Stadtwerkestudie 2022: Teure neue Energiewelt – Stadtwerke zwischen Finanzierungsdruck und Transformationsbedarf. Kooperationen können helfen, sind aber noch zu selten.

Zum 20. Mal erscheint in diesem Jahr die Stadtwerkestudie vom Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) und EY. Sie legt den Schwerpunkt auf die Frage nach einer veränderten Bedeutung von Kooperationen vor dem Hintergrund der wachsenden Herausforderungen der Stadtwerke. Vorstände und Geschäftsführer/innen von 100 Stadtwerken haben Stellung genommen zu steigenden Transformationsaufgaben, Investitionsanforderungen, der Leistungsfähigkeit ihrer Unternehmen, Anpassungen von Geschäftsstrategien und sich hierdurch verändernde Kooperationsanforderungen. Aus aktuellem Anlass integriert die Studie eine Umfrage zu Marktpreisen für Energie.

 

Aufgabenliste wird länger – finanzielle Situation stagniert 

Während die Aufgabenliste der kommunalen Versorger immer länger und dringlicher wird und damit immense Investitionsbedarfe verbunden sind, limitiert die finanzielle Situation der Stadtwerke zunehmend den Handlungsrahmen. Die befragten Stadtwerke schätzten den geschäftlichen Erfolg ihres jeweiligen Unternehmens im Jahr 2021 – die Befragung fand noch vor dem Ukraine-Krieg statt – mehrheitlich als sehr gut ein. Jedoch sank die Umsatzrentabilität der Versorger bereits seit 2017 im Schnitt um drei Prozent jährlich. Die Eigenwahrnehmung der Stadtwerke im Hinblick auf ihre Leistungsfähigkeit und finanzielle Stabilität ist gegenüber der Praxis verzerrt. In den letzten Jahren hat sich bei der Durchführung quantitativer und qualitativer Standortbestimmungen (Benchmarks) gezeigt, dass die Eigenwahrnehmung der Unternehmen im Hinblick auf die Effizienz, das Produktportfolio und die finanzielle Stabilität stark von der Wirklichkeit abweicht. 

Die Transformation beschleunigt sich. Die Bedeutung von Dekarbonisierung, Digitalisierung und Datensicherheit wird so hoch wie noch nie beurteilt. 

Digitalisierung (89 Prozent) ist das absolute Top-Thema der Führungskräfte der Stadtwerke, ihre Bedeutung hat über die vergangenen Jahre kontinuierlich zugenommen. Einzelthemen wie Cyber und Datensicherheit stiegen sprunghaft in ihrer Bedeutung. Auch die Zustimmungswerte für die Dekarbonisierung als zentrales Aufgabenfeld der Stadtwerke nimmt zu, mit „nur“ 67 Prozent liegt sie eher im Mittelfeld der Handlungsfelder. Durch den Krieg in der Ukraine wird der Ausstieg aus fossilen Energiequellen noch dringlicher. Dekarbonisierung ist „nicht verhandelbar“ und ein maßgeblicher Treiber von neuen Geschäftspotenzialen. Von daher ist es überraschend, dass bislang nur jedes dritte Stadtwerk über eine Dekarbonisierungsstrategie verfügt.   

Strategische Gesamtplanung in der Kommune nötig  

Kommunale Gesellschafter sind gefordert, den strategischen Rahmen auf dem Dekarbonisierungspfad vorzugeben. Die Stadtwerke müssen diesen dann in Funktionalstrategien überführen.  

Teil der strategischen Gesamtplanung ist es, den Handlungs- und damit auch den Finanzrahmen der Stadtwerke zu bestimmen. Stadtwerke befinden sich bereits seit vielen Jahren in einer Transformationsphase. Die dafür erforderlichen Investitionen haben Spuren in den Jahresabschlüssen hinterlassen. Um die Transformations- und Investitionsfähigkeit für die nächsten Dekaden zu erhalten, bedarf es einer intensiven Diskussion über Ausschüttungserwartungen. Die Stadtwerkemanagerinnen und -manager sind gefordert, diese transparent und offen in der Sache zu führen.  

Neue Kooperationen unabdingbar 

Bereits heute setzen 88 Prozent der Stadtwerke auf Kooperationen. Auch wenn sich die Branche einig ist, dass vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu Kooperationen gezwungen sein werden, sind es doch vor allem die großen Versorger, von denen die Branche die innovativen Kooperationen und Piloten erwartet. Sie marschieren in technischen Versuchslaboren und branchenübergreifenden Partnerschaften voran, während die KMU in Verbünden vor allem Skaleneffekte erzielen möchten. Bei Innovationen schauen die „Kleinen“ auf die „Großen“ und hoffen, von ihren Erfahrungen profitieren zu können und abschauen zu dürfen.  

Unter folgendem Link können Sie die aktuelle Stadtwerkestudie 2022 abrufen.