- Nachfrage nach Sustainable Aviation Fuel (SAF) wird bis 2030 auf 49 Millionen Tonnen steigen
- Regionen Asien-Pazifik (APAC), die USA und Europa werden die führenden Wachstumsmärkte sein
- 7.000 neue Produktionsstätten nötig
- Aktuell gibt es weltweit 264 Projekte in verschiedenen Phasen
- Die meisten Projekte in Nordamerika und Europa
Seit Anfang dieses Jahres gilt: Fluggesellschaften in Europa müssen mindestens zwei Prozent des sogenannten Sustainable Aviation Fuel (SAF) beimischen, wenn sie Treibstoff tanken. Der SAF-Anteil soll, so die EU-Vorgabe, im Jahr 2030 sogar bei mindestens sechs Prozent liegen. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 lag der SAF-Anteil am Kerosinverbrauchs 2023 gerade einmal bei 0,2 Prozent.
Als SAF bezeichnet man zum einen Biokraftstoffe, die etwa aus Abfällen gewonnen werden (Bio-SAF), zum anderen auch mit Ökostrom künstlich erzeugte E-Fuels (E-SAF).
Entsprechend den regulatorischen Vorgaben wird die weltweite Nachfrage nach SAF in den kommenden Jahren erheblich steigen. Um dieser Nachfrage gerecht zu werden, ist allerdings ein weltweiter Aufbau von erheblichen Produktionskapazitäten nötig – das Investitionsvolumen für die notwendigen 7.000 neue Produktionsanlagen wird auf 1,0 bis 1,5 Billionen US-Dollar veranschlagt.
Das sind Ergebnisse der EY-Studie „Sustainable Aviation Fuels: Erfolgsfaktoren für die Defossilierung des Luftverkehrs“, die in Zusammenarbeit mit den Fraunhofer Instituten IGB und UMSICHT erstellt wurde.
Die Studie prognostiziert, dass der SAF-Anteil am gesamten Kerosinverbrauch in Europa bis 2030 bereits bei knapp 11 Prozent liegen wird, was einer Gesamtmenge von etwa 9,3 Millionen Tonnen SAF entspricht. Für das Jahr 2040 wird ein SAF-Anteil von 31 Prozent erwartet, und bis zur Mitte des Jahrhunderts könnte über die Hälfte des europäischen Kerosinbedarfs durch SAF gedeckt werden, was einer Gesamtnachfrage von 73,1 Millionen Tonnen entspricht.
„Die regulatorischen Vorgaben treiben einen massiven Anstieg des Bedarfs an SAF in den kommenden Jahren voran“, sagt Daniel Eisenhuth, Partner bei EY. „Mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 11,6 Prozent in Europa zwischen 2030 und 2050 wird die Region das stärkste Marktwachstum im Vergleich zu anderen Weltregionen erleben.“
In Nordamerika wird die jährliche Wachstumsrate laut EY-Prognose bei knapp neun Prozent liegen, in den Regionen Asien-Pazifik und dem Nahen und Mittleren Osten nur bei vier Prozent. Schlusslicht ist der afrikanische Kontinent mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von knapp 2 Prozent.
Trotz dieser vielversprechenden Aussichten bleibt die aktuelle SAF-Produktion begrenzt. Laut dem Internationalen Luftverkehrsverband (IATA) wird die globale SAF-Produktion im Jahr 2025 voraussichtlich nur 2,1 Millionen Tonnen erreichen, was lediglich 0,7 Prozent der gesamten Düsentreibstoffproduktion entspricht. In Deutschland wird die Produktion im Jahr 2026 voraussichtlich bei nur 0,08 Millionen Tonnen liegen.
Weltweit 264 Projekte für die SAF-Produktion
Um den stark steigenden Bedarf an umweltfreundlichem Kraftstoff zu decken, gehen Fluggesellschaften zunehmend langfristige Lieferverträge mit aktuellen und potenziellen Produzenten ein. Im Jahr 2024 wurden weltweit 20 solcher neu abgeschlossenen Verträge verkündet.
Weltweit sind zurzeit 264 neue Projekte zur SAF-Produktion angekündigt. Nordamerika führt mit 103 Projekten, gefolgt von Europa (98) und Asien (einschließlich Naher und Mittlerer Osten), wo 41 Projekte angekündigt wurden. Zudem sind weitere 16 Projekte in Zentral- und Südamerika, sowie sechs Projekte auf dem afrikanischen Kontinent geplant.
