Umsetzung der DAC7 und Modernisierung des Steuerverfahrensrechts

Mit dem Referentenentwurf vom 12.07.2022 legt das BMF die Umsetzung der jüngsten Überarbeitung der EU-Amtshilferichtlinie zur Einführung neuer Sorgfalts- und Meldepflichten für Plattformbetreiber sowie weiterer Verbesserungen der europäischen Steuerverwaltungszusammenarbeit (DAC7) vor. Dies nimmt das BMF auch zum Anlass, einzelne Aspekte im Bereich der Außenprüfung sowie zu Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten zu modernisieren und teils auch zu verschärfen.

Kerninhalt des Referentenentwurfs ist die Umsetzung der DAC7 – der jüngsten Erweiterung der Amtshilferichtlinie (2011/16/EU). Sie sieht umfangreiche Aufzeichnungs-, Sorgfalts- und Meldepflichten für Plattformbetreiber vor. Von Plattformbetreibern gemeldete Informationen können dann von den Mitgliedstaaten im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs untereinander geteilt werden. Technisch sollen die Regelungen der DAC7 durch ein neues Plattformen-Meldepflicht- und Informationsaustauschgesetz (PMAustG) in nationales Recht umgesetzt werden. Von einer Aufnahme der Regelungen in das EU-Amtshilfegesetz möchte das BMF u.a. absehen, weil so eine Ausdehnung des automatischen Informationsaustauschs bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt auf Drittstatten möglich ist.

Inhaltlich sieht das Gesetz einen automatischen Informationsaustausch bestimmter, von den Plattformbetreibern zu meldenden, Daten vor. Dabei sollen die Plattformbetreiber allerdings nur über bestimmte Arten von Umsätzen Daten erheben müssen (sog. relevante Tätigkeiten). Konkret umfasst sind folgende Tätigkeiten: (1) Vermietung von unbeweglichem Vermögen, (2) persönliche Dienstleistungen, (3) Verkauf von Waren sowie (4) Vermietung jeglicher Verkehrsmittel.

Nicht der Meldepflicht unterfallen allerdings Plattformbetreiber, deren Tätigkeit sich auf Folgendes beschränkt: (1) Verarbeitung von Zahlungen im Zusammenhang mit einer relevanten Tätigkeit, (2) Auflisten einer relevanten Tätigkeit oder Werbung für eine relevante Tätigkeit durch Nutzer sowie (3) Umleitung/Weiterleitung von Nutzern auf eine (andere) Plattform. Der Gesetzeswortlaut bleibt, wie die EU-Richtlinie, insgesamt sehr vage. Lediglich die Gesetzesbegründung enthält einige Klarstellungen, welche die Rechtsanwendung in der Praxis erleichtern können. So führt das BMF die Zurverfügungstellung von Nutzungsrechten oder von Arbeitskraft und den Warenhandel als Beispiele für DAC7-meldepflichtige relevante Tätigkeiten an.

Voraussetzung für eine Plattform soll sein, dass über das Internet Nutzer mittels einer Software miteinander in Kontakt treten und Rechtsgeschäfte abschließen können. Die vorgenannten Ausnahmen sollen demnach Preisvergleichsseiten oder Produktsuchmaschinen ausschließen. Wichtig sind auch die Ausführungen in der Gesetzesbegründung, dass die Plattform die Möglichkeit bieten muss, direkt über die Plattform elektronisch ein Rechtsgeschäft abschließen zu können. So soll die bloße Vermittlung von Möglichkeiten zu einem Geschäftsabschluss, wie beispielsweise in Form eines digitalen „schwarzen Bretts“ nicht erfasst sein, bei dem das maßgebliche Rechtsgeschäft außerhalb der Plattforminfrastruktur als Bargeschäft oder anderweitig elektronisch zustande kommt.

Technisch in weitreichenden Teilen zuständig soll das Bundeszentralamt für Steuern sein. Nach Verkündung des Gesetzes sollen nach aktuellem Wortlaut meldende Plattformbetreiber unverzüglich verpflichtet werden, sich bei einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zu registrieren. Mit der eigentlichen Meldung haben die meldenden Plattformbetreiber bis spätestens zum 31.01. des Jahres Zeit, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Anbieter als meldepflichtiger Anbieter identifiziert worden ist. Erstes meldepflichtiges Jahr soll 2023 sein. Bei Nichtbefolgung sieht das Gesetz eigene Bußgeldvorschriften vor, die diverse Verstöße als Ordnungswidrigkeiten einstufen.

