- Konsumenten unzufrieden mit eigener finanzieller Situation, Stimmung so schlecht wie im Krisenjahr 2008
- 9 von 10 Befragten halten ihren Arbeitsplatz trotz Krisen für sicher
- Unzufriedenheit mit der Entwicklung des Lebensstandards überwiegt erstmals seit 2009
Selten bewerteten die Menschen in Deutschland ihre aktuelle Finanzlage negativer als aktuell. Fast jeder vierte Befragte (23 Prozent) sagt, dass seine wirtschaftliche Situation nicht gut ist – 2020 waren es gerade einmal sieben Prozent. Gleichzeitung sank der Anteil der Bürgerinnen und Bürger, die ihre finanzielle Lage als gut bezeichnen, von 34 auf 25 Prozent. Nur 2008, als Wirtschaft und Konsumenten unter den Folgen der damaligen Finanzkrise litten, war der Wert geringer (24 Prozent). Deutliche Unterschiede zeigen sich bei den Geschlechtern: So bewerten Männer (29 Prozent) ihre wirtschaftliche Lage deutlich positiver als Frauen (21 Prozent).
Besserung ist aus Sicht der Befragten nicht in Sicht: Auch für ihre finanzielle Zukunft sehen immer mehr Menschen in Deutschland schwarz. 41 Prozent der Befragten glauben, dass sich ihre finanzielle Situation in diesem Jahr verschlechtern wird. Nie waren es mehr Befragte, die dies so einschätzten. 2021 lag der Wert noch bei 23 Prozent, 2020 gar bei 11 Prozent. Der Anteil derjenigen, die mit einer Verbesserung ihrer Finanzlage rechnen, sinkt gleichzeitig von 24 auf 14 Prozent – auch das ein Rekordtief.
Im Generationenvergleich erweisen sich die 56- bis 65-Jährigen als besonders pessimistisch: In dieser Altersgruppe glaubt nicht einmal jeder Zehnte (8 Prozent), dass sich die eigene Finanzlage 2023 verbessern wird – mehr als die Hälfte (52 Prozent) rechnet mit einer Verschlechterung.
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Um den eigenen Job müssen sich die Menschen in Deutschland kaum sorgen. Fast neun von zehn Befragten (85 Prozent) halten ihre Stelle für sicher. Diese Sicherheit überwiegt in allen Altersklassen und Einkommensschichten. Wenig überraschend ist die Unsicherheit bei den Befragten mit einem Nettoverdienst von weniger als 25.000 Euro am höchsten.
Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Basis der Studie ist eine repräsentative Umfrage unter mehr als 1.000 Verbrauchern in Deutschland.
Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY: „Inflation und die damit steigenden Lebenshaltungskosten belasten die Menschen derzeit enorm. Und die Vielzahl an Krisen, die sich gegenseitig zu verstärken scheinen, raubt den Menschen den Optimismus. Das ist nachvollziehbar, trübt aber auch den Blick. Denn es ist wichtig festzustellen: So schlecht, wie sich die aktuelle Lage für viele anfühlt, ist sie insgesamt nicht. So schlägt sich die Wirtschaft derzeit erstaunlich gut. Die Auftragslage zahlreicher Betriebe ist trotz gesteigerter Unsicherheiten gut, was sich wiederum positiv für die Mitarbeitenden auswirkt: Einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit muss man derzeit nicht fürchten. Und zahlreiche Maßnahmen der Politik zielen zusätzlich darauf ab, die Belastung der Bürgerinnen und Bürger so niedrig wie möglich zu halten.“
Dennoch fällt es vielen Menschen in Deutschland aktuell schwer, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Der Anteil derjenigen Befragten, die pessimistisch in die Zukunft sehen, überwiegt: 56 Prozent sagen dies. Gleichzeitig sinkt der Anteil der Optimisten von 66 Prozent im Vorjahr auf aktuell 44 Prozent.
