei der entsandte Arbeitnehmer für den gesamten Entsendezeitraum von drei Jahren der Tätigkeitsstätte im Ausland zugeordnet, erstrecke sich die Zuordnung aus der maßgeblichen ex ante Sicht über die gesamte Dauer des Bestehens des maßgeblichen Dienstverhältnisses i.S.d. § 9 Abs. 4 Satz 3, Alt. 2 EStG. Dem stehe nicht entgegen, dass das Arbeitsverhältnis im Ausland befristet sei oder vorzeitig beendet oder verlängert werden könne. Seine abweichende Auffassung zum alten Reisekostenrecht gab der BFH damit insoweit auf.

Im Ergebnis war der dem Progressionsvorbehalt unterliegende (ausländische) Arbeitslohn nicht um steuerfreie Erstattungen (§ 3 Nr. 16 EStG) für die Flug- sowie Unterkunftskosten zu mindern. Ebenfalls mit Datum vom selben Tag hat der BFH zwei Parallelverfahren weitgehend inhaltsgleich entschieden (vgl. Urteile vom 17.12.2020, VI R 22/18, NV und VI R 23/18, NV).

Der Volltext des Urteils (VI R 21/18) steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

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