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SPAC Readiness: Warum Fitness für den Sprint an die Börse wichtig ist

Für operative Unternehmen erfordert der Zusammenschluss mit einem SPAC Börsenfitness in mehreren Bereichen.


Überblick

  • Der Zusammenschluss mit einem SPAC ist aus der Sicht des operativ tätigen Unternehmens ein komplexer Prozess.
  • Ein guter Startpunkt für das SPAC-Projektteam ist ein frühzeitiges und holistisches SPAC bzw. IPO Readiness Assessment.

Die SPAC-Uhr tickt für derzeit rund 430 börsennotierte Mantelgesellschaften, die auf der Suche nach operativen Unternehmen sind. Ausgestattet mit 138 Mrd. US-Dollar haben sie i. d. R insgesamt 24 Monate Zeit, entsprechende Targets zu finden und mit diesen zu fusionieren. Rund 30 Prozent sind dabei frei in ihrer Akquisitionsstrategie bezogen auf den Sektor. Top-Sektoren für andere sind Technologie und Healthcare. Rund 80 Prozent sind auch frei im Hinblick auf die anvisierte Region des Targets. So ist insbesondere Europa als Region mit attraktiven Sektoren und Unternehmen gerade in Bezug auf Technologie in den Fokus US-gelisteter SPACs gerückt.

Mit Highspeed an die Börse durch die Hintertür

Derzeit sind 134 SPACs bereits in fortgeschrittenen Verhandlungen und Fusionsprozessen mit Zielgesellschaften. Auch für europäische operative Unternehmen, die einen Börsengang in Erwägung ziehen, kann der Zusammenschluss mit einem bereits börsennotierten SPAC eine strategische Alternative zum klassischen IPO sein. Dies erfordert in beiden Fällen Börsenfitness oder kurz IPO bzw. SPAC Readiness. Während Unternehmen beim klassischen Börsengang für die Vorbereitung eine Vorlaufzeit von bis zu zwei Jahren wählen, ist die Vorbereitungszeit bei einem Zusammenschluss – kurz De-SPAC-Prozess – mit rund sechs Monaten deutlich kürzer. Für diejenigen Targets, die sich bisher nicht auf einen Gang an die Börse vorbereitet haben, ist dies oft ein Kraftakt, der ohne die Unterstützung fachkundiger Experten nur schwer zu meistern ist.

SPAC-Börsenplatz setzt Anforderungen für Börsenfitness

Zudem determiniert die Börsennotiz des SPAC die zukünftigen Kapitalmarktanforderungen an das europäische Target. So sind mehr als 98 Prozent der SPACs US-börsennotiert und unterliegen den laufenden Anforderungen der SEC im Being Public. 2021 wurden bisher zwölf SPACs an europäischen Börsenplätzen in Amsterdam, Frankfurt, London und Stockholm gelistet und unterliegen den Anforderungen des EU-Kapitalmarkts. Im De-SPAC-Prozess sind implizit die Anforderungen des Börsenplatzes auch durch das europäische Target zu erfüllen. Und nach erfolgter Fusion mit dem SPAC ist das Target in eine neue Gesellschaft aufgegangen. Konsequenz ist, dass damit sofort alle Anforderungen auch durch die operative Einheit zu erfüllen sind. Dabei bringt das SPAC als Mantelgesellschaft i. d. R. keine substanzielle Infrastruktur in den Corporate Services mit in die Ehe ein, auf der man zur Erfüllung des strengen Kapitalmarkt-Reportings aufbauen kann.

Kapitalmarktdebut mit neuem Fusionsvehikel

Teil der guten Vorbereitung ist auch die Analyse des geeigneten Fusionsvehikels, in dem das SPAC und das Target schließlich aufgehen. Hier spielen u. a. steuerliche Aspekte auf beiden Seiten eine wichtige Rolle. Die Art, wie man steuer- und gesellschaftsrechtlich zusammenkommt, das geeignete, i. d. R. europäische Sitzland sowie die Implikationen in Bezug auf zukünftige Reporting-Anforderungen sind dabei Gegenstand der Evaluierung. Häufig gibt es hier keine einheitliche Lösung und Antwort. Kriterien wie Eigentümerstrukturen, die Corporate-Governance-Situation, der Ort der Vermögensgegenstände, die Größe des Targets, die Höhe des zukünftigen Streubesitzes und die Marktkapitalisierung sind dabei von Bedeutung. Sie bestimmen bei US-notierten SPACs die Einordnung des Emittentenstatus (Emerging Growth Company und Foreign oder Domestic Issuer) und haben direkten Einfluss auf die fortlaufenden Kapitalmarktanforderungen. Die Interdependenz der Faktoren und die Komplexität erfordern hier eine genaue interdisziplinäre Analyse durch Experten. Für den Zusammenschluss mit einem EU-gelisteten SPAC gelten entsprechend die Regularien des europäischen Börsenplatzes.