In Deutschland sind bislang 30 Projekte für nachhaltige Treibstoffe, die auch für die Produktion von SAF genutzt werden können, bekannt. Wesentliche Mengen an SAF werden aktuell in Deutschland jedoch nicht produziert.
Eine Analyse dieser geplanten bzw. bereits aktiven SAF-Projekte zeigt, dass Nordamerika mit einem Produktionspotenzial von ca. 14 Millionen Tonnen bis 2030 an der Spitze liegt, während die Produktionskapazitäten in Europa bei 9,5 Millionen Tonnen, in Asien/Pazifik und dem Nahen und Mittleren Osten bei 5,6 Millionen Tonnen liegen.
Laut EY-Prognose wird es mittelfristig weitere große Produktionsprojekte geben müssen, denn die Produktion von SAF wird weiter deutlich steigen müssen. Der enorme prognostizierte Bedarf an umweltfreundlichem Flugkraftstoff erfordert bis 2050 eine Erhöhung der Anzahl der Produktionsanlagen um weltweit 5.000 bis 7.000 Stück bis und Investitionen von insgesamt 1,0 bis 1,5 Billionen US-Dollar in Produktionsanlagen.
Neue Finanzierungswege für die SAF-Produktion
Um diesen Investitionsboom zu ermöglichen, schlägt die EY-Studie die Einrichtung eines zentralen Fonds auf EU-Ebene vor, der Mittel aus verschiedenen regulatorischen Maßnahmen, wie etwa Strafzahlungen bei Nichteinhaltung der SAF-Quoten, Erlöse aus dem EU-Emissions-Handel, Steuer auf Einnahmen aus Co-Processing usw., bündeln und strategisch in den Aufbau der SAF-Industrie investieren könnte. Eine neue Finanzierungsquelle für den SAF-Bereich könnten Investitionen aus den Rentensystemen jener Mitgliedstaaten sein, die Rentengelder an der Börse investieren. Der vorgeschlagene Fonds würde Gelder aus den Rentenbeiträgen sammeln und gezielt in Projekte investieren, die nachhaltige Kraftstoffe für die Luftfahrt entwickeln und produzieren. Dieser Fonds könnte von der Europäischen Wasserstoffbank (EHB) verwaltet werden.
Zusätzlich wird empfohlen, eine verpflichtende Abgabe auf Flugticketkäufe sowie eine Steuer auf Einkünfte aus der SAF-Produktion im Co-Processing-Verfahren einzuführen.
Technologische Verbesserungen, einschließlich des Co-Processing, sind ebenfalls notwendig, um die SAF-Produktion zu steigern und den Markt aufzubauen. „Die Luftfahrtindustrie steht unter zunehmendem Druck, nachhaltiger zu werden – SAF sind dabei ein entscheidender Schlüssel. Allerdings stehen die Fluggesellschaften vor erheblichen Problemen, in ausreichendem Maß SAF zu beschaffen. Die Vielzahl an geplanten Investitionsprojekten zeigt zwar, dass viel Bewegung in diesem Markt ist – aber Projekte können auch scheitern, und der enorme Finanzierungsbedarf setzt ein großes Fragezeichen hinter etliche dieser Projekte. Umso wichtiger, dass verlässliche Finanzierungsmodelle entwickelt und etabliert werden“, fordert Eisenhuth.
E-SAF wird billiger als Bio-SAF
Die umweltfreundlichen Kraftstoffe sind derzeit noch bis zu sechsmal so teuer wie konventionelles Kerosin. Laut EY-Berechnungen lag der globale Mindestverkaufspreis für Bio-SAF im Jahr 2024 bei 2,7 US-Dollar pro Kilogramm, während E-SAF bei 4,9 US-Dollar pro Kilogramm lag.
Prognosen deuten darauf hin, dass der Preis für Bio-SAF im Zeitverlauf bis 2050 um etwa 19 Prozent steigen wird, während der Mindestverkaufspreis für E-SAF, vor allem aufgrund technologischer Fortschritte und steigender Verfügbarkeit von Erneuerbaren Energien, um etwa 54 Prozent auf 2,2 US-Dollar pro Kilogramm sinken wird. Damit wird E-SAF auch preislich deutlich attraktiver sein als Bio-SAF.
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