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Unternehmensverkäufe: Warum einen Teil des Kaufpreises verschenken?

Bei Unternehmensverkäufen sollte die ganzheitliche Wertoptimierung im Vordergrund stehen – auch nach dem Verkaufsprozess.


Überblick

  • Wertsteigerungen bei Unternehmensverkäufen sind möglich – sowohl für die zu verkaufenden als auch für die verbleibenden Unternehmensteile.
  • Potenziale zur Wertoptimierung sollten frühzeitig erkannt und in die strategische Planung integriert werden.

Der Verkauf von Unternehmensteilen bietet die Möglichkeit, den Fokus eines Unternehmens neu zu setzen und langfristig den Unternehmenswert zu steigern. Gleichzeitig sind Verkäufe von Unternehmensteilen meist Projekte mit hohem Ressourcen- und Zeitbedarf. Studien zeigen, dass dabei Wertsteigerungspotenziale sowohl für den zu verkaufenden Unternehmensteil als auch für die verbleibenden Unternehmensteile oft ungenutzt bleiben:

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Klimawandel, geopolitische Konflikte, Energiekrise und Trends wie der demografische Wandel beschleunigen die Transformation von Unternehmen und machen es erforderlich, alle Wertpotenziale zu heben. Werden im Zuge von Transaktionen wertsteigernde Maßnahmen nicht durch den Verkäufer genutzt oder angestoßen, sind es die neuen Eigentümer, oft Private-Equity-Firmen, die von nicht ausgeschöpften Potenzialen profitieren. Der Fokus neuer Eigentümer liegt entsprechend verstärkt auf der Steigerung des Unternehmenswertes durch das Erstellen und Implementieren ganzheitlicher Wertsteigerungskonzepte. Eine strukturierte Analyse aller Potenziale zur Wertsteigerung sollte daher fester Bestandteil eines jeden Verkaufsprojekts sein. Verkäufer, die diese günstigen Gelegenheiten nutzen, haben eine deutlich höhere Chance, aus ihren Transformationen als Gewinner herauszugehen.

Im Rahmen eines M&A-Prozesses (Mergers & Acquisitions) können Wertsteigerungspotenziale aus Verkäufersicht in fünf verschiedene Kategorien unterteilt werden:

Für den zu verkaufenden Unternehmensteil:

  • kurzfristige wertsteigernde Maßnahmen, die bereits vor dem Verkaufsprozess umgesetzt werden
  • wertoptimierte Verkaufsstrukturierung und Darstellung eines angepassten Betriebsmodells (Target Operating Model)
  • langfristige Wertsteigerungskonzepte, die vom Verkäufer ausgearbeitet und geplant werden

Für die verbleibenden Unternehmensteile:

  • Abbau von Remanenzkosten
  • Neuausrichtung und Optimierung

Alle Kategorien sollten im Rahmen eines Verkaufs frühzeitig betrachtet und mögliche Maßnahmen hinsichtlich Wertsteigerungspotenzial und Implementierungsaufwand bewertet werden.

Wertsteigerung für den zu verkaufenden Unternehmensteil

Die Identifikation der kurz- und langfristigen Wertsteigerungspotenziale für den Verkauf erfolgt in der Regel durch eine strukturierte Analyse entlang der Wertschöpfungskette des Unternehmens. Dabei werden interne und externe Benchmarks sowie Erfahrungswerte und Expertenmeinungen mit einbezogen. Bei der Analyse wird die Perspektive möglicher Käufer – insbesondere von Private-Equity-Investoren – eingenommen.

 

Transaktionsbezogene Wertsteigerungspotenziale lassen sich im Rahmen einer optimalen Definition der Verkaufsparameter beispielsweise in Bezug auf übergehende Mitarbeiter oder Standorte definieren. Außerdem kommt der Darstellung eines optimierten Unternehmensaufbaus für den separierten Unternehmensteil – auch „Target Operating Model“ genannt – eine besondere Bedeutung zu.

