Windrad und bunte Container

CBAM: Wie der Einkauf zum Klimaschützer wird

Verwandte Themen

Eine CO2-Abgabe auf Importe soll den internationalen Handel fairer und umweltfreundlicher machen. Unternehmen sollten sich vorbereiten.


Überblick

  • 2023 führt die EU einen Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) ein.
  • Für Importe, bei deren Herstellung die Regeln zum Umweltschutz unterlaufen werden, wird eine CO2-Abgabe fällig.
  • Für Unternehmen bedeutet das einen intensiven Blick in die Lieferketten und veränderte Kostenkalkulationen. Der Einkauf ist gefordert.

Das Problem ist lange bekannt. Für Produktionsfaktoren wie den Ausstoß von Emissionen, die Verschmutzung der Umwelt oder die Zerstörung von Ökosystemen wird bis heute kein – oder zumindest kein angemessener – Preis gezahlt. Das verzerrt viele Kostenkalkulationen und schränkt die Fairness des internationalen Wettbewerbs ein.

Beispiel Stahl: Verpackungsstahl für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, spezielle Oberflächenbleche für Haushaltsgeräte oder Laufwerkkomponenten für den Maschinen- und Anlagenbau werden in Asien zu günstigeren Energiepreisen und weniger strikten Emissionsregeln gefertigt. Für eine identische Produktion in der EU zahlen Unternehmen und letztlich die Verbraucher höhere Lohnkosten. Der Einsatz erneuerbarer Energie, die Einhaltung strenger Emissionskontrollen und die Einsparung des Transports aus Asien finden dagegen an der Kasse bis heute keinen Niederschlag. Externe Kosten werden nicht internalisiert, heißt das im Jargon.

CBAM: Neue Regeln in der EU schaffen Abhilfe

Doch Änderung ist in Sicht. Die Finanzminister der EU haben sich im März auf die Einführung einer CO2-Abgabe für Güter und Dienstleistungen aus Drittstaaten geeinigt, bei deren Herstellung erhebliche Emissionen anfallen. Einen entsprechen Vorschlag hatte die Kommission schon im vergangenen Sommer als Teil der Klimastrategie „Fit for 55“ vorgelegt. Damit will die Union erreichen, bis 2055 klimaneutral zu wirtschaften.

Der sogenannte Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) soll helfen, eine Lösung für das globale Problem des Klimawandels zu finden. Zunehmend strenge Regeln für Emissionsreduzierung, nachhaltiges Wirtschaften und die Anfänge einer Kreislaufwirtschaft in der EU könnten dazu führen, dass Unternehmen versuchen, die damit verbundenen Kosten zu vermeiden. Das Problem, das beispielsweise die Verlagerung der Produktion oder Beschaffung in Regionen mit laxer Regulierung sein könnte, wird als „Carbon Leakage“ bezeichnet. Der Kohlendioxidausstoß wird nicht reduziert, sondern lediglich in andere Regionen der Welt verschoben.

CO2-Abgabe reduziert Preisvorteile, die aus Vermeidung von Klimaregeln entstehen

Der CBAM-Mechanismus schafft künftig einen Ausgleich, in dem beim Import eine entsprechende Abgabe auf Waren erhoben wird, bei deren Herstellung erhebliche Emissionen entstanden sind. Dieser „Kohlendioxid-Zoll“ wird Preisvorteile nivellieren, die ausschließlich aus der Nichteinhaltung von Klimaregeln entstanden sind. Umgekehrt kann bei der Einfuhr auch geltend gemacht werden, dass Kosten für den CO2-Ausstoß im Ursprungsland gezahlt worden sind.

Der US-Bundesstaat Kalifornien gehört zu den ersten, der ein ähnliches Modell nutzt. Dort kommt es beim Import von Elektrizität zum Einsatz. Kanada und Japan haben ähnliche Initiativen angekündigt.

CO2-Sünder Lieferkette
der Emissionen fallen nicht im Unternehmen direkt an, sondern sind vor- oder nachgelagert, entstehen also bei Zulieferern oder Verbrauchern.

Ab 2023 wird in der EU schrittweise ein Berichtssystem für den CBAM eingeführt. Es gilt zunächst für eine Reihe von Gütern, bei denen die Gefahr von Carbon Leakage hoch eingeschätzt wird: Eisen, Stahl, Zement, Düngemittel, Aluminium und Elektrizität. Ab 2026 müssen Importeure die Abgabe zahlen. Schrittweise dürften weitere Produkte unter die Regelung fallen.