 

 

Auf dem Weg an die Börse über einen SPAC-Merger, ein Direct Listing oder den klassischen Börsengang, unterstützen eine Evaluation der Optionen und frühzeitige Vorbereitung. Ein guter Start für den Sprint an die Börse ist ein ganzheitliches Readiness Assessment.

 

 

Finanzfunktion im Fokus 

 

Zur Vorbereitung der Finanzfunktion ist zunächst eine Evaluierung der Anforderungen auf der Basis der vorgenannten Aspekte rund um den genauen Status des geplanten Fusionsvehikels und des Börsenplatzes der erste Schritt. Für viele Targets ist ein Wechsel auf einen internationalen Rechnungslegungsstandard wie IFRS oder US-GAAP eine der Anforderungen – US-GAAP insbesondere dann, wenn die Domestic-Issuer-Kriterien bereits erfüllt sind oder potenziell in naher Zukunft erfüllt sein werden. Ist das SPAC SEC-registriert, müssen zudem die notwendigen Abschlüsse nach dem amerikanischen PCAOB-Prüfstandard (Public Company Accounting Oversight Board) vorbereitet und geprüft werden. Auch das Erstellen notwendiger Jahres- und Interims-, ggf. auch Pro-Forma-Abschlüsse steht auf der Agenda, insbesondere für die erforderlichen Filings, z. B. F-4 oder S-4 bei der SEC im De-SPAC-Prozess. Weitere Themen sind häufig die Prüfung und ggf. die Etablierung eines Segment-Reportings. Nach der Börsennotiz ist die Schnelligkeit der Abschlusserstellung zur Erfüllung der Finanz-Disclosure-Fristen entscheidend. Zudem erfordern Kapitalmärkte die Digitalisierung der Berichtsformate – in den USA in XBRL (Extensible Business Reporting Language) für das EDGAR-System (Electronic Data Gathering, Analysis, and Retrieval) und in der EU als ESEF (European Single Electronic Format).

 

Kondition auch für die Zeit danach erforderlich

 

Zudem gilt es, in kurzer Zeit die Investor-Relations-Funktion aufzubauen, die als zentrale Schnittstelle zum Kapitalmarkt auch weitere Disclosures, etwa Ad-hoc-Disclosures, verantwortet und intern die vorgelagerten Prozesse mit allen zuliefernden Abteilungen organisiert. Weiterhin stehen oft die Etablierung und die Verbesserung des internen Kontroll-, Compliance- und Risikomanagementsystems auf der Liste der Readiness-Arbeitspakete. Insbesondere bei einem Listing in den USA sind Fristen und Inhalte des Sarbanes-Oxley Act auf der Basis des jeweiligen Status des Fusionsvehikels einzuhalten und dies entsprechend vorzubereiten. Dabei sind auch das Alter des SPAC und seine Disclosure-Historie mit zu berücksichtigen. Zur Incentivierung der ggf. neu zusammengesetzten Geschäftsleitung werden marktgerechte Options- oder Aktienprogramme geschaffen und die Corporate-Governance-Organe und ­Prozesse anhand landes- oder börsenspezifischer Standards etabliert.

 

Co-Autor: Ulrich Boelcke, Partner, EY

Fazit

Der Zusammenschluss mit einem SPAC ist aus der Sicht des operativ tätigen Unternehmens ein komplexer Prozess. In sehr kurzer Zeit gilt es, die Anforderungen an die Transaktion zu erfüllen und sich insbesondere für die Zeit nach dem Börsengang für die zusätzlichen laufenden Reportingpflichten aufzustellen. Entscheidend für den Erfolg sind dabei das richtige Team von internen Personen aus verschiedenen Abteilungen und die Unterstützung durch externe und erfahrene Experten relevanter Disziplinen. Ein guter Startpunkt für das SPAC-Projektteam ist ein frühzeitiges und holistisches SPAC bzw. IPO Readiness Assessment, das transparent die Anforderungen definiert, Fitness-Lücken schnell identifiziert und eine Roadmap mit relevanten Arbeitspaketen bis zum Listing definiert und priorisiert. So kann auch bei einem ambitionierten De-SPAC-Zeitrahmen der Gang an die Börse besser gelingen.

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