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Indien: Entsendung als steuerpflichtige Dienstleistung


Entsendungen nach Indien unterliegen der indischen Dienstleistungsteuer (inzwischen Mehrwertsteuer), wenn die entsendende Gesellschaft als Arbeitgeber anzusehen ist. Dies hat der indische Oberste Gerichtshof so entschieden. Aus dem Urteil ergeben sich voraussichtlich auch im Zusammenhang mit anderen Steuerarten zusätzliche Risiken. Unternehmen mit Entsendungen nach Indien sind gut beraten, die möglichen Folgen aus der aktuellen Rechtsprechung zu prüfen.

Gruppengesellschaften entsenden Beschäftigte

Im Streitfall haben ausländische Gruppengesellschaften mehrere Beschäftigte an die indische Gesellschaft entsendet. Die ausländischen Gesellschaften zahlten weiterhin Gehalt und Auslagenersatz an die Assignees und belasteten diese Kosten ohne Aufschlag an die indische Gesellschaft weiter. Mit der lokalen Gesellschaft wurde ein separater Arbeitsvertrag geschlossen, sie war gegenüber den entsendeten Beschäftigten weisungsbefugt und überwachte sie auch.

Fiskus verlangt Dienstleistungsteuer

Die indische Steuerbehörde machte geltend, dass es sich bei der Entsendung um eine Personalvermittlung oder Personalüberlassung handle und das indische Unternehmen daher auf diese Leistung Dienstleistungsteuer entrichten müsse.

Oberster Gerichtshof bestätigt Auffassung der Verwaltung

Der Oberste Gerichtshof urteilte, dass die ausländischen Unternehmen dem indischen Unternehmen Arbeitskräfte beschafft bzw. eine steuerpflichtige Dienstleistung erbracht hatten. Für die Entscheidung, ob eine Dienstleistung vorliegt, kommt es darauf an, welche Gesellschaft als Arbeitgeber anzusehen ist. Wenn das ausländische Unternehmen Arbeitgeber ist, unterliegt die Entsendung der Dienstleistungsteuer. Ist das indische Unternehmen Arbeitgeber, fällt dagegen keine Dienstleistungsteuer an.

Maßgebliche Kriterien

Für die Entscheidung des Gerichts waren die folgenden Faktoren maßgeblich:

  • Die Mitarbeiter wurden an das indische Unternehmen entsandt, damit sie die von den ausländischen Gesellschaften in Auftrag gegebenen Dienstleistungen erbringen konnten.
  • Das Beschäftigungsverhältnis mit den entsendenden Gesellschaften wurde fortgeführt und
    • diese haben weiterhin die Lohn- und Gehaltsabrechnung der Mitarbeiter übernommen, mit dem Ziel, den sozialversicherungsrechtlichen Status im Heimatland zu erhalten,
    • und die Mitarbeiter sollten nach der Entsendung zu den ausländischen Unternehmen zurückkehren.
  • Die Beschäftigungsbedingungen standen auch während der Entsendung im Einklang mit der globalen Policy, und die Vergütung wurde von den ausländischen Unternehmen in ausländischer Währung gezahlt.

Fazit

Die vorliegende Entscheidung ist zwar zur alten Gesetzeslage ergangen, dürfte jedoch dennoch für viele deutsche Stammhäuser, die Personal nach Indien entsenden, von Bedeutung sein. Denn die derzeit geltenden umsatzsteuerlichen Vorschriften zur Steuerbarkeit von Dienstleistungen ähneln weitgehend denen der bisherigen Dienstleistungsteuer.

Auch wenn das Urteil zu einer indirekten Steuer ergangen ist, wird es sich auch auf die Beurteilung von Entsendungen unter dem Gesichtspunkt direkter Steuern auswirken (Begründung einer Betriebsstätte, Steuerbarkeit von Beträgen, die dem indischen Unternehmen in Rechnung gestellt werden, etc.).

Handlungsempfehlung

Deutsche Unternehmen, die Personal nach Indien entsenden, sollten prüfen, ob bestehende oder künftige Einsätze Handlungsbedarf auslösen. Gegebenenfalls sind die Entsendeverträge anzupassen bzw. die durch eine eventuelle Dienstleistungsteuer (zuzüglich Zinsen und Strafzahlungen) anfallenden zusätzlichen Kosten zu berücksichtigen. Es empfiehlt sich, auch das Risiko, dass durch die Entsendung eine Betriebsstätte der deutschen Gesellschaft in Indien begründet wird, neu zu bewerten.