EY Supply Chain Days 2024

Entdecken Sie bei den 17. EY Supply Chain Days unter dem Motto „Supply Chain of the Future – Value Creation in Data-driven Ecosystems", wie Sie Ihre Supply Chain zukunftsfähig gestalten können - in Diskussionen, vielseitigen Workshops und spannenden Vorträgen namhafter Unternehmen.

Mechanismus sorgt für vielfältige Auswirkungen auf Kostenkalkulation

Unternehmen sollten sich rasch mit den neuen Regeln auseinandersetzen. Das gilt längst nicht nur für die Importeure von Stahl, Alu oder Dünger. Auch Waren, für deren Herstellung die genannten Produkte eingesetzt werden, sind von den Auswirkungen betroffen. Fahrzeuge mit Alufelgen geraten genauso in den Blick wie Lebensmittel, die auf Pflanzen basieren, die mit reichlich Düngemittel gezogen werden oder die Elektrizität in der Fertigung.

Anders gesagt: Es genügt nicht mehr, Emissionen nachzuhalten und zu reduzieren, die im Unternehmen bei der Produktion entstehen oder direkt zurechenbar sind für den Einkauf von Strom, Wärme oder Kühlung. Zu diesen Faktoren – Scope 1 und Scope 2 des Greenhouse Gas Protocol, das zur Erfassung von Treibhausgasen genutzt wird – kommt nun Scope 3. Darunter fallen sämtliche Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens entstehen, von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Entsorgung der Verpackung durch den Verbraucher. Ihr Einfluss ist erheblich: Im Schnitt sind 80 Prozent der Emissionen diesem Bereich zuzurechnen.

Zusätzliche Herausforderungen für die Einkaufsabteilung

Gefordert ist in erster Linie der Einkauf. Produkte und Dienstleistungen sollten geprüft werden, um eine Dekarbonisierung der Lieferkette zu ermöglichen. Dafür werden neue Ansätze der Kostenkalkulation notwendig, denn das Preisgefüge ändert sich grundlegend. Wo heute Lohnkosten und die Logistik eine wichtige Rolle spielen, kommt es künftig auf die CO2-Kosten und regulatorischen Aufwand an.

EYCarbon

Die Dekarbonisierung treibt die nächste große Transformation voran, die unsere Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit umgestaltet. Um die Herausforderungen der Dekarbonisierung zu meistern und die Chancen zu nutzen, haben wir EYCarbon gegründet.

Fazit

Schritte zur Klimaneutralität haben bisher vor allem Emissionen berücksichtigt, die dem Unternehmen direkt zuzurechnen sind. Neue Regulierungsvorhaben in der EU führen dazu, dass das Management seinen Blick deutlich weiten und auch große Teile der Lieferkette unter die Lupe nehmen muss. Denn für Importe von außerhalb der Union werden bald Abgaben für Waren mit schlechter Klimabilanz fällig. Um darauf vorbereitet zu sein, gilt es, die gesamte Lieferkette zu untersuchen. Kosten sollten neu kalkuliert werden, Lieferbeziehungen neu gedacht. Im Einkauf gibt es viel zu tun.

Mehr zum Thema

Positiver Ausblick für Private Equity – trotz Krise

Private-Equity-Unternehmen sind in der Krise gut aufgestellt. Lesen Sie hier, wo es dennoch Nachholbedarf gibt.

09 Sept. 9999

Folge 1 - Compliance in 120 Sekunden. Geht das überhaupt? 03. Mai 2023

Hierbei geht es um kurze Denkanstöße von und mit Markus Jüttner. In nur 120 Sekunden teilt er seine fundierten Kenntnisse und Perspektiven zur komplexen Welt der Compliance mit Ihnen – schneller als ein Kaffee auf dem Weg zur Arbeit! 03. Mai 2023

09 Sept. 9999

Omnibus-Initiative: Worauf sich Unternehmen einstellen müssen

Die EU-Kommission hat ihre Omnibus-Vorschläge zur Vereinfachung von CSRD, CS3D und EU-Taxonomie veröffentlicht. Jetzt mehr erfahren!