 

Bei der Bewertung der Wertsteigerungsmaßnahmen ist neben der Abwägung von Kosten und Nutzen aus Verkäufersicht auch die Perspektive des Käufers beziehungsweise der Bieter im M&A-Prozess zu berücksichtigen. Die Darstellung der Wertsteigerungseffekte und -potenziale im Rahmen der Verkaufsdokumente – insbesondere in den Carve-out Financials – ist entscheidend. Je nach Härtegrad des finanziellen Effektes werden die Wertsteigerungsmaßnahmen unterschiedlich in den Carve-out Financials berücksichtigt. Bereits implementierte Maßnahmen mit ersten Auswirkungen in den aktuellen Zahlen haben dabei zum Beispiel einen deutlich höheren Härtegrad als Konzepte, deren Umsetzung nur angestoßen wurde oder die den Ideenstatus noch nicht verlassen haben.

 

Wesentliche Erfolgsfaktoren für die Realisierung der Effekte im Verkaufspreis sind eine enge Abstimmung zwischen M&A- und operativ Verantwortlichen, eine konsistente und nachhaltige Equity Story und nicht zuletzt die Wettbewerbssituation im M&A-Bieterprozess. Kommt alles zusammen, kann der Verkäufer nicht nur die direkten Kosteneinsparungen oder Ertragssteigerungen erzielen, sondern je nach Branche und Marktsituation auch einen mit dem Multiplikator bewerteten höheren Verkaufserlös.

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Wertsteigerung für die verbleibenden Unternehmensteile

Neben dem Verkaufsprozess ist die Neuausrichtung des Unternehmens auf die verbleibenden Unternehmensteile die zweite große Stellschraube im Rahmen einer wertfokussierten Transaktion. Typischerweise führt der Verkauf eines Unternehmensteils zu Remanenzkosten nach der Transaktion, insbesondere im Bereich der Zentralfunktionen. Gleichzeitig bietet die Transaktion aber auch die Möglichkeit einer Umstrukturierung oder Anpassung dieser Bereiche. Beides wird oft erst zu einem späteren Zeitpunkt im Verkaufsprozess berücksichtigt. Studien zeigen, dass Unternehmen im Schnitt drei Jahre benötigen, um Remanenzkosten abzubauen.

Remanenzkosten nach der Transaktion
Jahre benötigen Unternehmen durchschnittlich, um Remanenzkosten abzubauen.

Erfolgsfaktoren für den zeitnahen Abbau von Remanenzkosten sind die vollständige Identifikation, Transparenz, eine frühe Berücksichtigung und eine enge Begleitung der Abbaumaßnahmen. Für eine darüber hinausgehende Neuausrichtung oder Optimierung des Unternehmens bietet sich der Ansatzpunkt einer entlang der Wertschöpfungskette durchgeführten Analyse an. Für beide Themen – Abbau von Remanenzkosten und weiter gehende Optimierung – ist ein frühzeitiger Start, noch während der laufenden Transaktion, entscheidend. Nur so kann das Momentum der Transaktion genutzt werden.

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Ganzheitlicher Ansatz fördert Wertoptimierung

Für den Erfolg einer wertorientierten Transaktion ist es erforderlich, alle strategischen und operativen Anforderungen aus Transaktion und Wertoptimierung  zu berücksichtigen und sinnvoll zu verknüpfen. Externe Expertise in Form eines integrativen Teams aus Transaktions- und Value-Creation-Fachleuten kann dabei helfen, einen ganzheitlichen Ansatz für Wertsteigerung im Rahmen von Unternehmensverkäufen zu verfolgen.

Co-Autor: Lucas Nigbur

Fazit

Im Rahmen eines M&A-Prozesses tun sich zahlreiche Wertsteigerungspotenziale auf – sowohl für den zu verkaufenden als auch für den bleibenden Unternehmensteil. Wichtig ist es, diese Potenziale frühzeitig zu betrachten und strategisch einzuschätzen. Wenn Unternehmen einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, sind Wertsteigerungen für alle Beteiligten möglich.

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