BFH entscheidet erneut zur grenzüberschreitenden Konzernfinanzierung

Nachdem der BFH im Jahr 2019 seine Rechtsprechung zur Einkünftekorrektur bei fehlender Besicherung von Konzerndarlehen änderte, gab das BVerfG im Jahr 2021 einer dagegen erhobenen Verfassungsbeschwerde wegen Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter statt, hob das Grundsatzurteil auf und verwies an den BFH zurück. Dieser hat nun erneut entschieden und seine bisherige Rechtsprechung im Grundsatz bestätigt, den Fall jedoch an das Finanzgericht zur Nachholung von tatrichterlichen Feststellungen zurückverwiesen. Zudem sieht der BFH erneut von einer Vorlage an den EuGH ab. 

Im konkreten Fall (vereinfacht) führte eine deutsche GmbH für eine belgische Tochtergesellschaft ein nicht besichertes Verrechnungskonto. Im Streitjahr 2005 vereinbarten die beiden einen auf den wertlosen Teil der Forderung gerichteten Forderungsverzicht gegen Besserungsschein, woraufhin die GmbH die Forderung gewinnmindernd aus ihrer Bilanz ausbuchte. Das Finanzamt „neutralisierte" diese Gewinnminderung jedoch nach § 1 Abs. 1 AStG.

Mit Urteil vom 13.01.2022 (I R 15/21) hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung – die der I. Senat Ende des Jahres 2021 teilweise differenzierte – dahin gehend bestätigt, dass eine Teilwertabschreibung nach § 1 Abs. 1 AStG zu korrigieren sei, wenn eine fremdunübliche Nichtbesicherung ursächlich für den Ausfall der Forderung ist. Der BFH hat den Fall jedoch mangels tatsächlicher Feststellungen zum Fremdvergleich an die Vorinstanz zurückverwiesen. Der BFH äußert sich dabei ausführlich zu der nun vom FG vorzunehmenden Prüfung.

Zunächst hat das FG festzustellen, ob es sich bei dem Verrechnungskonto um ein betriebliches veranlasstes und damit steuerrechtlich anzuerkennendes Darlehen handelt oder ob das Verrechnungskonto durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Einlagen ausweist. Hierbei wird das FG vor allem die sonstigen Umstände des Vertragsschlusses (z.B. berechtigte Ertragserwartungen des Kreditnehmers, Einfluss des Kreditgebers auf dessen Geschäftstätigkeit, grundsätzliche Bereitschaft, die kreditnehmende Gesellschaft im Geschäftsverkehr nach außen zu stützen) mit Rücksicht darauf zu würdigen haben, ob die Parteien von einer Kapitalüberlassung auf Zeit und damit insbesondere von der Rückzahlung des Kreditkapitals ausgegangen sind und bei objektiver Würdigung ausgehen konnten. Die Würdigung ist dabei ungeachtet eines möglicherweise fremdunüblichen Verzichts auf die Einräumung einer werthaltigen Besicherung des Darlehens vorzunehmen.

Liegt ein steuerrechtlich anzuerkennendes Darlehen vor, ist zu prüfen, ob ein Markt für unbesichert vereinbarte Darlehen ermittelt werden kann, auf dem fremde Dritte vergleichbare Darlehen unter Berücksichtigung einer Risikokompensation aufgrund der höheren Ausfallwahrscheinlichkeit vergeben hätten (vgl. BFH-Urteil v. 19.06.2021, I R 32/17). Dabei weist der BFH darauf hin, dass für die Bestimmung der Fremdüblichkeit einer möglichen Risikokompensation im Streitfall nicht ohne Weiteres ein von einer Bank an die Konzernobergesellschaft gewährter Kredit herangezogen werden kann. Entscheidend ist, ob ein fremder Dritter angesichts der konkreten Ertragssituation der Darlehensnehmerin eine entsprechende Vereinbarung eingegangen wäre.

Falls der Zins inklusive einer möglichen Risikokompensation für fehlende Besicherung fremdüblich gewesen ist, besteht für eine Korrektur nach § 1 AStG kein Raum. Falls das FG hingegen zu dem Schluss kommt, dass der Zins inklusive der Risikokompensation fremdunüblich gewesen ist, aber ein entsprechender Markt für unbesicherte Forderungen vorhanden war, hat vorranging veranlagungszeitraumbezogen eine Korrektur der Zinseinnahmen, d.h. eine Korrektur des Zinssatzes auf den fremdüblichen Wert zu erfolgen. Dies gilt auch dann, wenn die Einkommensermittlung früherer Veranlagungszeiträume bereits bestandskräftig ist. Somit kommt laut BFH eine Korrektur der Teilwertabschreibung nach § 1 AStG nur dann in Betracht, wenn sich kein entsprechender Markt für unbesicherte Darlehen ermitteln lässt, d.h. ein fremder Dritter auf eine Besicherung des Darlehens bestanden hätte. In diesem Fall hätte das Darlehen besichert werden müssen und daher hätte auch die Teilwertabschreibung nach § 1 AStG korrigiert werden müssen.

Angesichts der tatsächlichen Ungewissheit, ob § 1 AStG im Streitfall überhaupt zur Anwendung kommen kann, hat der BFH von einer Prüfung des Unionsrechts und ebenso von einer Vorlage an den EuGH abgesehen.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier.

 

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