BFH legt mehrfache Übertragung von Gutscheinen dem EuGH vor

In zwei Verfahren hatte sich der BFH mit der Übertragung von Gutscheinen zu beschäftigen. Für Altfälle entschied er selbst. Für Fälle ab dem 01.01.2019 fragt er den EuGH um Rat.

Die Sachverhalte der beiden Beschlüsse (XI R 11/21 für „Altfälle“ und XI R 21/21 für „Neufälle“) sind weitestgehend identisch. Der Kläger verkaufte im Inland Gutscheine in Form von Guthabenkarten und Gutscheincodes, die zum Erwerb digitaler Inhalte für ein bestimmtes Netzwerk berechtigten. Der Herausgeber der Gutscheine war in London ansässig. Inhaltlich ergeben sich zwei Verfahren, da sich einerseits die Rechtslage zum 01.01.2019 änderte, andererseits, weil sich der Sachverhalt dahingehend änderte, dass die Gutscheine über Zwischenhändler aus anderen Mitgliedstaaten bezogen wurden.

Mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften überführte zum 01.01.2019 der deutsche Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben zu Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen ins deutsche Umsatzsteuergesetz (§ 3 Abs. 13 bis 15 UStG). Bei einem Einzweckgutschein fällt die Umsatzsteuer bereits an, wenn er ausgegeben wird. Wird die mit dem Gutschein eingelöste Leistung dann erbracht, ist diese umsatzsteuerlich nicht mehr zu erfassen. Bei einem Mehrzweckgutschein ist es genau umgekehrt. Ein Einzweckgutschein setzt u.a. voraus, dass der Ort der Leistung bereits bei Ausgabe des Gutscheins feststeht (im Inland oder nicht?).

In seiner Vorlagefrage (BFH-Beschluss 03.11.2022, XI R 21/21) erfragt der BFH beim EuGH, wie die mehrfache Übertragung von Gutscheinen einzuordnen ist. Denn ein Einzweckgutschein wird dann mehrfach von einem Unternehmer auf den nächsten geleistet. Sind diese Unternehmer nicht ausschließlich im Inland ansässig, stellt sich die Frage, ob dann der Ort der Leistung nicht mehr feststeht. Aus einem Einzweckgutschein würde so ein Mehrzweckgutschein, bei dem eben nicht die Ausgabe bzw. Weiterreichung des Gutscheins zu besteuern ist, sondern erst die mit dem Gutschein eingelöste Leistung.

Für Altfälle nach der bis zum 31.12.2018 geltenden Rechtslage entschied der BFH, dass eine Guthabenkarte, die auf eine bestimmte Leistung ausgerichtet waren, einen sog. Warengutschein darstellte. Hierfür vor Einlösung der Ware vereinnahmtes Entgelt stellte eine Anzahlung dar. Diese war im Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung zu versteuern (BFH-Beschluss vom 29.11.2022, XI R 11/21).

Der Volltext der Beschlüsse steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

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