Das MVZ bietet Ärzten im ambulanten Bereich die Möglichkeit, ein Angestelltenverhältnis anstelle einer Selbstständigkeit einzugehen und folglich die wirtschaftlichen Risiken, die beispielsweise mit einer eigenen Praxisgründung verbunden wären, auf das Unternehmen zu übertragen. Darüber hinaus bietet die Anstellung beispielsweise durch flexible Arbeitszeitmodelle Vorteile gegenüber dem Anstellungsverhältnis im stationären Bereich, wo Bereitschafts- und Rufdienste sowie nicht selten unvorhersehbare Arbeitseinsätze für viele Beschäftigte herausfordernde Arbeitsbedingungen sind. Sollte allerdings bewusst die Tätigkeit im stationären Sektor fokussiert werden, sind sektorübergreifende Anstellungen der Ärzte im ambulanten und stationären Bereich ebenso möglich und fördern die Zusammenarbeit beziehungsweise den Wissenstransfer zwischen Krankenhaus- und MZV-Betrieb im Rahmen einer ganzheitlichen Versorgung.
Zudem unterliegt die Tätigkeit der Ärzte im MVZ der Bedarfsplanung. In einem MVZ können Ärzte nur dann tätig werden, wenn für das Fachgebiet im jeweiligen Planungsbereich keine Zulassungsbeschränkung besteht oder wenn Ärzte im Planungsbereich bereits zugelassen sind. Es empfiehlt sich also, frühzeitig die Zulassungsmöglichkeiten der relevanten Fachgruppen anhand der aktuellen Bedarfsplanung zu prüfen und dafür die Niederlassungsberatung der kassenärztlichen Vereinigungen in Anspruch zu nehmen, die allen Ärzten zur Verfügung steht.
Neben dem ärztlichen Dienst sind auch die weiteren medizinischen und nichtmedizinischen Dienstarten in Abhängigkeit von der Leistungs- und Finanzplanung zu berücksichtigen (und nicht weniger vom Fachkräftemangel betroffen). Insbesondere hängt die Personalplanung insgesamt auch dicht mit der räumlichen Planung und der intendierten Prozessstruktur zusammen. Effiziente Personalkonzepte lassen sich also zumeist nur mit passender Prozess- und Raumstruktur umsetzen.
Risikoanalyse
Die erfolgreiche Unternehmensplanung sollte darüber hinaus durch eine permanente Risikoanalyse begleitet werden, um das Gesamtvorhaben zu bewerten und eine solide Basis für fundierte strategische und operative Entscheidungen zu schaffen. Die Identifikation und Berücksichtigung sowohl interner als auch externer wirtschaftlicher und leistungsbezogener Risikopotenziale führt zu einer realistischen, soliden Ausgangssituation und ist für die Konkretisierung weiterer Planungsmaßnahmen nicht nur hilfreich, sondern auch erforderlich. Risiken sollten laufend kontrolliert und hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkung eingestuft werden. In einem Reporting lassen sich Kennzahlen übersichtlich darstellen, darunter etwa erlösrelevante Fallzahlen, Erlöse der verschiedenen Kategorien oder Vergleiche mit Arztgruppen.
Um Rückschlüsse auf mögliche Auswirkungen ziehen zu können, eignet sich die Darstellung mithilfe einer Risikomatrix oder einer SWOT-Analyse. Risiken können dadurch übersichtlich dargestellt und ins Verhältnis gesetzt werden, sodass Eintrittswahrscheinlichkeit und Schweregrad bewertet werden können.
Im Rahmen des Qualitätsmanagements sollte die Risikoanalyse auch während der späteren Geschäftstätigkeit fortlaufend weitergeführt werden: Durch die frühzeitige Einführung und Etablierung eines durchgängigen Qualitätsmanagements können Risikopotenziale kontinuierlich analysiert, bewertet und minimiert werden. Dieses „Frühwarnsystem“ hilft dem Management, Risiken frühzeitig zu identifizieren und notwendige (gegensteuernde) Maßnahmen einzuleiten.
Die Gründung
Ist die Planung des MVZ abgeschlossen, geht es in die dritte Phase des EY-4-Phasen-Modells, die Gründungsphase. In dieser Phase liegt der Fokus auf der Entscheidungsfindung bezüglich einer Rechtsform und der Kooperation mit und der Zulassung durch die KV.
