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Lohnsteuer bei nur zeitweiser Tätigkeit in Deutschland


Die geänderte Regelung zum Lohnzahlungszeitraum in den LStR 2023 hat in der Wirtschaft und in der Beraterbranche für Unmut gesorgt. Bei nur zeitweiser Tätigkeit in Deutschland soll danach die Tagestabelle statt der (günstigeren) Monatstabelle anzuwenden sein. Höhere Lohn- bzw. Einkommensteuer, mehr Verwaltungsaufwand und Unsicherheiten bei der praktischen Anwendung sind regelmäßig die Folge. Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben daher das Bundesministerium der Finanzen (BMF) gebeten, von der Regelung Abstand zu nehmen bzw. sie zu modifizieren. Dieser Wunsch ist auf taube Ohren gestoßen. Doch die Antwort des BMF schafft immerhin Klarheit darüber, wie laut Finanzverwaltung die beim Lohnsteuerabzug zu berücksichtigenden Tage zu ermitteln sind. 

Ich habe kein noch so kompliziertes Problem gesehen, das nicht noch komplizierter wird, wenn man es auf die richtige Weise betrachtet.

Folgen für die Praxis

Betroffene Sachverhalte

Die Tagestabelle ist bei den folgenden Sachverhalten anzuwenden:

  • Dienstreisen aus dem Ausland nach Deutschland von Beschäftigten einer ausländischen Betriebsstätte (zur Möglichkeit der pauschalen Versteuerung s. u.)
  • grenzüberschreitende Beschäftigungsverhältnisse, bei denen die Beschäftigten im Ausland wohnen und sowohl im Inland als auch im Ausland tätig sind (etwa Homeoffice oder Dienstreisen ins Ausland)
  • Entsendungen in einen oder aus einem DBA-Staat, deren Beginn oder Ende nicht auf den ersten oder letzten Tag des Monats fallen (im Transitmonat)
Höhere Lohnsteuer und mehr Verwaltungsaufwand

Während bisher häufig keine Lohnsteuer auf einzelne Arbeitstage in Deutschland einzubehalten war, ergibt sich nun regelmäßig ein abzuführender Betrag. Doch nicht nur die Lohnsteuer ist gestiegen, sondern auch der Zeitaufwand im Unternehmen.

Die Besteuerung der anteiligen Vergütung erfolgt grundsätzlich mit dem individuellen Steuersatz. Doch bei der ersten Fallgruppe (Beschäftigte einer ausländischen Betriebsstätte) kommt die pauschale Besteuerung mit 30 Prozent der Bemessungsgrundlage (zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) in Betracht, wenn die im Inland ausgeübte Tätigkeit 18 zusammenhängende Arbeitstage nicht überschreitet (§ 40a Abs. 7 EStG). Die Lohnsteuer ist bei beschränkter Steuerpflicht regelmäßig endgültig.

Unbeschränkt Steuerpflichtige

Für unbeschränkt Steuerpflichtige ergibt sich – abgesehen von der unterjährig geringeren Nettovergütung – letztlich kein steuerlicher Nachteil, wenn sie zur Einkommensteuer veranlagt werden. Da bei den betreffenden Sachverhalten normalerweise die nach DBA steuerfreien Einkünfte mehr als 410 Euro betragen, dürfte die Pflichtveranlagung hier der Regelfall sein (§ 25 Abs. 1 i. V m. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Bei der Veranlagung erfolgt dann ohnehin eine Jahresbetrachtung und die Lohnsteuer wird auf die Einkommensteuer angerechnet. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens führt also zu keinerlei zusätzlichen Einnahmen des Fiskus.

Beschränkt Steuerpflichtige

Bei beschränkter Steuerpflicht ist die Lohnsteuer (mit dem im Vergleich zur Berechnung mit der Monatstabelle höheren Betrag) dagegen in der Regel endgültig. Zwar kann der Arbeitgeber grundsätzlich einen Lohnsteuerjahresausgleich vornehmen, bei dem ebenfalls eine Jahresbetrachtung angestellt wird, doch hierzu gibt es eine Reihe von Ausnahmen. So etwa, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin im betreffenden Jahr ausländische Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat, die nach einem DBA von der Lohnsteuer freigestellt waren (§ 42b Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 1. Alternative EStG).

Eingabe der Spitzenverbände

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat gemeinsam mit den anderen Spitzenverbänden der Wirtschaft eine Eingabe an das Bundesministerium der Finanzen gerichtet. Ziel der Eingabe war, dass weiterhin die Monatstabelle maßgeblich sein sollte, wenn an den übrigen Tagen des Monats Arbeitslohn bezogen wurde, der nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegt (wie etwa nach DBA steuerfreier Arbeitslohn).


Hilfsweise baten die Verbände darum, bestimmte Fälle von der Regelung auszunehmen, in denen die monatliche Lohnsteuer ohnehin nicht endgültig ist (Lohnsteuerjahresausgleich bzw. Pflichtveranlagung).

