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Zukunftsfinanzierungsgesetz stärkt Mitarbeiterkapitalbeteiligungen

Geplante steuerliche Änderungen

Das Bundesministerium der Finanzen hat am 12.04.2023 einen Referentenentwurf für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz veröffentlicht. Durch die Neuregelung möchte der Gesetzgeber den Kapitalmarkt modernisieren und leistungsfähiger machen. Weitere Ziele sind die Verbesserung der Bedingungen für Start-ups und die Stärkung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Das Gesetzespaket enthält neben Änderungen des Finanzmarkt- und des Gesellschaftsrechts auch Änderungen des Einkommensteuergesetzes, insbesondere im Hinblick auf Mitarbeiterkapitalbeteiligungen. Im Folgenden werden die wesentlichen geplanten Neuerungen bei der Besteuerung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen erläutert.

Freibetrag

Der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung bestimmter Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers ist derzeit steuerfrei, soweit er 1.440 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt (§ 3 Nr. 39 EStG). Geplant ist die Anhebung des Freibetrags auf 5.000 Euro. Begünstigt sind Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b und f bis l und Abs. 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes (Aktien, GmbH-Anteile etc.).

Allerdings sieht der Entwurf vor, dass der Freibetrag nur greift, wenn die Vermögensbeteiligung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Dies würde hinsichtlich der ersten 1.440 Euro eine Schlechterstellung bedeuten, da insoweit keine Gehaltsumwandlung mehr möglich wäre. Außerdem soll künftig bei einer Veräußerung oder unentgeltlichen Übertragung innerhalb von drei Jahren der nach § 3 Nr. 39 EStG steuerfreie Teil des geldwerten Vorteils nicht zu den Anschaffungskosten zählen. Das heißt, auch insoweit fällt – anders als bisher – Abgeltungsteuer an.

Aufgeschobene Besteuerung

Geltendes Recht

Nach § 19a Abs. 1 EStG ist der geldwerte Vorteil aus Vermögensbeteiligungen, die der Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn unentgeltlich oder verbilligt gewährt, im Jahr der Übertragung nicht der Besteuerung unterworfen – wenn es sich um Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b und f bis l und Abs. 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes handelt (s. o.).

Dieser im Jahr der Übertragung nicht besteuerte Arbeitslohn unterliegt erst dann der Besteuerung nach § 19 EStG und dem Lohnsteuerabzug, wenn

  • die Vermögensbeteiligung ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird,
  • seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung zwölf Jahre vergangen sind oder
  • das Dienstverhältnis zu dem bisherigen Arbeitgeber beendet wird.

Dies gilt allerdings nur, wenn es sich beim Unternehmen des Arbeitgebers im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung um ein Kleinst- bzw. kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) handelt. Die Schwellenwerte für die Einordnung als KMU ergeben sich aus Art. 2 Abs. 1 des Anhangs der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 06.05.2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen.

Gesetzentwurf

Der Gesetzentwurf erweitert den Anwendungsbereich der Regelung. So soll laut Entwurf die aufgeschobene Besteuerung auch möglich sein, wenn die Vermögensbeteiligung direkt von den Gesellschaftern oder von Unternehmen des gleichen Konzerns (im Sinne von § 18 AktG) gewährt wird.

Zudem soll künftig der doppelte Schwellenwert für KMU maßgeblich sein, wobei nicht klar geregelt ist, ob die KMU-Schwellenwerte nur für das Arbeitgeberunternehmen oder für den gesamten Konzern gelten müssen. Danach ist die aufgeschobene Besteuerung künftig anwendbar, wenn das Unternehmen weniger als 500 Personen beschäftigt, einen Jahresumsatz von höchstens 100 Mio. Euro oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 86 Mio. Euro erzielt. Darüber hinaus soll es ausreichen, wenn die Schwellenwerte im Zeitpunkt der Übertragung oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre (derzeit: im Zeitpunkt der Übertragung und im vorangegangenen Kalenderjahr) nicht überschritten werden.

Außerdem darf die Gründung nicht mehr als 20 Jahre (derzeit 12 Jahre) zurückliegen. Der geldwerte Vorteil soll künftig spätestens nach 20 Jahren (derzeit 12 Jahre) besteuert werden.

Pauschalbesteuerung

Darüber hinaus plant der Gesetzgeber, die Möglichkeit der pauschalen Besteuerung mit einem Steuersatz von 25 Prozent einzuführen. Steuerschuldner ist in diesem Fall der Arbeitgeber. Dieser kann jedoch mit seinen Beschäftigten vertraglich vereinbaren, dass sie die pauschale Lohnsteuer tragen.

Besteuerung erst beim Verkauf

Bei Besteuerung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. nach Ablauf von 12 bzw. 20 Jahren, fällt die Steuer an, obwohl keine entsprechenden Einnahmen zufließen („dry income“). Hier möchte der Gesetzgeber nun unter bestimmten Voraussetzungen Abhilfe schaffen. Wenn der Arbeitgeber unwiderruflich erklärt, dass er die Haftung für die Lohnsteuer übernimmt, soll der geldwerte Vorteil künftig erst beim Verkauf versteuert werden. In diesem Fall kann sich das Betriebsstättenfinanzamt unmittelbar an den Arbeitgeber wenden, wenn der Arbeitnehmer nicht in Anspruch genommen werden kann, etwa weil er ins Ausland umgezogen ist. Auch hier ist die Möglichkeit der pauschalen Versteuerung vorgesehen.

Sozialversicherung

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Gesetzesänderung potenziell zwar im Bereich der Lohnsteuer Abhilfe schafft, auf die Sozialabgaben jedoch keine Auswirkungen entfaltet. Dies bedeutet, dass Beiträge zur Sozialversicherung nicht erst beim Verkauf, sondern bereits bei der Übertragung der Vermögensbeteiligung anfallen würden. Dies gilt zumindest, soweit die Beitragsbemessungsgrenzen nicht bereits überschritten sind. § 19a EStG kann die „dry income“-Problematik daher nicht umfassend bereinigen. Es bleibt abzuwarten, ob im Sozialversicherungsrecht eine analoge Regelung geschaffen wird.

Ausblick und Handlungsempfehlung

Von den Neuerungen potenziell betroffene Unternehmen sollten sich rechtzeitig mit den (potenziellen) Auswirkungen der Gesetzesänderungen befassen und die weitere Entwicklung verfolgen. Dies gilt aus lohnsteuerlicher Sicht insbesondere für die Einführung eines Zusätzlichkeitserfordernisses für die Gewährung des Freibetrags. Im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens können sich noch wesentliche Änderungen der geplanten Neuerungen ergeben. Die Änderungen sollen ab dem 01.01.2024 gelten.

Kontaktpersonen: Gordon Rösch und Martin Neutzner