Driving city at night

Wie Unternehmen sich auf die Mobilität der Zukunft vorbereiten können


Autonomes Fahren, Elektrifizierung, Nachhaltigkeit: Angesichts disruptiver Trends steht die Automobilbranche vor großen Herausforderungen.


Überblick

  • Die Autoindustrie befindet sich in einem Transformationsprozess, der durch Technologie, verändertes Kundenverhalten und verschärfte Regulierung geprägt ist.
  • Um den Veränderungen gerecht zu werden, sollten etablierte Unternehmen ihre Strategie neu definieren und ihr Unternehmensdesign ständig neu anpassen.
  • Auf die Agenda rücken Themen wie autonomes Fahren, der Aufbau von effizienten F&E-Funktionen und die Gestaltung eines herausragenden Kundenerlebnisses.

Während sie noch vollends damit beschäftigt sind, die Auswirkungen der Corona-Krise zu bewältigen, sehen sich die internationalen Automobilunternehmen mit vielfältigen Chancen, aber auch Herausforderungen konfrontiert: Disruptive Kräfte und die miteinander verknüpften Megatrends Konnektivität, autonomes Fahren, Nachhaltigkeit, Dekarbonisierung, Elektrifizierung und Mobility-as-a-Service bringen tiefgreifende Veränderungen mit sich. Digitale Technologie, Daten und Software nehmen eine Schlüsselrolle ein als entscheidende Wegbereiter für neue Produkte, innovative Geschäftsmodelle und damit letztlich für den Erfolg im zukünftigen Mobilitätsumfeld.

Neuer Produktmix, neue Akteure

Die Transformation wird von der Technologie, verändertem Kundenverhalten und verschärfter Regulierung gesteuert. Sie durchbricht bestehende Wertschöpfungsketten, was zu einer Verschiebung der Einnahmepools führt und einen neuen Produktmix zur Folge hat, der sich aus Hardware, Software und Dienstleistungen zusammensetzt. Die Entstehung neuer Einnahmepools und sich verändernder Kompetenzprofile bringt auch neue Akteure aus anderen Branchen auf den Plan des Automobil-Ökosystems.

 „Das softwareseitig definierte Fahrzeug ist dabei, die Automobilindustrie in ein Mobilitäts-Ökosystem zu verwandeln. Software und Daten machen mittlerweile etwa die Hälfte des Wertes einiger innovativer Fahrzeuge aus“, sagt Luz Mauch vom internationalen Softwareentwickler Luxoft. „Akteure aus dem Technologiesektor wie Sony oder Foxconn nutzen Betriebsmodelle und Anlagestrategien aus anderen Sektoren, um Profitpools in den neuen Mobilitäts-Ökosystemen zu gewinnen. Gleichzeitig beobachten wir, wie traditionelle Automobilhersteller und -zulieferer wie Daimler oder Schaeffler ihre Unternehmen von einem Produktions- zu einem Mobilitätsunternehmen umstrukturieren. Diese digital stark ausgerichteten Akteure werden es verstehen, digitale Komponenten, kommerzielle Angebote und Mobilitätsdienste zu herausragenden Kundenerlebnissen zusammenzufügen.“ Software wird zum Differenzierungsfaktor und Schlüsselbaustein für ein herausragendes Kundenerlebnis – nicht nur bei autonomen Fahrzeugen. Dies führt zu einer grundlegenden Verschiebung der Einnahmepools und die Wertschöpfung wird sehr viel vielfältiger und immer komplexer werden. In Zusammenarbeit mit Luxoft möchte EY einige der wichtigsten Entwicklungen in diesem Bereich beleuchten und auf die Erfolgsfaktoren für OEMs und Tier-1-Zulieferer eingehen, Chancen zu nutzen, die sich daraus ergeben, und die Herausforderungen zu bewältigen, indem sie die richtige Position und das geeignete Geschäftsmodell in den entstehenden Ökosystemen finden.

