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Wenn die Maschine besser und schneller bucht


Nur wenige Finanzabteilungen setzen bislang auf Künstliche Intelligenz. Doch der Beruf des Finanzbuchhalters wird sich stark verändern.

In Industrieunternehmen, die mit der Zeit gehen, sind digitale Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) längst angekommen: Smarte Sensoren überwachen Produktionsabläufe, Roboter setzen komplexe Produkte in Sekundenschnelle zusammen, Warenlager organisieren sich selbständig ohne menschliches Zutun. Durch die Produktionshallen weht ein Hauch von Zukunft.

Im Verwaltungsgebäude nebenan ist das oft noch nicht der Fall. Innerhalb der Verwaltung werden die Finanzabteilungen als Vorreiter gesehen, aber in Sachen Automatisierung hinken sie im Vergleich zu den Operations oft Jahre hinterher. Und gerade im mittelständischen Rechnungswesen wird noch vieles von Hand gemacht, was ebenso gut eine Maschine erledigen könnte.

 

Der Einsatz von KI im Rechnungswesen wird zur Notwendigkeit

Der Fachkräftemangel und höhere Anforderungen seitens der Finanzbehörden, Investoren und der Öffentlichkeit setzen die Buchhaltung von Konzernen und Mittelständlern unter Druck, in Zukunft schneller, genauer und effizienter zu werden. Der vielleicht größte Treiber der Automatisierung ist die immer stärker wachsende Menge an Finanzdaten. Zugleich nimmt die Komplexität der Datenhaltung und der Daten an sich zu.

 

Lange werden sich vor allem die mittelständischen Unternehmen dem Wandel nicht mehr verschließen können, wenn sie nicht riskieren wollen, im Wettbewerb abgehängt zu werden. Und so wie sich die Berufsprofile vieler Mitarbeiter in der Produktion durch Digitalisierung bereits geändert haben, wird sich auch das Berufsbild des Finanzbuchhalters verändern – und buchhalterische Tätigkeiten werden sich vom Menschen zur Maschine verlagern.

 

Ein typisches Beispiel für einfache, sogenannte transaktionale Tätigkeiten in der Buchhaltung ist das, was Kreditorenbuchhalter tagtäglich tun: Sie verbuchen Eingangsrechnungen auf entsprechende Konten und buchen zugleich die Verbindlichkeit gegenüber den Kreditoren sowie natürlich die Steuern ein. Vermeintlich einfach, wenn man die Komplexität im internationalen Umfeld bedenkt oder aber in der Flut von Rechnungen diejenigen identifizieren muss, die einer besonderen buchhalterischen Behandlung bedürfen, zum Beispiel Leasing oder Anlagen im Bau, oder die schlichtweg falsch sind. Eine KI-basierte Lösung kann das heute schon deutlich schneller, effizienter und weniger fehleranfällig.

 

Wie der Einsatz von KI die Produktivität steigert

EY hat eine Software entwickelt, die diesen Prozess von Anfang bis Ende automatisiert. Ein Rechenbeispiel: Ein erfahrener Buchhalter, der 220 Tage im Jahr arbeitet und bis zu zwei Minuten braucht, um eine einfache Eingangsrechnung zu verbuchen, schafft rund 30.000 Rechnungen im Jahr. Sind die Fälle etwas komplexer gelagert, bearbeitet er die Rechnung in vielleicht vier Minuten – das wären immer noch gut 15.000 Rechnungen im Arbeitsjahr.

KI schafft bis zu
Eingangsrechnungen im Jahr.

Mit KI kann der Buchhalter nicht mithalten, denn diese schafft auch 15.000 Rechnungen, allerdings pro Tag und in mindestens gleichbleibender Qualität. Auf das Jahr gerechnet hat eine KI-basierte Lösung das Potenzial, zwischen fünf und sechs Millionen Eingangsrechnungen zu buchen. Das entspricht in diesem speziellen Bereich des Rechnungswesens einer Produktivitätssteigerung um mindestens den Faktor 300. Ausufernde Kosten für eine neue IT-Infrastruktur, die viele Unternehmen bei der Einführung von Automatisierung befürchten, gibt es nicht. Hier zählt schlichtweg nur noch das Datenvolumen.