Vertragsabschluss/KV-Kooperation und Zulassung
In der Gründungsphase müssen die Rechtsform und Eigentumsverhältnisse endgültig festgelegt werden. Für ein MVZ ist die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nur mit der Zulassung durch den örtlich zuständigen Zulassungsausschuss möglich.
Da die Bedarfsplanung in der vertragsärztlichen Versorgung kaum frei verfügbare KV-Sitze bietet, wird empfohlen, die KV von Anfang an in den Gründungsprozess einzubeziehen und sich mit der Bedarfsplanung im geplanten Versorgungsgebiet auseinanderzusetzen. In der Regel ist es notwendig, eine bestehende Praxis zu übernehmen. Hilfreich können hier Börsen zum Praxiskauf sein, die Angebot und Nachfrage zusammenbringen. Neben der Übertragung der Zulassung wird dabei meist auch materielles und immaterielles Praxisvermögen übertragen.
Wird eine Neugründung vorgenommen, muss eine Rechtsform festgelegt werden. Mögliche Rechtsformen sind Personengesellschaften wie Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) oder Partnerschaftsgesellschaften (PartG und PartG mbB), eingetragene Genossenschaften (eG), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie eingeschränkt öffentlich-rechtliche Rechtsformen bei Kommunalunternehmen. In den letzten Jahren haben sich insbesondere die Rechtsformen GbR, GmbH und gemeinnützige GmbH (gGmbH) als beliebt erwiesen. Bei MVZ, die von Krankenhäusern getragen werden, ist die GmbH die bevorzugte Wahl.
Aufbau der Geschäftstätigkeit
Nach Vollzug des Vertragsabschlusses gilt es, die Geschäftstätigkeit operativ durch Aufbau und Einrichtung der erforderlichen Infrastruktur (beispielsweise baulich, materiell, personell, technisch) vorzunehmen. Die Infrastruktur des Krankenhauses als Träger des MVZ sollte hierbei mit einbezogen werden, um mögliche Synergiepotenziale auszuschöpfen. Hierzu zählen beispielsweise die sektorübergreifende Personalnutzung oder die gemeinsame Nutzung von Gebäuden. Ebenso können IT-Infrastrukturen (zum Beispiel Praxisverwaltungssysteme) unter Wahrung der notwendigen Sicherheitsvorkehrungen, etwa im Hinblick auf den Datenschutz, genutzt werden. Zudem gilt es, mögliche Wirtschaftlichkeitssynergien bei der kooperativen Nutzung medizinischer Geräte zu betrachten und zu implementieren.
Entscheidet sich ein Krankenhaus, einen Vertragsarztsitz zu übernehmen, müssen als Nächstes das Qualitätsmanagement sowie das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit aufgebaut und die Struktur- und Ablaufplanung umgesetzt werden. Wenn das MVZ direkt auf dem Klinikgelände oder gar im Gebäude der Klinik befindlich sein soll, ist zu beachten, dass separate Eingänge benötigt werden, damit die Patienten zweifelsfrei zwischen Klinik und Praxis unterscheiden können. Dies kann umfangreiche Umbaumaßnahmen erfordern.
Darüber hinaus sollte der Geschäftsbetrieb marktseitig durch eine Marketingstrategie unterstützt werden. Dabei gilt es, sich von der Konkurrenz zu differenzieren, um auch unter stark gestiegenem Wettbewerbsdruck erfolgreich am Markt agieren zu können. Wichtigstes Ziel ist es, potenzielle Patienten und Personal für das MVZ zu gewinnen und über Dienstleistungen und Gesundheitsmaßnahmen zu informieren. Das Marketing für ein MVZ weist eine spezielle Schwierigkeit auf, da neben Patienten und Personal auch Zuweiser unter der Prämisse der kooperativen Zusammenarbeit für das MVZ einzuwerben sind, um nachhaltig Erlöse zu sichern.
Eine ausgereifte Marketingstrategie beinhaltet eine zielgruppengerechte Positionierung und umfasst den ersten Touchpoint mit dem MVZ (zum Beispiel über eine Website) bis hin zum After-Sales-Marketing.