Ausgangssituation und aktuelle Entwicklungen
In der Vergangenheit haben Berufsgenossenschaften nachschüssige Beiträge von ihren Mitgliedsunternehmen erhoben, d. h., der Beitrag für das bereits abgelaufene Kalenderjahr wurde erst im Laufe des Folgejahres auf der Basis der tatsächlichen Verhältnisse des abgelaufenen Kalenderjahres ermittelt und zur Zahlung fällig gestellt. In den Jahresabschlüssen der Mitgliedsunternehmen wurden daher regelmäßig Rückstellungen für (der Höhe nach) ungewisse Verbindlichkeiten für den vollen Beitrag des jeweiligen Beitragsjahres passiviert. Durch die Abrechnung im Folgejahr ergab sich ein periodenfremder Aufwand oder Ertrag in Höhe der Differenz zwischen dem Rückstellungsbetrag und dem durch die Berufsgenossenschaft final beschiedenen Beitrag.
Momentan ist zu beobachten, dass Berufsgenossenschaften ihr System der Beitragserhebung von einer nachschüssigen zu einer vorschüssigen Beitragserhebung ändern; beispielsweise wird die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) gesetzliche Unfallversicherung bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts, Hamburg, zum 01.01.2022 eine solche Umstellung vornehmen.
Handlungsbedarf
Daher ist zu überprüfen, ob sich aufgrund der Änderungen bei der Beitragserhebung Auswirkungen auf die Jahresabschlüsse der Mitgliedsunternehmen zum Abschlussstichtag 31.12.2021 ergeben.
Konkret soll ab dem Jahr 2022 das System der Beitragserhebung der VBG dahin gehend geändert werden, dass der für das jeweilige Kalenderjahr anfallende Beitrag von der VBG vorläufig berechnet und durch das Mitgliedsunternehmen bereits während dieses Kalenderjahres mit vier Abschlagszahlungen (vorschüssig) bezahlt wird (bei kleineren Unternehmen eine Abschlagszahlung). Im Mai des jeweiligen Folgejahres findet die endgültige Berechnung des Beitrags und eine Belastung bzw. Gutschrift des Differenzbetrags durch die VBG statt.
Für das Kalenderjahr 2021 hat die VBG hierzu Folgendes veröffentlicht:
„Durch die Umstellung kommt es einmalig zu folgender Konstellation: Der im Frühjahr 2022 für das Umlagejahr 2021 berechnete Beitrag dient nur als Grundlage für die Festsetzung des Beitragsvorschusses für das Beitragsjahr 2022. Zu zahlen sind dann nur die angeforderten Vorschüsse. Durch diese Vorschüsse wird die Liquidität der VBG für das Jahr 2022 gedeckt.
Die Verrechnung der für das Beitragsjahr gezahlten Vorschüsse erfolgt dann im Frühjahr des folgenden Jahres, wenn die konkrete Beitragsberechnung durchgeführt wird.“
Darüber hinaus betont die VBG:
„Wichtig: Es wird keine Mehr- oder Doppelbelastung der Unternehmen wegen der Umstellung der Finanzierung auf Beitragsvorschüsse geben.“1
Nach unserem Verständnis dieser Ausführungen fällt der eigentlich im Mai 2022 nachschüssig fällige Beitrag für das Kalenderjahr 2021 nicht mehr an. Zu einer (jedenfalls) liquiditätstechnischen Doppelbelastung soll es im Jahr 2022 für die Mitgliedsunternehmen gerade nicht kommen. Eine derartige Doppelbelastung ergäbe sich jedoch, wenn im Frühjahr 2022 sowohl die Beitragsveranlagung für das Jahr 2021 (letzte nachschüssige Veranlagung) als auch die auf der Grundlage der Vorschussberechnungen zu leistenden Zahlungen für das Jahr 2022 (erste vorschüssige Veranlagung) anfielen.
Dies bedeutet, dass Mitgliedsunternehmen im Geschäftsjahr (= Kalenderjahr) 2021 keinen Aufwand für Beiträge zur VBG und damit keine Rückstellung bilanzieren. Es fehlt die zum 31.12.2021 rechtlich oder wirtschaftlich verursachte Verpflichtung.
Ausblick
Ab dem Abschlussstichtag 31.12.2022 sind indes entweder eine Rückstellung oder ein Erstattungsanspruch in Höhe der Differenz zwischen dem durch das Mitgliedsunternehmen ermittelten Jahresbeitrag am Abschlussstichtag und den (vorschüssig) gezahlten Abschlagszahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen. Die finale Abrechnung des für das abgelaufene Kalenderjahr (z. B. 2022) zu veranlagenden Beitrags und der für das aktuelle Jahr (z. B. 2023) zu leistenden Vorschüsse erfolgt dann wiederum durch die Berufsgenossenschaft im Mai des aktuellen Jahres (z. B. 2023).
IG/ASU
1 Link zu vbg.de (Abruf v. 10.11.2021)