Unter Kostendruck haben viele Unternehmen damit begonnen, bestimmte Buchhaltertätigkeiten in sogenannte Shared Service Center auszulagern. In diesen großen Abteilungen, häufig im Ausland, übernehmen interne oder externe Dienstleister die Buchhaltung vergleichsweise preiswert.



Systeme auf Basis von KI bieten Unternehmen eine Alternative zur Auslagerung ihrer Finanzprozesse.



So bleibt nicht nur die Herrschaft über die Daten im eigenen Haus, sondern auch das Wissen, wie mit ihnen am besten umzugehen ist.

Buchhalter werden zu Analysierenden und Entscheidenden

In modernen Finanzabteilungen wird der Buchhalter der Zukunft mehr Zeit für komplexere Fragestellungen haben, da er von transaktionalen Tätigkeiten befreit sein wird. Er wird vom Verarbeitenden zum Überprüfenden, Analysierenden und Entscheidenden. So wird zum Beispiel KI künftig dem Menschen Sachverhalte vorlegen, bei deren korrekter Verbuchung sie selbst unsicher ist. Die finale Entscheidung liegt dann beim Buchhalter. Oder die Maschine wird nach einer gewissen Anzahl von automatisierten Verbuchungen einen Bericht vorlegen, den der menschliche Buchhalter daraufhin überprüft, ob die Maschine korrekte Entscheidungen getroffen hat.



Der Buchhalter muss in der Lage sein, zu verstehen, wie sein smarter Kollege funktioniert, wo seine Stärken liegen – und wo die Grenzen der Technologie sind.



Das neue Berufsbild wird folglich weitergehende Qualifikationen benötigen als bisher. Denn der Buchhalter muss in der Lage sein, zu verstehen, wie sein smarter Kollege funktioniert, wo seine Stärken liegen – und wo die Grenzen der Technologie sind. Einerseits wird das buchhalterische Fachwissen noch spezieller und weiterführender sein müssen. Zugleich werden in der Buchhaltung aber auch Fachkräfte benötigt, die sich mit der Funktionsweise von KI und mit der Datenanalyse auseinandersetzen können.

Vor der Transformation kommt die Strategie

Wagen mittelständische Unternehmen die digitale Transformation ihrer Buchhaltung, sollten sie sich erfahrene Unterstützung von außen holen. Denn vor der Transformation mit KI muss eine klare Strategie zur prozessualen und technologischen Neuausrichtung der Finanzfunktion entwickelt werden.



Parallel sollte dezidierte und individuelle Qualifizierung des Personals in fachlicher, technischer und prozessualer Hinsicht erfolgen. Denn nur die Verbindung von Technologie mit dem unternehmensspezifischen Wissen generiert echten Mehrwert.




Dazu zählt zum Beispiel, Mitarbeiter zu Spezialisten für Lease oder Treasury Accounting weiterzubilden. So können sie die verbleibenden komplexeren Sachverhalte bearbeiten oder als Prozessspezialisten die End-to-End-Automatisierung über die Finanzabteilung hinweg vorantreiben. Das Ziel ist eine zukunftsfähige Entwicklung der Finanzfunktion als ebenbürtiger Partner der operativen Bereiche. Am Ende soll der neue Geist auch in der Verwaltung endlich Einzug halten.



Fazit

In der Produktion großer Industrieunternehmen sind Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) längst angekommen. Die Finanzabteilungen hinken den Operations beim Thema Automatisierung noch Jahre hinterher. Dabei kann der Einsatz von KI den Beruf des Finanzbuchhalters revolutionieren – und Kapazitäten schaffen für komplexere Tätigkeiten.


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