BDEW und EY: Fortschrittsmonitor 2024

Die Dekarbonisierung bleibt auch 2024 ein wesentlicher Aspekt der politischen und gesellschaftlichen Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels.

In Kooperation mit

BDEW Logo
Wind Power

Die Investitionen in die Energiewende haben den durch den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise ausgelösten Wachstumseinbruch in Deutschland begrenzt. Die 2023 durch die Energiewende tatsächlich ausgelöste Bruttowertschöpfung wird auf über 28 Mrd. Euro geschätzt. Damit konnten 54 % des jährlichen Potenzials realisiert werden. Dies liegt vor allem an dem in 2023 erfolgten Ausbau der EE-Stromerzeugung und der Stromnetze.
Die Energiewende hat in den letzten Jahren erheblich an Fahrt gewonnen. Im Jahr 2023 ist der EE-Anteil am Bruttostromverbrauch erstmals auf über 50 % angestiegen, der EE-Anteil am Endenergieverbrauch bei Wärme ist auf über 18 % und der EE-Anteil in der Mobilität auf über 7 % angestiegen. Der Handlungsdruck vor allem bei Wärme und Verkehr bleibt damit unverändert hoch. In allen drei Sektoren sind weitere Fortschritte notwendig, um die Ziele bis 2030 zu erreichen.

Fortschrittsmonitor Energiewende Ergebnisdokument

Um die Fortschritte zu messen und sichtbar zu machen, haben der Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) und EY gemeinsam einen Fortschrittsmonitor entwickelt.

Um die Ziele der Energiewende zu erreichen, sind erhebliche Investitionen erforderlich:
721 Milliarden Euro bis 2030. Die bis 2030 erforderlichen Investitionen könnten eine Bruttowertschöpfung von ca. 52 Mrd. Euro pro Jahr anstoßen. Dies entspricht 1,5 % der gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland.

Erneuerbare Energien

Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat in 2023 an Fahrt aufgenommen — insbesondere die Photovoltaik. Der Zubau der Windenergie liegt über dem Vorjahresniveau, bleibt jedoch hinter dem Zielpfad zurück.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Stromerzeugungssektor haben sich im Vergleich zu den Vorjahren deutlich verbessert. Die leichte Zunahme der Flächenausweisung für Windkraftanlagen an Land, begleitet von einer signifikanten Steigerung von Ausschreibungen und Zuschlägen, lässt eine Beschleunigung des Ausbautempos der Erneuerbaren Energien in den kommenden Jahren erwarten. Trotz dieser Fortschritte bleibt noch erhebliches Potenzial zur Verbesserung bestehen, insbesondere in Bezug auf die zeitaufwendigen Planungs- und Genehmigungsverfahren, die nach wie vor die Geschwindigkeit des Ausbaus erneuerbarer Energien erheblich bremsen. Von hoher Relevanz ist es zudem, die Akzeptanz für die Energiewende durch gezielte Maßnahmen zu stärken, um bestehende Hürden auf lokaler Ebene zu überwinden.

Wasserstoffwirtschaft

Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft ist ein zentraler Baustein zum Gelingen der Energiewende. Zwar prognostizieren aktuelle Planungen eine Inbetriebnahme von rund 12 GW Elektrolysekapazität bis 2030, doch eine differenzierte Betrachtung offenbart eine dynamische Marktsituation mit erheblichen Unsicherheiten. Daher ist es umso wichtiger, das H2–Kernnetz planerisch und finanziell umzusetzen. Ebenso bedarf es einer Anpassung an die Transformation der Gas-Infrastruktur.
Auch im Jahr 2023 dominiert die Herstellung von grauem Wasserstoff.

Stromnetze

Die Stromnetze müssen auch in den kommenden Jahren für eine dezentrale Stromerzeugung, die Elektrifizierung anderer Sektoren und um mittelfristig den Redispatchbedarf und damit die Redispatch–Kosten zu senken, ausgebaut werden. Netzausbau, Nutzung von Flexibilitäten und Engpassmanagement müssen gesamtwirtschaftlich optimiert werden. Die Digitalisierung der Netze wird dadurch eine zentrale Aufgabe für Netzbetreiber. Nur durch Modernisierung können Flexibilitäten systemdienlich genutzt werden. Sowohl die Ausbaugeschwindigkeit als auch Modernisierung und Digitalisierung der Stromnetze müssen auf allen Ebenen noch steigen, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

