Letztendlich geht es jedoch um den ökonomischen Mehrwert. Ein Ökosystem kann eine oder mehrere beteiligte Parteien dabei unterstützen, den Markt zu durchdringen, indem Marktanteile erhöht und Produkte kommerzialisiert oder spezialisiert werden. Eine solche Zusammenarbeit kann einen Beitrag dazu leisten, die eigene Zielgruppe zu skalieren – denn am Ende geht es darum, Kunden zu gewinnen und Umsätze zu steigern.
Von traditionellen Unternehmensstrukturen unterscheidet sich die Konstellation des Ökosystems in mehreren Punkten. Zunächst ergibt sich ein entscheidender Unterschied aus dem Strukturparadoxon: Jedes Unternehmen am Markt ist gezwungen zu innovieren und schneller auf Kundenwünsche und -bedürfnisse zu reagieren – zum Beispiel in Form einer schnelleren Time-to-Market. Allerdings bedeutet Innovation stets auch ein hohes Risiko und geringe Sicherheit für die Unternehmen, etwa weil sie Pilotprojekte nicht dauerhaft durchsetzen können. Deshalb ist die Kultur häufig eher konservativ: Das Risiko bei der Produktentwicklung ist gering, die Sicherheit ist hoch – sowohl bei der Struktur und beim Reporting als auch bei der Mitarbeiterorganisation und beim Recruiting. Der Ansatz des Ökosystems funktioniert umgekehrt: Unternehmen gehen ein Risiko ein, gewinnen dadurch aber an Innovationskraft. Um die Strukturen zu durchbrechen, braucht es einen solch revolutionären Ansatz.
Insellösungen gefährden die Innovationskraft
Noch nutzen nicht alle Unternehmen das Potenzial von Business Ecosystems: Rund 80 Prozent der Innovationen sind Rekombinationen aus bestehendem Wissen und Technologien – und kein Produkt aus der Multiplikation neuer Ideen im Ökosystem. Man kann beobachten, dass sich Unternehmen abkapseln und vom Markt entfernen, wenn sie durchgehend nur interne Insellösungen entwickeln – gerade im Mittelstand ist dies weit verbreitet. Wer sein Unternehmen und seine Zielgruppen aber skalieren möchte, braucht oft einen Wandel des Geschäftsmodells. Die Strategie eines Ökosystems hilft, neue Werte und Kundengruppen zu erschließen. Schließen sich mehrere Partner zusammen, um gemeinsam ihre Märkte und Regionalstrategien zu überprüfen, erweitert das den Horizont aller und bietet großen Mehrwert.
Wie gelingt der Aufbau eines Ökosystems? Der Vorlauf für die gesamte Planung sollte etwa ein Jahr betragen. Es gilt, die Partner zu motivieren, alle kleinen und großen Fragen gründlich zu prüfen und zu klären: Die Rechtsabteilung muss eingebunden sein, um Vertraulichkeitserklärungen auszuarbeiten, Entscheider müssen strategische Fragen beantworten. Mit externer Beratung, die bereits Erfahrung im Bereich der Business Ecosystems gesammelt hat, kann dieser gegebenenfalls lange Prozess besser bewältigt werden. Innerhalb des ersten Jahres sollten die beteiligten Unternehmen definieren, welche Rollen und Zuständigkeiten entstehen und wer diese besetzt. Es ist wichtig, eindeutige Ansprechpartner zu haben und das Projektmanagement klar zu koordinieren. Es braucht den Einsatz der Chefetage und der zuständigen Business Units. Unternehmen einigen sich im besten Fall frühzeitig darauf, welche Ziele man mit der Zusammenarbeit verfolgt: Forschung und Entwicklung verbessern, das Marketing effektiver gestalten oder den Vertrieb verschlanken und beschleunigen.
Einbindung in den Alltag wichtig – Umkehr notfalls möglich
Als Zeithorizont werden in der Regel rund drei Jahre angepeilt, um dann Bilanz zu ziehen und zu prüfen, ob das Ökosystem so funktioniert, wie man es sich vorgestellt hat – oder nicht. Ein Business Ecosystem bedarf einer gründlichen Vorbereitung, damit alle Beteiligten stets den Überblick behalten und das Vorhaben erfolgreich ist. Es ist entscheidend, dass alle beteiligten Unternehmen die Bedeutung des gemeinsamen Ökosystems begreifen und die Arbeit entsprechend in ihren Arbeitsalltag einbinden. Wenn dem Ökosystem nicht die nötige Bedeutung zugeordnet wird und die Arbeit daran eine untergeordnete Rolle spielt, ist das Projekt zum Scheitern verurteilt.