Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Wagniskapitalfonds

Mit dem Fondsstandortgesetz wurde die Steuerbefreiung für die Verwaltung von Wagniskapitalfonds zum 01.07.2021 in das UStG aufgenommen. Damit hat der Gesetzgeber für zusätzliche Komplexität innerhalb der Steuerbefreiungsvorschrift für die Verwaltung von Investmentvermögen gesorgt und eine Vielzahl von Fragen aufgeworfen. Diese sollen nun durch ein BMF-Schreiben beantwortet werden, dessen Entwurf am 03.03.2022 zur Stellungnahme an die Verbände versendet wurde.

Das Umsatzsteuergesetz regelt in § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG die Umsatzsteuerfreiheit von Fondsverwaltungsleistungen, die zu Gunsten von bestimmten Sondervermögen erbracht werden. Unter die Begünstigung fielen bisher die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) i.S.d. § 1 Abs. 2 KABG, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds (AIF) i.S.d. § 1 Abs. 3 KABG, die Verwaltung von offenen inländischen Spezial-AIF nach § 284 KAGB und mit diesen vergleichbaren ausländischen Spezial-AIF sowie die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen i.S.d. Versicherungsaufsichtsgesetzes.

Mit dem Fondsstandortgesetz (FoStoG) vom 03.06.2021 (BGBl. I S. 1498) hat der Gesetzgeber die Steuerbefreiung für die Verwaltung von Investmentvermögen punktuell um Wagniskapitalfonds erweitert. Ziel dieser Anpassung des Gesetzes ist es, durch steuerliche Maßnahmen zum einen den Fondstandort Deutschland attraktiver zu gestalten und zum anderen junge innovative Wachstumsunternehmen (sog. Startup-Unternehmen) mit wettbewerbsfähigen Finanzierungsmöglichkeiten und Wagniskapitalbeteiligungen zu fördern.

Dem BMF-Entwurfsschreiben vom 03.03.2022 lässt sich entnehmen, was das BMF unter einem Wagniskapitalfonds versteht und unter welcher Voraussetzung dieser für die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG qualifiziert. Wagniskapitalfonds sind demnach AIF i.S.d. § 1 Abs. 3 KAGB, die keine Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere (OGAW) sind, wenn sie ganz oder überwiegend (d.h. zu mehr als 50 Prozent) zum Zeitpunkt der ersten Wagniskapitalbeteiligung in junge, innovative Wachstumsunternehmen (sog. Zielunternehmen) investieren. Sie zielen durch eine Kapitalbeteiligung oder sonstige Risiko tragende Finanzierungen auf einen erheblichen Wertzuwachs des Zielunternehmens ab. Der Kapitalfluss der Investition erfolgt dabei direkt oder indirekt in das bzw. in die Zielunternehmen. Für eine in Frage kommende Begünstigung müssen die Wagniskapitalfonds dabei zwingend den gleichen Wettbewerbsbedingungen wie die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere (OGAW) unterliegen und einer staatlichen Aufsicht (z.B. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) unterstehen. Unter die Befreiungsvorschrift sollen auch „qualifizierte Risikokapitalfonds“ i.S.d. Verordnung (EU) Nr. 345/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.04.2013 über Europäische Risikokapitalfonds (European Venture Capital – EuVECA – Funds) fallen, soweit sie die oben genannten Voraussetzungen an Wagniskapitalfonds erfüllen.

An die Zielunternehmen werden laut dem Entwurf vier Anforderungen gestellt, die kumulativ zu erfüllen sind. Das Zielunternehmen

  • darf zum Zeitpunkt der ersten Wagniskapitalbeteiligung nicht älter als zwölf Jahre (seit Unternehmensgründung) sein (Seed Stage, Early Stage, Expansion Stage),
  • muss zum Zeitpunkt der ersten Wagniskapitalfinanzierung der Definition kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) entsprechen,
  • muss seinen Sitz entweder in der EU oder im EWR haben,
  • muss fortlaufend wirtschaftlich mit Gewinnerzielungsabsicht tätig sein.

Mit der Aufnahme von Wagniskapitalfonds wurde der, in der Praxis bereits schwierig zu ermittelnde, Anwendungsbereich der Umsatzsteuerbefreiung für Fondsverwaltungsleistungen um eine zusätzliche Ebene erweitert. Der Entwurf des BMF konkretisiert die Anforderung an Wagniskapitalfonds und Zielunternehmen, kann jedoch u.E. in seiner derzeitigen Fassung nicht alle Anwendungsprobleme beseitigen. Unter anderem bleibt unklar, ob es sich bei den Zielunternehmen um „innovative“ Unternehmen handeln muss oder ob auch Unternehmen mit traditionellen Geschäftsmodellen als Zielunternehmen in Frage kommen, sofern diese die vier o.g. Anforderungen erfüllen. Ferner lässt der Entwurf des BMF-Schreibens offen, ob neben den mit OGAW vergleichbaren Wettbewerbsbedingungen und der staatlichen Aufsicht auch die weiteren im UStAE genannten Vergleichbarkeitskriterien erfüllt werden müssen.

Es bleibt abzuwarten, ob aus den Stellungnahmen der Verbände noch weitere Änderungen bzw. Konkretisierungen resultieren oder ob das BMF-Schreiben in der derzeitigen Fassung veröffentlicht wird. Stellungnahmen der Verbände können bis zum 01.04.2022 abgegeben werden. Wann das finale Schreiben veröffentlicht wird, ist derzeit nicht abzusehen. 

 

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