Mit ihren gleichlautenden Ländererlassen vom 05.10.2022 nimmt die Finanzverwaltung zu den erbschaft- und schenkungsteuerlichen sowie bewertungsrechtlichen Implikationen der Optionsausübung nach § 1a KStG Stellung.
Durch das KöMoG (BGBl. I 2021, S. 2050) wurde mit Wirkung ab dem 01.01.2022 eine Optionsmöglichkeit zur Körperschaftsbesteuerung für Personenhandelsgesellschaften geschaffen (§ 1a KStG). Dabei wird ertragsteuerlich ein Formwechsel fingiert (§ 1a Abs. 2 KStG). Zivilrechtlich bleibt die optierende Gesellschaft eine Personengesellschaft. Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie für die Bewertung von Beteiligungen an Personengesellschaften wird die optierende Personengesellschaft weiterhin als Personengesellschaft behandelt (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG, § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 Satz 1 ErbStG, § 13b Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 Nr. 5 Satz 5 ErbStG). Eine Anknüpfung an die ertragsteuerliche Behandlung der optierenden Gesellschaft als Kapitalgesellschaft findet demgemäß nicht statt.
Die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 05.10.2022 (BStBl. I 2022, S. 1494) behandeln Anwendungsfragen zu den erbschaft- und schenkungsteuerlichen sowie bewertungsrechtlichen Implikationen der Optionsausübung. Neben allgemeinen Ausführungen enthalten die Erlasse u.a. insbesondere detaillierte Aussagen zur Anwendung von erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungsvorschriften.
Zunächst führt die Finanzverwaltung aus, dass die Anteile an der optierenden Gesellschaft unter den Voraussetzungen des § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG begünstigungsfähiges Vermögen seien. Da die optierende Gesellschaft weiterhin als Personengesellschaft behandelt wird, sei keine Mindestbeteiligungsquote nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG erforderlich, um die Begünstigungen für Betriebsvermögen in Anspruch zu nehmen (Rn. 2). Zudem führe weder die Option noch die Rückoption dazu, dass Verwaltungsvermögen im Gesamthandsvermögen zu jungem Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG wird (Rn. 7 und 24). Weiter verletze die Ausübung der Option bzw. Rückoption grundsätzlich nicht die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 ErbStG (Rn. 14 und 25).
Im Hinblick auf bis zum Zeitpunkt der Option bestehendes Sonderbetriebsvermögen ergeben sich dagegen auch für den Erbschaft- und Schenkungsteuerbereich Besonderheiten. Laut den Erlassen gibt es nach der Option nicht nur ertragsteuerlich, sondern auch bewertungsrechtlich kein Sonderbetriebsvermögen mehr. Die Folge sei u.a., dass Wirtschaftsgüter im bisherigen Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters, die nicht im Rahmen der Option auf die Gesamthand übertragen werden, nicht mehr bei den erbschaft- und schenkungsteuerlichen Feststellungen zu berücksichtigen sind. Ob für sie die Begünstigungsvorschriften in Betracht kommen, muss gesondert geprüft werden und soll nur dann der Fall sein, wenn diese Wirtschaftsgüter eigenständig begünstigungsfähiges Vermögen darstellen (Rn. 3 und 4).
Auch können sich dadurch erhebliche Nachteile im Hinblick auf junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel (Rn. 8 f.) sowie Behaltensfristen (Rn. 14) ergeben. Insbesondere könne die Ausübung der Option zur Begründung von jungem Verwaltungsvermögen oder jungen Finanzmitteln führen, wenn Verwaltungsvermögen oder Finanzmittel aus dem bisherigen Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters im Zuge der Option in das Gesamthandsvermögen überführt werden. Im Falle von Finanzmitteln soll die Einlage in das Gesamthandsvermögen nicht mit der korrespondierenden Entnahme aus dem Sonderbetriebsvermögen verrechnet werden können, da zum Bewertungsstichtag kein Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters mehr vorhanden sei, das mitübertragen werden könne. Da junges Verwaltungsvermögen bzw. junge Finanzmittel erbschaft- und schenkungsteuerlich nicht begünstigt sind, sind diese Ausführungen für die Praxis besonders relevant. Wird hingegen (wesentliches) Sonderbetriebsvermögen im Zuge der Optionsausübung nicht in das Gesamthandsvermögen überführt, kann dies zu einer Betriebsaufgabe oder einer Überentnahme und damit zu einem Behaltensfristverstoß nach § 13b Abs. 6 ErbStG führen (Rn. 15 und 18).
Darüber hinaus enthalten die Erlasse u.a. Ausführungen zu der Ermittlung des gemeinen Werts eines Anteils am Betriebsvermögen einer optierenden Gesellschaft nach § 97 Abs. 1a BewG (Rn. 6), der Lohnsummenregelung (Rn. 12), der Verbundvermögensaufstellung (Rn. 20) sowie zu Nießbrauchsrechten an einer Gesellschaftsbeteiligung (Rn. 21 ff.). Bei letzterem wird in der Praxis besonders relevant sein, dass die Optionsausübung innerhalb der Behaltensfrist zu einem Behaltensfristverstoß führen kann, wenn ein (mitunternehmerisch ausgestaltetes) Nießbrauchsrecht schenkweise übertragen wurde. Auch stelle der Verzicht auf ein ursprünglich mitunternehmerisch ausgestaltetes Nießbrauchsrecht nach Ausübung der Option folglich kein begünstigungsfähiges Vermögen mehr dar.