Ein Unternehmer, der für sein Unternehmen bezogene Eingangsleistungen sowohl für Umsätze verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, hat die angefallenen Vorsteuerbeträge in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen. Das BMF äußert sich nun erneut zur Vorsteueraufteilung und ergänzt seinen Umsatzsteuer-Anwendungserlass.
Nach dem Unionsrecht ist für die Vorsteueraufteilung grundsätzlich ein Umsatzschlüssel anzuwenden, der sich auf die Gesamtheit der vom Unternehmer getätigten Umsätze bezieht (Gesamtumsatzschlüssel, vgl. Art 173 Abs. 1 und Art. 174 MwStSystRL). Dieser Pro-rata-Satz wird nach Art. 175 Abs. 1 MwStSystRL auf Jahresbasis in Prozent festgesetzt und auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet. Mitgliedstaaten können nach Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL von diesem Grundsatz abweichen.
Mit § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG hat der deutsche Gesetzgeber von dieser Möglichkeit in Form des Vorrangs einer „anderen wirtschaftlichen Zurechnung“ vor der Aufteilung mittels Gesamtumsatzschlüssel Gebrauch gemacht. Die Vorsteueraufteilung muss nach einem sachgerechten Aufteilungsschlüssel erfolgen. Wenn neben dem Gesamtumsatzschlüssel ein anderer Aufteilungsschlüssel in Betracht kommt, der präzisere Ergebnisse liefert, so ist dieser andere Aufteilungsschlüssel anzuwenden. Kommen mehrere präzisere Aufteilungsschlüssel in Betracht, ist aber nicht zwingend die präziseste Methode anzuwenden. Die Auswahl der anzuwendenden präziseren Methode obliegt grundsätzlich allein dem Unternehmer. Die Finanzverwaltung behält sich aber vor, zu überprüfen, ob seine Aufteilungsmethode sachgerecht ist.
Mit dem BMF-Schreiben vom 13.02.2024 ändert und ergänzt die Finanzverwaltung nun erneut den Umsatzsteuer-Anwendungserlass. Dabei führt sie aus, unter welchen Voraussetzungen ihres Erachtens ein Gesamtumsatzschlüssel im Sinne von § 15 Abs. 4 S. 3 UStG vorliegt, und wie dieser im Einzelnen zu berechnen ist. Soweit ein Gesamtumsatzschlüssel vorliegt, stellt die Finanzverwaltung klar, dass die Rundungsregel des Art. 175 Abs. 1 MwStSystRL anzuwenden ist. Im Falle eines anderen, präziseren Aufteilungsschlüssels soll hingegen auf die zweite Nachkommastelle aufgerundet werden. Auch ein sog. Teilumsatzschlüssel (z.B. ein objekt- oder abteilungsbezogener Umsatzschlüssel) stellt dabei eine präzisere Aufteilungsmethode als ein Gesamtumsatzschlüssel dar.
Darüber hinaus räumt die Finanzverwaltung dem Unternehmer die Möglichkeit ein, einen sachgerechten und präziseren Aufteilungsschlüssel zu wählen, sollte sich der bisher verwendete Aufteilungsschlüssel im Nachhinein als nicht sachgerecht herausstellen. Macht der Unternehmer von dieser Möglichkeit allerdings keinen Gebrauch, kann die Finanzverwaltung einen von ihr selbst ermittelten sachgerechten und präziseren Aufteilungsschlüssel anwenden. Wann und unter welchen Voraussetzungen ein Aufteilungsschlüssel sachgerecht ist, lässt die Finanzverwaltung jedoch weitgehend offen. Zudem gibt die Finanzverwaltung keinen zeitlichen Rahmen für die Ermittlung eines angepassten Aufteilungsschlüssels vor. Die letztgenannte Regelung dürfte die Gefahr birgen, dass die Finanzverwaltung zukünftig noch häufiger die Ermittlung des Aufteilungsschlüssels prüft und dessen Sachgerechtheit in Zweifel zieht, mit dem Ziel, einen eigenen Aufteilungsschlüssel vorzugeben. Damit könnte unterlaufen werden, dass die Auswahl der sachgerechten Aufteilungsmethode grundsätzlich allein dem Unternehmer zusteht. Zur Vorbereitung einer Betriebsprüfung kann es in Zukunft hilfreich sein, Szenarien mit verschiedenen Aufteilungsmethoden durchzuspielen, um diese ggf. rechtzeitig verwenden zu können.
Da die Grundsätze des BMF-Schreibens in allen offenen Fällen anzuwenden sind, kann dieses Thema auch in bereits laufenden Betriebsprüfungen aufgegriffen werden.
Der Volltext des Schreibens steht Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung.
Direkt zum BMF-Schreiben kommen Sie hier.