- Zehn größten US-Banken outperformen ihre europäischen Peers deutlich beim Nettogewinn, RoE und Bilanzsumme
- Normalisierung der Nettogewinne europäischer Banken auf 49 Mrd. Euro (minus 32 Prozent)
- Eigenkapital- und Bilanzquoten der Banken in Europa kaum verändert, US-Großbanken legen deutlich zu
Die kumulierten Nettogewinne der zehn der nach Bilanzsumme größten europäischen Banken sind im ersten Halbjahr 2024 deutlich gesunken auf 49,4 Mrd. Euro – im Vorjahreszeitraum lag der Wert durch den Sondereffekt bei der UBS bei 72 Milliarden Euro. Der aktuelle Wert ist immerhin der zweithöchste Wert in einem ersten Halbjahr der vergangenen zehn Jahre. Die US-amerikanischen Top-Banken erzielten im ersten Halbjahr 2024 einen kumulierten Nettogewinn von rund 88,6 Mrd. Euro, ein Plus von rund 8 Prozent im Jahresvergleich – ebenfalls der zweithöchste Wert der vergangenen zehn Jahre.
Durch den Rückgang der Gewinne sank auch der Return on Equity (RoE) der europäischen Banken, er lag per 30.06.2024 bei 10,8 Prozent. Die amerikanischen Banken wiesen im abgelaufenen Halbjahr einen RoE von 12,7 Prozent auf – nahezu unverändert im Jahresvergleich.
Infolgedessen gab es auch divergierende Entwicklungen bei den Eigenkapitalquoten: Für die zehn größten europäischen Banken betrug diese zum Stichtag 30.06.2024 5,1 Prozent, der zweitniedrigste Wert im Untersuchungszeitraum seit 2015 und 0,3 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Ihren Höchstwert hatte sie in Europa im Jahr 2017 mit 5,7 Prozent erreicht. Die analysierten US-amerikanischen Banken wiesen zum 30.06.2024 kumuliert eine Eigenkapitalquote von 6,4 Prozent auf – das ist der höchste Wert seit 2019 und ein Anstieg um 0,2 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr.
Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer EY-Analyse der Bilanzen der jeweils nach Bilanzsumme zehn größten Banken in den Vereinigten Staaten und Europa. Den höchsten Nettogewinn unter allen zwanzig analysierten Banken erreichte im ersten Halbjahr 2024 die JPMorgan Chase mit 29,5 Mrd. Euro, gefolgt von der HSBC mit rund 16 Mrd. Euro.
Steigende Börsenwerte in Europa und den USA
Die Marktkapitalisierung der Top Banken dies- und jenseits des Atlantiks ist ungeachtet der Gewinnentwicklung gestiegen: Seit Jahresbeginn bis Anfang September 2024 verzeichneten die europäischen Institute insgesamt einen Anstieg von etwa 5 Prozent auf 577,7 Mrd. Euro. Der kumulierte Börsenwert der US-Banken stieg stärker, im gleichen Zeitraum um 14 Prozent auf 1,5 Billionen Euro. Die Top-10-US-Banken sind an der Börse also fast dreimal so viel Wert wie ihre europäischen Wettbewerber.
Herausforderungen bleiben – weitere Zinsentwicklung maßgeblich
„Der Schwung aus den Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank und der US-Fed in den Vorjahren fehlte im ersten Halbjahr 2024, dennoch haben die Großbanken ihre Hausaufgaben gemacht und durch Kosten- und Risikomanagement ihre Gewinne weitestgehend stabil gehalten“, urteilt Ralf Eckert, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY. „Die erreichten Eigenkapital- und Profitabilitätsquoten zeigen jedoch erneut auf, dass die Großbanken in Europa hinter die US-Instituten zurückgefallen sind.“
„Die Entwicklung der US-Banken wurde von mehreren Faktoren beeinflusst. Positiv ausgewirkt haben sich beispielsweise die Erholung an den Kapitalmärkten, das anhaltende Wirtschaftswachstum und die angepassten regulatorischen Rahmenbedingungen. Gleichzeitig bremst aber unter anderem das weiterhin schwierige makroökonomische Umfeld und der Fortgang der Zinssenkungen durch die Fed“, ergänzte Gunther Tillmann, Partner und Leiter Banking & Capital Markets bei EY. „In Europa hingegen bleibt der regulatorische Druck hoch. Dazu kommen die Herausforderungen im Immobilienkreditmarkt und die eingeleiteten Maßnahmen zur Reduzierung bestimmter Exposure in ausgewählten Marktsegmenten. Dies spiegeln die Zahlen der europäischen Banken eindeutig wider.“
Ausblick: regulatorischer Druck bleibt hoch
Mit Blick auf das zweite Halbjahr und das Jahr 2025 bleibt Ralf Eckert vorsichtig: „Der Druck auf die Bankbilanzen bleibt auf beiden Seiten des Atlantiks hoch, besonders mit Blick auf die jüngst erfolgten Zinssenkungen durch die Fed und EZB. Beide schätzen die Rezessionsgefahren mittlerweile deutlich höher ein als das Thema Inflation“, urteilt Ralf Eckert.
„In Europa kommen weitere Herausforderungen auf die Banken zu. Der regulatorische Druck steigt, unter anderem durch neue geplante Anforderungen der EZB in den Bereichen Governance und Risikokultur“, ergänzt Tillmann. „Gleichzeitig bestehen hohe politische Erwartungen, denn Banken sollen wesentlich dazu beitragen, die Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit zu finanzieren. Die dringlichen Investitionsfelder haben sowohl die EU-Kommission als auch EYs EU Manifesto kürzlich dargestellt.“
„In Deutschland ist zudem absehbar, dass sich die Kosten/Ertrags-Ratio – vor allem im öffentlich-rechtlichen Sektor – verschlechtern dürfte. Druck auf die Bankbilanzen kommt unter anderem von den sinkenden Zinseinnahmen, der höheren Risikoabsicherung sowie dem anhaltenden Investitionsbedarf in Bereiche wie Cybersecurity, Digitalisierung und ESG“, bilanziert Tillmannn.
„Eine mögliche Konsolidierung im EU-Bankenmarkt wird in den nächsten Monaten weiterhin den Blick auf die Ertragskraft und weitere Verbesserung der Aufwands- und Ertragskennzahlen lenken“, resümiert Ralf Eckert.