Weitere Umsetzungsvorhaben aus der DAC7 betreffen insbesondere eine gesetzliche Regelung in § 6b EUAHiG-E zu den Voraussetzungen, unter denen Gruppenersuchen gestellt werden, eine Ausweitung des automatischen Informationsaustauschs auf Lizenzeinkünfte (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EUAHiG-E) sowie Regelungen zum automatisierten Abruf von Kontoinformationen (§ 3a EUAHiG-E).

Darüber hinaus unternimmt das BMF mit dem Referentenentwurf Maßnahmen zur Beschleunigung von Außenprüfungen. Dieses Ziel soll insbesondere durch eine weitgehende Begrenzung der Ablaufhemmung auf fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung (§ 171 Abs. 4 Satz 2 AO-E), die Möglichkeit des Erlasses bindender Teilabschlüsse für abgrenzbare und abschließend geprüfte Besteuerungsgrundlagen (§ 180 Abs. 1a AO-E) sowie durch die Einführung eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens gegenüber dem Steuerpflichtigen (§ 200a Abs. 1 AO-E) inkl. eines neuen Sanktionssystems in Form eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes und eines Zuschlags zum Mitwirkungsverzögerungsgeld (§ 200a Abs. 2 und 3 AO-E) erreicht werden. Darüber hinaus soll die Möglichkeit geschaffen werden, Verhandlungen und Besprechungen auch elektronisch, bspw. per Videokonferenz, durchzuführen (§ 87a Abs. 1a AO-E).

Auch sieht der Referentenentwurf wesentliche Verschärfungen im Verrechnungspreisbereich vor. So soll u.a. gemäß § 90 Abs. 4 AO-E die Finanzbehörde jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Abs. 3 AO (Local-File und Master-File) verlangen können; bei Außenprüfungen soll zudem die Vorlage der Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen erfolgen. Auch soll die Frist für die Vorlage der Aufzeichnungen in allen Fällen künftig nur noch 30 Tage nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung betragen. Bislang sieht das Gesetz eine Frist von 30 Tagen nur bei Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle vor. In allen anderen Fällen hat der Steuerpflichtige die Aufzeichnungen innerhalb von 60 Tagen vorzulegen. Auch sieht der Referentenentwurf Anpassungen hinsichtlich des Zuschlags vor, welcher festgesetzt wird, sofern die Aufzeichnung nicht oder verspätet vorgelegt wird oder die Aufzeichnung unverwertbar ist (§ 162 Abs. 4 AO). Insbesondere sollen bei der Bemessung des Zuschlags die Vorteile berücksichtigt werden, die dem Steuerpflichtigen aus der Fristüberschreitung entstehen.

Daneben sollen die Möglichkeiten zur Verlagerung der Buchführung ins Ausland deutlich erweitert werden (§ 146 Abs 2a und 2b AO-E). Verschärfungen sind hingegen bei der Richtigkeitsvermutung der Buchführung zu erwarten, wenn die Aufzeichnungen entgegen den Vorgaben der Finanzverwaltung nicht über eine digitale Schnittstelle zur Verfügung gestellt werden (§ 158 Abs. 2 Satz 2 AO-E). Außerdem sollen zur Beschleunigung der Außenprüfung die Mitwirkungspflichten in § 153 AO dahingehend erweitert werden, dass Steuerpflichtige Korrekturen mit Auswirkungen auf andere Besteuerungsgrundlagen, die sich aus bestandskräftigen Bescheiden in Folge einer Außenprüfung ergeben, selbständig vorzunehmen haben.

Für die Umsetzung der DAC7 in nationales Recht gilt eine Frist bis zum 31.12.2022. Voraussichtlich wird sich das Kabinett Ende August 2022 mit dem Entwurf befassen, so dass das parlamentarische Verfahren pünktlich nach der Sommerpause eingeleitet werden kann. Die Verbände sind aufgerufen, bis zum 29.07.2022 eine Stellungnahme einzureichen.

Der Volltext des Entwurfs steht Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung.

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