Keine Auflösung negativer Ergänzungsbilanzen bei Gesellschafteraustritt

Laut BFH sind negative Ergänzungsbilanzen der (verbleibenden) Altgesellschafter nicht aufzulösen, wenn der zunächst neu eingetretene Gesellschafter gegen Abfindung und unter Auflösung der für ihn spiegelbildlich gebildeten positiven Ergänzungsbilanz wieder aus der Personengesellschaft ausscheidet.

Im Streitfall war ein Gesellschafter unter Zahlung einer Bareinlage, die zum Teil auf seinem Festkapitalkonto und zum Teil in der gesamthänderisch gebundenen Kapitalrücklage erfasst wurde, neu in eine bestehende Personengesellschaft eingetreten. Steuerlich wurde der Vorgang nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG als steuerneutrale Einbringung zu Buchwerten behandelt. Zu diesem Zweck wurden für die Altgesellschafter zur Vermeidung des Überspringens stiller Reserven negative Ergänzungsbilanzen nach der sog. Nettomethode gebildet. In der Gesamthandsbilanz wurden die Buchwerte fortgeführt und die vom neuen Gesellschafter zusätzlich aufgewendeten Anschaffungskosten durch eine positive Ergänzungsbilanz dargestellt. Einige Jahre später schied der neue Gesellschafter gegen Abfindung aus der (weiter bestehenden) Personengesellschaft wieder aus. Streitig war, ob zu diesem Zeitpunkt die für die Altgesellschafter bestehenden negativen Ergänzungsbilanzen spiegelbildlich zur gewinnwirksamen Auflösung der positiven Ergänzungsbilanz des ausgeschiedenen Gesellschafters gewinnwirksam aufzulösen sind. Die Vorinstanz bejahte die korrespondierende Auflösung der negativen Ergänzungsbilanzen (Urteil des Niedersächsischen FG vom 09.09.2019, 3 K 52/17).

Dem widersprach der BFH. Entgegen der Auffassung des FG sind die negativen Ergänzungsbilanzen der Altgesellschafter laut BFH in diesem Zeitpunkt mangels Rechtsgrundlage nicht aufzulösen, sondern fortzuführen (BFH-Urteil vom 23.03.2023, IV R 27/19). In seiner Entscheidung bestätigt der BFH zunächst die höchstrichterliche Rechtsprechung, dass es für die Anwendung des § 24 Abs. 1 UmwStG ausreichend sei, wenn bei erstmaliger Einräumung der Mitunternehmerstellung der Wert des eingebrachten Betriebsvermögens neben dem Kapitalkonto I (Festkapitalkonto) auch dem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto gutgeschrieben wird. Des Weiteren bestätigt er, dass zur bilanziellen Darstellung der Buchwertfortführung gem. § 24 Abs. 1, 2 UmwStG die beiden Möglichkeiten der Netto- oder Bruttomethode bestehen. Dies bringt den BFH u.a. auch zu seiner Entscheidung bezüglich der strittigen Rechtsfrage. Die Besteuerungsfolgen dürften bei einem späteren entgeltlichen Ausscheiden des neu eingetretenen Gesellschafters nicht davon abhängen, welche bilanzielle Darstellungsmethode im Zeitpunkt des Beitritts gewählt wurde. Vielmehr müssten beide Bilanzierungsmethoden dieselben Besteuerungsfolgen nach sich ziehen, sowohl im Zeitpunkt der Einbringung als auch beim späteren Ausscheiden des Gesellschafters. Auch bei der Bruttomethode seien die negativen Ergänzungsbilanzen der Altgesellschafter bei Gesellschafteraustritt fortzuführen, da die ursprünglich bei Eintritt des Gesellschafters in der Gesamthandsbilanz vorgenommenen Aufstockungen auch in der Gesamthandsbilanz der weiterbestehenden Personengesellschaft unverändert fortzuführen seien.

Hinsichtlich der negativen Ergänzungsbilanzen führt der BFH weiter aus, dass diese streng mitunternehmerbezogen seien. Somit könne u.a. auch die Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils immer nur diejenige (positive oder negative) Ergänzungsbilanz beeinflussen, die mit diesem Mitunternehmeranteil in Zusammenhang stehe. Weiter stünden die positiven und negativen Ergänzungsbilanzen nach der Einbringung zu Buchwerten nicht im Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit, sondern korrespondierten allein mit der Bilanzierung und Bewertung der entsprechenden Wirtschaftsgüter in der Gesamthandsbilanz (Steuerbilanz) der Personengesellschaft. Eine andere Lösung ergebe sich im Übrigen auch nicht aus der gesetzlichen Regelung nach § 24 UmwStG. Die Norm enthalte keine Regelung, nach der die Altgesellschafter ihre bisherigen stillen Reserven sofort versteuern müssten, wenn der neu eingetretene Gesellschafter seinen Mitunternehmeranteil veräußere oder aufgebe. Insbesondere regele § 24 UmwStG keine von den Mitunternehmern zu beachtenden Sperrfristen.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

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