- 44 Prozent der 2023 neu ernannten Aufsichtsratsmitglieder von europäischen Finanzdienstleistungsunternehmen waren weiblich (Vj. 51 Prozent)
- 59 Prozent der im Jahr 2023 ernannten Aufsichtsratsmitglieder verfügen über Vorstandserfahrungen – jedoch nur 38 Prozent der neuen weiblichen AR-Mitglieder (Vj. 47 Prozent)
- Bei 31 Prozent der europäischen Finanzdienstleister liegt die Quote der weiblichen Aufsichtsräte immer noch unter der von der EU-Kommission aufgestellten Vorgabe von 40 Prozent. Nur in 29 Prozent der Unternehmen bekleiden Frauen die wichtigsten Positionen im Aufsichtsrat.
Die Zahl der neu ernannten weiblichen Aufsichtsräte bei den größten europäischen Finanzdienstleistungsunternehmen ist im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozentpunkte gesunken, so die Ergebnisse des gerade veröffentlichten EY European Financial Services Boardroom Monitor. Laut Studie waren im abgelaufenen Jahr 44 Prozent aller neu ernannten Aufsichtsräte Frauen, während es im Jahr 2022 noch 51 Prozent waren.
Bei 31 Prozent der börsennotierten Finanzdienstleister in Europa sind immer noch weniger als 40 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder weiblich. Damit liegen diese Firmen unter der von der Europäischen Kommission im Rahmen der „European Women on Boards“-Direktive aufgestellten Vorgabe, dass Frauen bis 2026 einen Anteil von 40 Prozent in Aufsichtsräten oder von 33 Prozent aller leitenden Funktionen eines Unternehmens besetzen müssen.
Der EY Boardroom Monitor untersucht Profil, Erfahrung, Ausbildung und Fähigkeiten von Aufsichtsratsmitgliedern der im MSCI European Financials Index notierten Unternehmen. Die Daten werden ergänzt durch ein Stimmungsbarometer unter 300 europäischen Finanzdienstleistungsinvestoren, von denen 82 Prozent angaben, dass die Geschlechtervielfalt im Aufsichtsrat einen signifikanten Einfluss auf ihre Investitionsentscheidung hat.
Vorstandserfahrung immer stärker gefragt
Vorstandsexpertise war das wichtigste Kriterium bei der Auswahl neuer Aufsichtsräte im Jahr 2023: 59 Prozent der im Laufe des vergangenen Jahres neu berufenen Mitglieder brachten aktuelle oder frühere Erfahrung in leitender Management-Funktion mit. Von den im abgelaufenen Jahr ernannten Aufsichtsratsmitgliedern mit Vorstandserfahrung waren jedoch nur 38 Prozent weiblich (verglichen mit 47 Prozent im Jahr 2022).
Die weiblichen Mitglieder der Aufsichtsräte der europäischen Finanzdienstleister haben vor ihrer aktuellen Tätigkeit seltener Vorstandserfahrung gesammelt oder eine Führungsposition im Vorstand bekleidet. Nur etwas mehr als die Hälfte (51 Prozent) der weiblichen Aufsichtsratsmitglieder haben vorher Erfahrung in einer Vorstandsposition gesammelt, wohingegen es bei den männlichen Aufsichtsratsmitgliedern 64 Prozent sind. Nur bei 29 Prozent der im EY Boardroom Monitor untersuchten Unternehmen bekleiden Frauen die Schlüsselpositionen im Aufsichtsrat.
Ralf Eckert, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY, kommentiert: „Es ist eine komplexe und langfristige Herausforderung, einen Aufsichtsrat zu bilden, der diverse Hintergründe mitbringt und die nötige Expertise besitzt, um große Finanzunternehmen in der aktuellen volatilen Umgebung zu steuern. Der verstärkte Fokus auf Vorstandserfahrung bei der Ernennung neuer Aufsichtsräte sollte dabei aber nicht auf Kosten einer ausgewogenen Geschlechterrepräsentation in den Aufsichtsräten gehen bzw. verhindern, dass weitere Fähigkeiten berücksichtigt werden. Denn es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Diversität in Aufsichtsräten ein Katalysator für überdurchschnittliche Leistungen ist.“
„Ein umfangreicher Pool an geeigneten Kandidaten und eine entsprechende Förderung von Nachwuchstalenten sind unabdingbare Voraussetzungen für mehr weibliche Aufsichtsratsmitglieder mit Vorstandserfahrung. Positiv ist, dass die Vorgaben der EU für mehr Diversität dazu beitragen, dass Unternehmen stärker in die Förderung weiblicher Talente investieren – und zwar nicht nur in Führungspositionen, sondern auf allen Ebenen. Jedoch sollte die EU-Vorgabe von einem Anteil von 40 Prozent weiblicher Aufsichtsratsmitglieder eher als Ausgangsbasis und nicht als finales Ziel betrachtet werden.“
Breitere Kompetenzen
Der EY Boardroom Monitor zeigt, dass 14 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder europäischer Finanzdienstleistungsunternehmen 2023 ihre Positionen verlassen haben, während die Neuernennungen mit 11 Prozent hinter den Abgängen zurückbleiben.
Finanzdienstleistungsunternehmen haben Neuberufungen auch genutzt, um politische, technologische und Erfahrungen im Bereich Nachhaltigkeit stärker zu berücksichtigen. Von den im Jahr 2023 ernannten Aufsichtsratsmitgliedern bringen 36 Prozent politische Erfahrung mit (gegenüber 41 Prozent im Jahr 2022), 27 Prozent haben berufliche Erfahrung in der Technologiebranche (gegenüber 22 Prozent im Jahr 2022) und 22 Prozent haben Expertise im Bereich Nachhaltigkeit bzw. ESG (gegenüber 23 Prozent in 2022).
Zudem haben neu berufene Aufsichtsräte mehr Erfahrung und Kompetenz in diesen Feldern als bestehende Aufsichtsratsmitglieder. Von der Gesamtzahl aller Aufsichtsratsmitglieder haben 15 Prozent Expertise in Nachhaltigkeit, 18 Prozent in technologischen Themen und 33 Prozent im Bereich Politik.
Ralf Eckert kommentiert: „Angesichts der Dynamik der geopolitischen Entwicklungen und der immer komplexer werdenden Anforderungen an Unternehmen hat es für Finanzdienstleistungsunternehmen in ganz Europa Priorität, dass ihre Aufsichtsratsmitglieder neue Skillsets und breite Vorerfahrung mitbringen. Der Bedarf für Expertise in Feldern wie AI oder Nachhaltigkeit wird weiter zunehmen. Das heißt aber nicht im Umkehrschluss, dass bisherige Eigenschaften eines Aufsichtsratsmitglieds nicht mehr nachgefragt werden. Es ist ein Balanceakt, einen Aufsichtsrat aufzustellen, der breit aufgestellt ist, aber auch Tiefe und Erfahrung hat, um auf alte und neue Marktprobleme zu reagieren."
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