Reaktion der Finanzverwaltung

Regelung zur Tagestabelle bleibt unverändert

Die Finanzverwaltung ist – wie zu befürchten war – auf die Vorschläge der Verbände nicht eingegangen. Sie hat allerdings erklärt, dass die folgende Regelung zur Hochrechnung der tatsächlichen Arbeitstage auf Steuertage in die LStR 2024 aufgenommen werden soll:

  • Berücksichtigung der Nichtarbeitstage im Verhältnis der Arbeitstage in Deutschland zu den Gesamtarbeitstagen
  • Berücksichtigung der Aufenthaltstage in Deutschland (Arbeitstage und Nichtarbeitstage). Der Arbeitnehmer hat dies glaubhaft zu machen.
Ermittlung der maßgeblichen Tage nach Variante 1 (Beispiel des BMF)

Ein Arbeitnehmer ist bei einem monatlichen Bruttoarbeitslohn von 10.000 Euro an insgesamt zwölf Tagen in einem Monat im Ausland sowie an acht Tagen in Deutschland tätig. Der Aufenthaltsort an Urlaubs‐, Krankheits‐ und Wochenendtagen wurde vom Arbeitgeber nicht ermittelt. Danach sind 6.000 Euro (12/20 des Arbeitslohns) in Deutschland steuerfrei und 4.000 Euro (8/20 des Arbeitslohns) in Deutschland steuerpflichtig.

Die Umrechnung des Arbeitslohns zur tageweisen Lohnsteuerberechnung ist nach dem Verhältnis der Arbeitstage in Deutschland zu den Gesamtarbeitstagen vorzunehmen (30 Kalendertage ÷ 20 Gesamtarbeitstage × 8 Arbeitstage in Deutschland = 12 Tage). Damit ist für einen Betrag von 333,33 Euro (= 4.000 Euro/12) die Tageslohnsteuer zu ermitteln und diese mit 12 zu multiplizieren.

Ermittlung der maßgeblichen Tage nach Variante 2 (Beispiel von EY)

Sachverhalt wie oben, doch die Arbeitnehmerin hat einen lückenlosen Reisekalender geführt. Danach war sie an acht Tagen in Deutschland anwesend, um dort zu arbeiten (An- und Abreise jeweils am ersten bzw. letzten Arbeitstag). An den übrigen Tagen hat sie sich im Ausland aufgehalten.

Bei der tageweisen Lohnsteuerberechnung sind acht Anwesenheitstage in Deutschland zu berücksichtigen. Damit ist für einen Betrag von 500,00 Euro (= 4.000 Euro/8) die Tageslohnsteuer zu ermitteln und diese mit 8 zu multiplizieren. Bei dieser Berechnungsmethode ist aufgrund der Progression die Steuer höher als bei der Berechnung nach der Variante 1. Paradoxerweise wird bei der Variante 2 die Steuer geringer, je mehr freie Tage die betreffenden Beschäftigten in Deutschland verbringen.

Fazit und Handlungsempfehlung

Es ist unseres Erachtens bedauerlich, dass sich das BMF nicht dazu durchringen konnte, für die Fälle, in denen dem Fiskus keinerlei Nachteil entsteht, von der Anwendung der Monatstabelle abzusehen. Erfreulich ist dagegen, dass nun geklärt ist, wie laut Finanzverwaltung die zu berücksichtigenden Tage ermittelt werden können. Das BMF hat sich nicht dazu geäußert, ob die Vorgehensweise für alle Beschäftigten einheitlich sein muss bzw. ob sie für die jeweilige Person im Kalenderjahr einheitlich zu sein hat.

Arbeitgeber sollten prüfen, ob ihre Handhabung mit der von der Finanzverwaltung vorgesehenen Vorgehensweise übereinstimmt. In der Praxis dürfte unseres Erachtens eher die erste Alternative zur Anwendung kommen. Andernfalls müssten die Beschäftigten ihrem Arbeitgeber zusätzlich mitteilen, wo sie sich an ihren freien Tagen (Wochenende, Urlaub, etc.) aufgehalten haben.

Die geänderte Auffassung der Finanzverwaltung ist allerdings nicht unumstritten. In den Fällen, in denen sich eine wesentliche steuerliche Auswirkung ergibt, empfiehlt es sich, die Einlegung eines Rechtsbehelfs in Erwägung zu ziehen.

Wenn das einschlägige DBA eine Geschäftsführerklausel enthält, ist für den betreffenden Personenkreis unseres Erachtens weiterhin die Monatstabelle maßgeblich, da sich in diesen Fällen die Zuordnung des Besteuerungsrechts für die Vergütung regelmäßig nicht nach den Arbeitstagen richtet. Arbeitgeber sollten klären, wer unter solch eine Regelung fällt, und sicherstellen, dass ggf. die Monatstabelle verwendet wird. Um Haftungsrisiken auszuschließen, ist jedoch die Einholung einer Lohnsteueranrufungsauskunft ratsam.