28 März 2025 Dr. Alexander Eisele +1

Vier Schritte zum geprüften Nachhaltigkeitsbericht

Lesen Sie hier, wie sich Unternehmen optimal auf die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts vorbereiten und warum die Uhr tickt.

17 März 2025 Helene Süppel +1

EY Sustainability Webcast: Das Europäische Omnibus-Verfahren 5.03.2025

EY-Webcast: Das Europäische Omnibus-Verfahren 5.03.2025

05 März 2025 | Ortszeit

Warum der Fokus auf Working-Capital-Management die Liquidität steigert

Die neue DACH-Industrial-Manufacturing-Working-Capital- Studie 2024 zeigt: Steigender Fokus auf Liquidität führt zu stabilen Performance Levels

04 März 2025 Rob Kortman +1

Warum ein stärkerer Fokus auf das Working Capital die Liquidität bei OEMs und Lieferanten kurz- und langfristig verbessert

Automotive-Working-Capital-Studie 2024: Verbessertes Liquiditäts- und Working-Capital-Management führt den Automobilsektor zurück auf die Erfolgsspur

26 Feb. 2025 Rob Kortman +1

Tax & Law Hörfunk

Nach Trumps Amtsantritt droht die globale Mindeststeuer zu kippen. Welche Folgen hat das? Jetzt reinhören in den EY Tax & Law Hörfunk!

31 Jan. 2025 43m 56s

Tax & Law Hörfunk

Trump 2.0: Neue US-Zölle und ihre Auswirkungen auf die deutsche Exportwirtschaft. Tipps zur Vorbereitung auf mögliche Veränderungen.

18 Dez. 2024 56m 13s

EY Material Matters - Folge 1 - Navigating the Global Value Chain for Battery Materials

Hören Sie Material Matters und erfahren Sie, wie Technologie, Nachhaltigkeit und Geopolitik globale Wertschöpfungsketten verände

12 Dez. 2024 45m 5s

Weshalb Biodiversität ein Schlüssel zu wirtschaftlichem Erfolg ist

Biodiversität ist entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg Ihres Unternehmens. Erfahren Sie hier, warum dies so ist.

Tax & Law Hörfunk

.Erfahren Sie, wie das Ende der Ampelkoalition die Steuer- und Haushaltspolitik beeinflusst und welche Herausforderungen die Zukunft bringt.

13 Nov. 2024 53m 31s

IFRS® Kongress

20 Jahre IFRS Kongress: Eine Erfolgsgeschichte feiert Jubiläum. Mehr über den Kongress erfahren Sie hier bei EY.

14 Okt. 2024 Christian Janze

Wie Verkäufer mit einer ESG-Organisation punkten

Bei Firmenverkäufen ist eine funktionierende ESG-Organisation bares Geld wert. Lesen Sie hier, wie Unternehmen vorgehen, um das Maximum herauszuholen.

10 Okt. 2024 Andrea Weinberger +2

Nationale Steuerkonferenz 2024

Am 26. und 27. September 2024 findet die Nationale Steuerkonferenz exklusiv für Leiter der Steuer- und Finanzfunktionen statt. Melden Sie sich jetzt an.

26 Sept. 2024 Bergisch Gladbach, DE

#EYGTS Treasury Scout Webcast 24. September 2024

Einladung zum #EYGTS Webcast, 24. Sep, 11-12 Uhr. Erhalten Sie Einblicke in aktuelle Corporate Treasury Trends und Entwicklungen.

24 Sept. 2024 | Ortszeit

Tax & Law Hörfunk

Schwerpunkte sind Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwand, Unterkunftskosten und Reisenebenkosten.

23 Sept. 2024 50m 15s

EY Scout International Accounting & Reporting 16. September 2024

Wir freuen uns, Sie zum EY Scout Webcast, Vol. 2 / 2024 am 16. September um 14 Uhr einladen zu dürfen.

16 Sept. 2024 | Ortszeit

Tax & Law Hörfunk

Wie stets in der zweiten Jahreshälfte berät der Deutsche Bundestag auch im Herbst 2025 den kommenden Bundeshaushalt.

13 Sept. 2024 54m 57s

23. IFRS® Kongress 2024 12.-13. September

Neben den aktuellen Themen aus der Welt der IFRS Standards fokussieren wir uns auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung. 12.-13. September 2024

12 Sept. 2024 Berlin, DE

    Über diesen Artikel

    You are visiting EY deu-aut (de)
    deu-aut de