Software wird zum Differenzierungsfaktor und Schlüsselbaustein für ein herausragendes Kundenerlebnis – nicht nur bei autonomen Fahrzeugen. Dies führt zu einer grundlegenden Verschiebung der Einnahmepools. Die Wertschöpfung wird vielfältiger und komplexer werden.

Etablierte Unternehmen sollten also ihre Strategien neu definieren, um den Veränderungen gerecht zu werden und die Chancen wahrnehmen zu können. Sie sollten genau ermitteln, wo die attraktiven Geschäftsfelder im zukünftigen Ökosystem liegen und mit welchem Geschäftsmodell sie diese Chancen monetarisieren können. Fundament ist dabei ein echtes Verständnis der Marktstruktur, der Rollen und der Kompetenzen, die an den entscheidenden Schaltstellen der Wertschöpfungskette zu besetzen sind, sowie ein Abgleich mit der eigenen Ausstattung.


 

Etablierte Unternehmen sollten ihre Strategien neu definieren, um den Veränderungen gerecht zu werden und die Chancen wahrnehmen zu können.

 


Selbst bei sorgfältigem Vorgehen stehen die Akteure der Automobilindustrie vor zahlreichen Herausforderungen, die auf dem Weg zum angestrebten Szenario gemeistert werden müssen. Im Rahmen dieser Herausforderungen gilt es, folgende Punkte zu bedenken:

  • Um Unternehmen an diese neue Zukunft anzupassen, müssen Unternehmenskultur, funktionale F&E-Strukturen und Governance-Modelle grundlegend neu ausgerichtet werden. Insbesondere der Wandel von Unternehmen, die Produktentwicklung in ihrer DNA haben, hin zu Organisationen, die langfristigen Mehrwert durch Daten und Software generieren, erfordert eine gewaltige Transformation und Ausdauer. Traditionelle, evolutionsbasierte Unternehmensentwicklung greift oft zu kurz, wenn es darum geht, ein zukunftsfähiges Unternehmen in der neuen Umgebung zu gestalten. Hier sind revolutionärere Ansätze erforderlich. Dabei müssen etablierte Automobilhersteller den Spagat meistern zwischen einem reinen Greenfield-Ansatz zur Förderung gewagter Veränderungen und einem Ansatz, der auf den Vorteilen ihrer bestehenden Organisation aufbaut, um Wettbewerbsvorteile auszubauen.

  • Endverbraucher entwickeln ständig neue Vorlieben und die einzelnen Kundensegmente haben unterschiedliche Vorstellungen davon, was ein überzeugendes Kundenerlebnis ist.

  • Für den Aufbau von Zukunftstechnologien wie dem autonomen Fahren oder neuen Märkten wie Mobilitätsdienstleistungen sind erhebliche Investitionen erforderlich. Dies schränkt die Anzahl der parallel verfolgbaren Initiativen ein und schafft einen internen Wettbewerb um Budgets – vor allem in der Entwicklung. Um hier erfolgreich zu sein, braucht es Kostendisziplin und effiziente F&E-Funktionen, mit denen sich die angestrebte Anlagerendite erzielen lässt, aber auch Strategien zum Partnering, die Aufschluss darüber geben, wo und mit wem zusammengearbeitet werden soll, um Investitionslasten zu teilen und Know-how zu bündeln. Diese Ansätze für die Zusammenarbeit müssen sich auch mit der Frage befassen, was man selbst einbringt und wie man die Kontrolle über seine Kernkompetenzen und sein geistiges Eigentum behalten kann.

  • Es ist nicht klar, welche Technologie das höchste Differenzierungspotenzial bietet und welche zur Massenware wird. Dies kann sich im Laufe der Zeit ändern, sodass eine Technologie mit Alleinstellungsmerkmalen mit der Weiterentwicklung des Bereichs zu einem allgemeinen Gut wird.