Geht es um die wirtschaftliche Entwicklung des Landes, ergibt sich ein ähnliches Bild. Knapp zwei Drittel (65 Prozent) der Menschen in Deutschland gehen von einer Verschlechterung der Wirtschaftslage hierzulande aus. Damit ist die Stimmung noch schlechter als im Krisenjahr 2008 – damals sagten 61 Prozent, dass sich die wirtschaftliche Situation in Deutschland verschlechtern wird. Aktuell geht nicht einmal einer von zehn Befragten (9 Prozent) davon aus, dass sich die Lage verbessern wird. Vor einem Jahr war es noch jeder Vierte (25 Prozent).
Ahlers: „Die aktuellen Krisen zwingen uns, an vielen Stellen bisherige Strategien, Lösungsansätze und Geschäftsmodelle grundsätzlich in Frage zu stellen und zu überdenken. In derartigen Umbruchzeiten ist es nicht verwunderlich, dass viele Menschen verzagen. Aber es gibt auch Grund, zuversichtlich zu sein. In Deutschland ging schon Anfang der 2000er Jahre die Sorge vor einer Abwanderung der Industrie und steigender Arbeitslosigkeit um. Die Antwort der Politik bestand unter anderem aus den Hartz-Reformen, die Unternehmen verstärkten zudem ihre Effizienzbemühungen und setzten auf Innovation. Das Ergebnis: Heute liegt die Beschäftigung in Deutschland so hoch wie nie zuvor, in einigen Regionen herrscht annähernd Vollbeschäftigung.“
Mehr Menschen berichten von sinkendem Lebensstandard
Erstmals seit 2009 haben mehr Menschen das Gefühl, dass sich ihr Lebensstandard in den vergangenen zehn Jahren verschlechtert hat (38 Prozent) als umgekehrt sagen, dass er sich verbessert hat (35 Prozent). Auffällig: Mit steigendem Alter sinkt der Anteil der Befragten, die die Entwicklung ihres Lebensstandards positiv bewerten. Bei den Befragten, die 35 Jahre oder jünger sind, sagt noch fast die Hälfte (46 Prozent), dass sich ihr Lebensstandard verbessert hat. Bei den über 65-Jährigen liegt der Anteil nur bei 21 Prozent.
Der Gürtel muss enger geschnallt werden, die Deutschen müssen sparen – und bei diesen Produkten setzen sie den Rotstift an: Auf größere Anschaffungen wie Auto, Sofa oder Küche wird mehr als die Hälfte der Befragten (59 Prozent) häufiger verzichten. Ähnlich viele Befragte (55 Prozent) planen, die Ausgaben bei Unterhaltungselektronik wie Computer, Fernseher und Smartphone herunterzufahren. Für Renovierungen oder Umbauten im Haus sowie Restaurantbesuche wird fast die Hälfte der Konsumenten weniger Geld ausgeben (jeweils 49 Prozent). Einzig bei den Lebensmitteln gehen mehr Deutsche von höheren Ausgaben aus als umgekehrt sparen wollen oder können.
Vor allem steigende Energiepreise bereiten Sorgen
Sorgen bereiten den Menschen hierzulande vor allem steigende Energiepreise (93 Prozent), steigende Lebenshaltungskosten (91 Prozent) und Kriege im Ausland (90 Prozent). Nur die Sorge um die zunehmende Umweltverschmutzung nahm bei den Befragten vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen ab, wiegt mit 79 Prozent aber noch immer schwer.
Ahlers: „Wir dürfen durch die aktuell dringlichen, weil konkreter scheinenden, Probleme nicht aus den Augen verlieren, dass wir uns in einem nie dagewesenen Transformationsprozess befinden – wirtschaftlich und gesellschaftlich. Vor allem Unternehmen drohen sonst, den Anschluss zu verlieren, wenn sie dringend notwendige Nachhaltigkeitsinvestitionen auf die lange Bank schieben. Denn der Kurs ist klar: Europa soll bis 2050 klimaneutral sein. Einen großen Anteil daran soll und wird die Dekarbonisierung, also die Reduktion von Treibhausgasemissionen, haben.“
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