Wärmesektor

Im Wärmesektor haben sich im Vergleich zu den Vorjahren die gesetzlichen Rahmenbedingungen für mehr EE merklich verbessert.
Anpassungen an der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und am Gebäudeenergiegesetz (GEG) setzen deutliche Anreize für den Einsatz Erneuerbarer Energien und die Steigerung der Energieeffizienz.
Dennoch bestehen weiterhin einige Restriktionen bei der Erschließung von Fernwärme-quellen auf gesetzlicher Ebene, etwa durch die Wärmelieferverordnung oder auch das noch ausstehende Geothermie–Erschließungsgesetz. Die Diskussion um das GEG im Sommer 2023 hat zu vielen Unsicherheiten und infolgedessen zu vorgezogenen Investitionen in Gaslösungen geführt. Dadurch sind für 2024 weniger Heizungsmodernisierungen zu erwarten. Hinzu kommen Engpässe aufgrund von Fachkräftemangel, die eine weitere Verzögerung des Wärmepumpenausbaus verursachen werden. Allerdings kann auch in den kommenden Jahren ein steigender Anteil an Wärmepumpen erwartet werden.

Bei der Ladeinfrastruktur wird für 2024 weiterhin ein starker Ausbau erwartet, wobei dieser schneller als der BEV–Fahrzeugbestand wächst und die installierte Ladeleistung bereits die Zielwerte der EU übererfüllt. Mittel- bis langfristig wird der Absatz von BEV entscheidend sein, da ein weiterer Zubau nur bei profitablen Ladestationen erfolgen wird. Kurz- bis mittelfristig könnten sich die langsam wachsende Elektrofahrzeugflotte (relativ zum Ausbau der Ladeinfrastruktur) negativ auf Belegungsraten auswirken. Langfristig werden steigende Ladeleistung pro Ladepunkt und bessere Batterietechnologie einen höheren Absatz bei gleicher Belegungsrate ermöglichen.

All diese Entwicklungen bei der Energiewende sind mit massiven Investitionssummen verbunden.

Der Soll-Ist-Abgleich für 2023 zeigt, dass das jährliche Wertschöpfungspotenzial noch nicht komplett realisiert werden konnte. Um bestehende Potenziale voll zu nutzen, ist vor allem eine weitere Steigerung der Investitionen in den Bereichen EE-Stromerzeugung und Netzausbau erforderlich. Weitere Impulse sind durch den Ausbau der Fernwärme, des H2 -Kernnetzes sowie der Energiespeicher nötig.
Trotz Verbesserungen in den rechtlichen Rahmenbedingungen bleiben zur Zielerreichung noch enorme Herausforderungen zu bewältigen und vor allem viel Kapital für die Energiewende zu mobilisieren. Dieses anzureizen und Investitionen zu ermöglichen ist womöglich die größte Herausforderung der kommenden Jahre.

Interviews

Fortschrittsmonitor: Energie- und volkswirtschaftliche Betrachtung
Evonik, Chemie, Christian Kullmann, Vorstandsvorsitzender, im Interview, in seinem Büro in Essen, Januar 2020 .

Evonik, chemical industry, Christian Kullmann, Chairmann of the Executive Board, CEO, in his office, interview, in January 2020
.
Fortschrittsmonitor: Klimaneutrale Gase

Energie und Volkswirtschaftliche Betrachtung
Interview mit Prof. Dr. Andreas Löschel

Ausbau Erneuerbarer Energien
Interview mit Christian Kullmann

Klimaneutrale Gase
Interview mit Gunnar Groebler

Fortschrittsmonitor: Energienetzte
Fortschrittsmonitor: Wärmewende
Fortschrittsmonitor: Verkehrswende

Energienetze
Interview mit Thomas Peter Müller

Wärmewende
Interview mit Jens Balcerek

Verkehrswende
Interview mit Prof. Dr. Günther Schuh

Fortschrittsmonitor Energiewende Ergebnisdokument

Um die Fortschritte zu messen und sichtbar zu machen, haben der Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) und EY gemeinsam einen Fortschrittsmonitor entwickelt.

Ihre Ansprechpartner

Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW
Metin Fidan
Sandra Winnik
Thomas Herkner

Kerstin Andreae
Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung und Mitglied des Präsidiums, Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)

Metin Fidan
Partner, Green Transformation and Mining & Metals Europe West, EY Consulting GmbH

Sandra Winnik
Manager, EY Consulting GmbH

Thomas Herkner
Fachgebietsleiter, Volkswirtschaft, Geschäftsbereich Strategie und Politik, Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)