  • Das Entstehen eines komplexen Ökosystems erfordert andere Management- und Denkansätze als traditionelle lineare Lieferketten. Der Zugang zum Ökosystem und zu der zugrunde liegenden Wertschöpfung wird den Akteuren nur dann gewährt, wenn sie – mit mehreren Parteien – die Kontrolle über bestimmte Teile ihres geschützten geistigen Eigentums, den Kundenzugang oder die Wertschöpfung teilen. Dazu muss man sich im Klaren darüber sein, mit wem man Partnerschaften eingeht und wie man zusammenarbeitet, um einerseits Schlüsselelemente abzuschirmen, aber andererseits auch um gemeinsam herausragende Lösungen zu schaffen.

  • Da neue technologische Entwicklungen erhebliche Investitionen erfordern, werden Kostenoptimierung und -kontrolle zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Darüber hinaus sollten Unternehmen unterschiedliche Modelle und Strukturen in Betracht ziehen, um anfallende Kosten durch Gewinnabführungsverträge oder Aktivierung in der Entwicklungsphase optimal zu nutzen.

Angesichts der getroffenen strategischen Entscheidungen müssen die Akteure im Automobil-Ökosystem ihr Unternehmensdesign ständig neu anpassen. Dies betrifft verschiedene Aspekte wie

  • Steuerungsmodelle – eng verschränkt versus frei radikal
  • Unternehmenskultur – hierarchisch versus agil oder fließend
  • Funktionsaufbau – mandatorisch versus eigenverantwortlich – oder
  •  verfügbare Technologien – digitale Ressourcen als Unterstützung versus digitale Ressourcen als Alleinstellungsmerkmal.

Um ein Unternehmen zu schaffen, das in dem sich ständig verändernden Automobil-Ökosystem erfolgreich sein kann, müssen alle Aspekte berücksichtigt werden.

 

Ausblick

Unsere kommenden Fachbeiträge in den nächsten Wochen werden sich mit dem autonomen Fahren befassen – einer Technologie, die traditionelle Wertschöpfungsketten erheblich verändern wird, indem der menschliche Fahrer durch ein digitales Pendant ersetzt wird. Neben sich ändernden Geschäftsmodellen, müssen neue Lösungen zur Übernahme weiterer Aufgaben erarbeitet werden, die bisher vom Fahrer ausgeführt wurden, beispielsweise die Fahrzeugpflege oder Insassenbetreuung. Wir werden die anzuwendenden Monetarisierungsstrategien erörtern und darüber sprechen, wie Big Loop und datengetriebene Entwicklung einen Wettbewerbsvorteil bei der Entwicklung der virtuellen Fahrerfunktionalitäten, aber auch der „Zusatzdienste“ bieten kann. Abschließend werden wir uns mit dem angemessenen korporativen Rahmen beschäftigen, den es zu definieren und zu implementieren gilt. Dies umfasst interne Überlegungen wie die richtigen Organisationsstrukturen und die Unternehmenskultur, aber auch Sourcing-Entscheidungen, die in Bezug auf die Herstellung, den Kauf, die Akquisition und die Partnerschaften für Add-on-Kompetenzen getroffen werden, um das eigene Unternehmen in die Lage zu versetzen, einen Beitrag zur Vision der autonomen Fahrzeuge zu leisten und diese erfolgreich umzusetzen. Seien Sie gespannt!


Fazit

Disruptive Kräfte und Megatrends wie autonomes Fahren, Dekarbonisierung und Mobility-as-a-Service sorgen für tiefgreifende Transformationen in der Automobilindustrie. Digitale Technologien werden zum Wegbereiter für innovative Geschäftsmodelle und einen neuen Produktmix, der aus Hardware, Software und Dienstleistungen besteht. Unternehmen sollten ihre Kultur, ihre F&E-Strukturen und ihre gesamte Strategie neu denken, um für das Mobilitätsumfeld der Zukunft gewappnet zu sein.


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