Insbesondere zu den seit dem 01.01.2022 mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz neu gefassten Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung, zur Wegzugsbesteuerung sowie infolge der verschärften Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Steueroasenabwehrgesetz hat die Finanzverwaltung am 19.07.2023 den Entwurf eines aktualisierten AStG-Anwendungserlasses vorgelegt.
Das BMF hat am 19.07.2023 einen Entwurf für die Aktualisierung des BMF-Schreibens zu den Grundsätzen zur Anwendung des Außensteuergesetzes ("AStG-Erlass") veröffentlicht. Der lang erwartete Entwurf fällt sehr umfangreich aus und umfasst 1025 Randziffern auf 251 Seiten und enthält u.a. Ausführungen zu den mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz zum 01.01.2022 neu gefassten Vorschriften des AStG (vgl. EY-Steuernachricht vom 20.05.2021). Konkret sieht er u.a. Ausführungen zu den folgenden Bereichen des AStG vor:
Hinsichtlich der Grundsätze für die Korrektur von Einkünften verweist der Erlass auf die kürzlich aktualisierten Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise (BMF-Schreiben v. 06.06.2023).
Das ATAD-Umsetzungsgesetz hat die Vorschriften über die sog. Wegzugsbesteuerung gem. § 6 AStG reformiert. Die Vorschrift bestimmt für natürliche Personen, dass es u.a. zu einer Veräußerungsgewinnbesteuerung bei Anteilen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen kommt, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland infolge der Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts endet. Bei einer nur vorübergehenden Abwesenheit entfällt aber der Steueranspruch aufgrund der sog. Wegzugsbesteuerung. Erwartungsgemäß nimmt das BMF Stellung insbesondere zu den Fragen rund um die sog. „Rückkehrregelung“ (Rückkehrabsicht und tatsächliche Rückkehr) sowie zur Fälligkeit des Steueranspruchs (Stundung der Steuer bei Hinweis auf die „Rückkehrregelung“ offenbar ohne Sicherheitsleistung).
Der Entwurf beinhaltet einen neuen Abschnitt „Vor 7 – Hinzurechnungsbesteuerung“, in dem das BMF allgemeine Aussagen zur Hinzurechnungsbesteuerung trifft. Neben der regulären Hinzurechnungsbesteuerung äußert sich das BMF darin erstmals auch zur verschärften Hinzurechnungsbesteuerung nach § 9 StAbwG, nach der nicht nur passive Einkünfte, sondern alle niedrig besteuerten Einkünfte einer Zwischengesellschaft von der (verschärften) Hinzurechnungsbesteuerung erfasst sind. Außerdem beinhaltet dieser Abschnitt u.a. Aussagen zum Verhältnis von § 42 AO zur Hinzurechnungsbesteuerung und zur Verteilung der Feststellungslast.
Der Entwurf des AStG-Erlasses enthält umfassende Ausführungen zu den Voraussetzungen des § 7 AStG, insbesondere zu mittelbaren Beteiligungen und der Anwendung der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung auf beschränkt Steuerpflichtige. Im Zuge der ATAD-Umsetzung wurde u.a. das Beherrschungskriterium normiert. Das BMF äußert sich im Entwurf anhand diverser Beispiele zum Beherrschungskriterium. Darüber hinaus trifft das BMF Aussagen zur Voraussetzung des Nahestehens durch abgestimmtes Verhalten und das Verhältnis der Hinzurechnungs- und Investmentbesteuerung.
Im Rahmen von § 8 AStG (Einkünfte von Zwischengesellschaften) äußert sich die Finanzverwaltung zu Einzelheiten des gesetzlichen Aktivkatalogs. Einführend wird auf Basis von BFH-Rechtsprechung bestimmt, dass Einzeltätigkeiten mit einem erheblichen wirtschaftlichen Eigengewicht nicht zusammenzufassen, sondern eigenständig unter den Katalog des § 8 Abs. 1 AStG zu subsumieren sind, selbst wenn sie mit anderen Tätigkeiten in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Besonders praxisrelevant sind dabei die Mitwirkungstatbestände bei Handel und Dienstleistungen sowie die erstmals normierten Korrespondenzregelungen bei Gewinnausschüttungen und Umwandlungssachverhalten.
