Laut BFH entfalten auch fehlerhafte Wertfeststellungen Bindungswirkung für darauffolgende Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide. Dies gilt auch bei der Zusammenrechnung von Erwerben innerhalb der Zehnjahresfrist.
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG werden bei mehreren Erwerben innerhalb von zehn Jahren von derselben Person die Erwerbe zusammengerechnet. So werden dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe zugerechnet. Dabei kann es vorkommen, dass der individuelle Freibetrag noch nicht mit dem ersten Erwerb, sondern erst mit einem weiteren Erwerb ausgeschöpft wird und auf den übersteigenden Betrag folglich Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer erhoben wird.
Im vorliegenden Fall hatte ein Steuerpflichtiger zuvor einen Grundstücksanteil geschenkt bekommen, bei dem der Grundbesitzwert fehlerhaft festgestellt wurde. Der Grundbesitzwert wurde jedoch nicht korrigiert, da der Wert unter dem individuellen Freibetrag des Beschenkten lag und (zunächst) keine Schenkungsteuer anfiel. Später (innerhalb der Zehnjahresfrist) erhielt der Beschenkte erneut eine Schenkung von derselben Person. Gemäß § 14 ErbStG berücksichtigte das Finanzamt den (hier fehlerhaft) festgestellten Wert des vorherigen Erwerbs, um den Erwerb innerhalb der zehn Jahre zu ermitteln. Da der Freibetrag durch die beiden Erwerbe nun ausgeschöpft war, fiel Schenkungsteuer an. Der Beschenkte argumentierte, dass der Wertfeststellungsbescheid nur für den vorherigen Erwerb gelte und nicht für die aktuelle Schenkung. Dem folgte der BFH nicht.
Für den BFH entfaltet ein gesondert festgestellter Grundbesitzwert als Grundlagenbescheid jedoch Bindungswirkung für alle Schenkungsteuerbescheide, bei denen er in die steuerliche Bemessungsgrundlage einfließt. Dies gilt auch unabhängig von seiner Richtigkeit und für die Berücksichtigung eines früheren Erwerbs nach § 14 Abs. 1 ErbStG (BFH-Urteil vom 26.07.2023, II R 35/21). Laut BFH ist es einem Steuerpflichtigen zumutbar, bei einer unzutreffenden Wertfeststellung bereits im Rahmen des Vorerwerbs den Wertfeststellungsbescheid rechtzeitig anzufechten.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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