Die Europäische Kommission hat am 19.05.2022 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Sie vertritt die Auffassung, dass die steuerlichen Vorschriften zur Riester-Rente gegen EU-Recht verstoßen.
Riester-Förderung
Anspruch auf Riester-Förderung hat grundsätzlich jedes Pflichtmitglied der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, das einen zertifizierten Riester-Vertrag abgeschlossen hat. Begünstigt sind daher auch Grenzgängerinnen und Grenzgänger, die im Ausland wohnen, aber in Deutschland arbeiten und hier pflichtversichert sind.
Für Beiträge, die bis zum Beginn der Leistungsphase auf einen auf den eigenen Namen lautenden zertifizierten Altersvorsorgevertrag geleistet werden, wird eine Zulage oder bei der Veranlagung zur Einkommensteuer ein Abzug als Sonderausgabe gewährt.
Klassische Riester-Rente und Entsendung
Wer während der Entsendung in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert bleibt, kann weiterhin von der Riester-Förderung (Zulage/Sonderausgabenabzug) profitieren. Bei Entsendungen außerhalb der EU/des EWR bzw. der Schweiz mit Aufgabe des deutschen Wohnsitzes kann allerdings die Kinderzulage verloren gehen, wenn während der Entsendung kein Anspruch auf Kindergeld besteht.
Zu beachten ist weiterhin, dass der Sonderausgabenabzug nur bei unbeschränkter Steuerpflicht (Beibehaltung des deutschen Wohnsitzes) möglich ist, soweit Einkünfte vorhanden sind, die der deutschen Besteuerung unterliegen. Andernfalls ist nur die Förderung durch die Altersvorsorgezulage möglich.
Wohn-Riester und Entsendung
Wird die Selbstnutzung einer Immobilie aufgrund einer Entsendung vorübergehend aufgegeben, bleibt die Förderung erhalten, sofern die Selbstnutzung spätestens mit Vollendung des 67. Lebensjahres wieder aufgenommen wird. Dabei gilt, dass eine Vermietung der geförderten Immobilie während der Entsendung nur unschädlich ist, wenn der Mietvertrag schon zu Beginn befristet wurde.
EU-Kommission sieht Verstoß gegen Arbeitnehmerfreizügigkeit
In Deutschland ansässige Personen, die in einem anderen EU-Staat arbeiten – wie etwa Grenzpendler – sind in der Regel im Tätigkeitsstaat sozialversicherungspflichtig. Deshalb haben sie keinen Anspruch auf die Riester-Förderung. Darin sieht die EU-Kommission einen Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Sie hat Deutschland daher aufgefordert, die betreffenden steuerlichen Vorschriften zu ändern. Diese Aufforderung ist der erste Schritt des Vertragsverletzungsverfahrens. Deutschland hat nun zwei Monate Zeit, der Kommission zu antworten und die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
Im Rahmen einer klassischen Entsendung ins Ausland mit einer Dauer von höchstens 24 Monaten ist ein Verbleib in der deutschen Sozialversicherung in der Regel möglich. Sind die entsprechenden Voraussetzungen, etwa aufgrund der geplanten Dauer des Auslandseinsatzes, jedoch nicht erfüllt, gilt für die Beschäftigten das ausländische Sozialversicherungsrecht.