Ausführlich äußert sich das BMF zum Gegenbeweis nach § 8 Abs. 2 AStG. Hierbei werden u.a. die Substanzkriterien, insbesondere der Begriff der sog. wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit sowie sachliche und personelle Ausstattung näher definiert. Explizit stellt das BMF klar, dass gemäß dem Wortlaut der Gegenbeweis nicht in Drittstaatenfällen anzuwenden ist, außer es handelt sich um Kapitalanlagegesellschaften i.S.d. § 13 AStG. Nach der Auffassung des BMF soll § 13 AStG aber nur auf die nicht beherrschten Kapitalanlagegesellschaften Anwendung finden. Allerdings nimmt der Erlass keinen Bezug auf den sog. Entlastungsbeweis, den es in Drittstaatenfällen zu beachten gilt (BMF-Schreiben v. 17.03.2021).
Bei der Regelung zur niedrigen Besteuerung (§ 8 Abs. 5 AStG) wird weiterhin auf 25 Prozent ausländische Besteuerung abgestellt als Niedrigsteuergrenze, hier erfolgte keine Abstimmung auf den Referentenentwurf zum Mindestbesteuerungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz (vgl. EY-Steuernachricht v. 10.07.2023). Hierbei wird ausgeführt, dass eine ausländische Gesellschaft, die passive Einkünfte erzielt, nicht deshalb niedrig besteuert werde, weil ihre Einkünfte im Rahmen einer Gruppenbesteuerung (z.B. Organschaft oder Konsolidierung) bei einer anderen Gesellschaft besteuert werden. Erzielt eine ausländische Gesellschaft, die einem Konsolidierungskreis angehört, passive Einkünfte, sei die auf diese Einkünfte entfallende anteilige Ertragsteuerbelastung für diese Gesellschaft gesondert zu ermitteln.
Das BMF nimmt außerdem umfassend zur in § 10 AStG geregelten Ermittlung, Qualifikation und Besteuerung des Hinzurechnungsbetrags Stellung.
Mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz wurde das bisherige Entlastungssystem in Fällen, der sog. nachlaufenden Dividende durch Streichung der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 41 EStG und Einführung eines sog. Kürzungsbetrags nach § 11 AStG reformiert. Erhält der Steuerpflichtige aus der Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft, für die Hinzurechnungsbeträge der ESt und KSt unterlegen haben, Bezüge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 oder Nr. 3a EStG ist bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte nun ein Kürzungsbetrag abzuziehen; dies gilt auch für Veräußerungsgewinne. Der Erlass widmet sich nun ausführlich anhand von Beispielen dem neuen Entlastungssystem des § 11 AStG und äußert sich u.a. zur Ermittlung des Kürzungsbetrags, zum Hinzurechnungskorrekturvolume sowie den Besonderheiten bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft.
Detailliert nimmt das BMF zudem Stellung zur sog. Switch-Over-Klausel des § 20 Abs. 2 AStG, die in bestimmten Fällen einen Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode vorsieht und bislang keine ausführliche Erwähnung im Erlass fand. U.a. äußert sich das BMF hier zur Definition des Betriebsstättenbegriffs i.S.d. § 20 Abs. 2 AStG und den damit von der Regelung erfassten Fallkonstellationen, bezugnehmend auf das BMF-Schreiben v. 26.09.2014.
Daneben sieht der Entwurf auch wesentliche Änderungen und umfangreiche Ergänzungen vor betreffend die Anwendung der Vorschriften über die Steueranrechnung (§ 12 AStG), die Beteiligung an Kapitalanlagegesellschaften (§ 13 AStG) und die verfahrensrechtlichen Pflichten des Steuerpflichtigen (Mitwirkungs-, Aufklärungs- und Erklärungspflichten gem. §§ 16 bis 18 AStG). Bei den Vorschriften über die Steueranrechnung gem. § 12 AStG bestätigt das BMF seine Auffassung, dass eine Anrechnung auf die Gewerbesteuer nicht in Betracht kommt.
Der aktualisierte AStG-Erlass soll für die Anwendung des AStG in der ab dem 01.07.2021 geltenden Fassung anwendbar sein. Der Entwurf sieht eine Frist zur Stellungnahme durch die Verbände bis zum 04.09.2023 vor. Mit der Veröffentlichung des finalisierten Erlasses ist im Verlauf des 2. Halbjahrs 2023 zu rechnen.
Der Volltext des Entwurfs steht Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung.
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