Keine Steuerbarkeit von Innenleistungen in Organschaften – Vorteile der bisherigen Praxis bleiben insbesondere auch für Juristische Personen des öffentlichen Rechts bestehen

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 11. Juli 2024 (C-184/23) liefert eine wegweisende Klärung hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Innenleistungen innerhalb einer Organschaft. Der EuGH bestätigt, dass solche Innenleistungen nicht der Umsatzsteuer unterliegen, selbst wenn der Empfänger der Leistungen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Diese Entscheidung bestätigt die bisherige deutsche Regelung als unionsrechtskonform.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte zuvor Bedenken geäußert, ob die Nichtsteuerbarkeit von Innenumsätzen in einer Organschaft zu Steuerverlusten führen könnte, insbesondere wenn der Leistungsempfänger nicht oder nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und wandte sich damit an den EuGH (EuGH-Vorlage vom 26. Januar 2023, V R 20/22 (V R 40/19)). Diese Bedenken wurden durch das Urteil nun ausgeräumt, was die Rechtssicherheit für Unternehmen stärkt und die Organschaft als ein effektives Instrument zur Vermeidung von Umsatzsteuerkumulation bestätigt.

Die Entscheidung des EuGH verdeutlicht, dass die Organschaft materiell-rechtlich als ein einziger Steuerpflichtiger zu betrachten ist, was zur Folge hat, dass es zwischen den Mitgliedern des Organkreises keinen steuerbaren Leistungsaustausch geben kann. Dies gilt unabhängig davon, ob die Mitglieder einen Vorsteuerabzug geltend machen können oder nicht. Die Organschaft behält somit ihre materiell-rechtliche Bedeutung und ist nicht auf eine verfahrensrechtliche Vereinfachung beschränkt. Die Bestätigung der Nichtsteuerbarkeit von Innenumsätzen durch den EuGH trägt zur Klärung und Bestätigung der Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft bei und unterstützt die bisherige Praxis und das Verständnis der Organschaft in Deutschland und anderen Mitgliedstaaten, die von den Bestimmungen der Mehrwertsteuergruppe Gebrauch gemacht haben.

Gem. EuGH entstehe die Gefahr von Steuerverlusten nicht durch die Organschaft selbst, sondern aus den allgemeinen Vorschriften zum Vorsteuerabzug, die auch unabhängig von der Organschaft anzuwenden sind. Dies bedeutet, dass die Organschaft weiterhin als ein Gestaltungsinstrument genutzt werden kann, um einer Umsatzsteuerkumulation entgegenzuwirken, ohne dass daraus ein Verstoß gegen das Unionsrecht resultiert. In Anbetracht dieser Entscheidung ergibt sich aus dem Urteil kein gesetzlicher Änderungsbedarf. Die Entscheidung stärkt die Position der umsatzsteuerlichen Organschaft und gewährleistet Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen, indem sie die Nichtsteuerbarkeit von Innenumsätzen und die Einheitlichkeit des Steuerpflichtigen im Innen- und Außenverhältnis legitimiert.

Im Sachverhalt, der dem EuGH-Urteil zugrunde lag, wurden von einer Juristischen Person des öffentlichen Rechts als Organträgerin sowohl wirtschaftliche als auch hoheitliche Tätigkeiten ausgeübt. Zugleich bezog die Organträgerin Leistungen von ihrer Organtochter. Mit der Entscheidung des EuGH besteht nun Klarheit, dass die Umsätze innerhalb der Organschaft nicht steuerbar sind - unabhängig davon, dass der Organträger für die hoheitlichen Tätigkeiten nicht vorsteuerabzugsberechtigt war.

Relevanz hat die Entscheidung insbesondere dann, wenn Leistungen durch Organtochtergesellschaften mit eigenem Personal erbracht werden. In diesem Fall würde die Umsatzsteuer nämlich aus Sicht der Organträgerin die empfangene Leistung verteuern, wenn sie mit hoheitlichen Tätigkeiten im Zusammenhang steht und daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Aber auch im umgekehrten Fall der Leistung von der Organträgerin an die Organtochtergesellschaft könnte sich eine zusätzliche Steuerbelastung ergeben, beispielsweise wenn die Tochtergesellschaft steuerfreie Ausgangsumsätze im Kulturbereich oder steuerfreie Vermietungsleistungen erbringt und daher ebenfalls nicht voll vorsteuerabzugsberechtigt ist.

Kommunen und andere jPdöR mit umsatzsteuerlicher Organschaft können daher nun aufatmen - das Urteil des EuGH bestätigt die bisherige Handhabung interner Transaktionen als nichtsteuerbare Innenleistungen. Die Organschaft bleibt somit ein wirksames Instrument zur Steueroptimierung. Auch ein verwaltungstechnischer Mehraufwand bleibt aus, da der gesamte Organkreis weiterhin zentral als ein einziger umsatzsteuerlicher Unternehmer betrachtet werden kann.

Autorinnen: StB Gabriele Kirchhof, StB Verena Köster