Vorläufige Einigung über neugefasste Erneuerbare-Energien-Richtlinie ("RED III")

EU erweitert sektorspezifische Zielvorgaben

Die Gesetzgebungsorgane der EU haben ehrgeizigere Zielvorgaben für Verkehr, Industrie, Gebäude sowie Fernwärme und -kälte vereinbart, um die Integration erneuerbarer Energien in diesen Sektoren, welche nach Ansicht der EU bei der Umsetzung der Energiewende "nicht Schritt halten", zu beschleunigen.

Die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben sich nach fast zwei Jahren Verhandlungen auf eine Neugestaltung der EU-Erneuerbaren-Richtlinie (RED III) vorläufig geeinigt. Die informelle Trilog-Einigung wird im nächsten Schritt vom Parlament und anschließend vom Rat förmlich angenommen, bevor sie im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird und in Kraft tritt.

Mit der geplanten Richtlinie soll der Anteil erneuerbarer Energiequellen am Gesamtenergieverbrauch der EU bis 2030 42,5 % ausmachen und durch eine freiwillige indikative Steigerung (durch freiwillige Beiträge der Mitgliedsstaaten oder durch gesamteuropäische Maßnahmen) von zusätzlich 2,5 % soll einen Gesamtanteil von 45 % erneuerbarer Energien am Bruttoenergieverbrauch bis 2030 erreicht werden.

Die derzeit geltende Erneuerbare-Energien-Richtlinie ist seit Dezember 2018 in Kraft. Darin ist das bisherige Ziel vorgesehen, 2030 auf EU-Ebene einen Anteil von 32 % Energie aus erneuerbaren Energiequellen am Gesamtenergieverbrauch der EU zu erreichen.

Insbesondere sieht die geänderte Richtlinie Anpassungen der Zielvorgaben in den Sektoren Verkehr, Industrie, Gebäude sowie Fernwärme und -kälte vor. So sollen erneuerbare Energieträger nicht mehr allein im Stromsektor zum Einsatz kommen.

Durch die Anpassungen der RED III sind zukünftig folgende sektorspezifische Zielvorgaben vorgesehen:

  • Im Verkehrssektor erhöht sich das bereits verbindliche Ziel von 14 % auf 29 %. Zudem muss der Anteil der für den Verkehrssektor bereitgestellten erneuerbaren Energieträger 5,5 % fortgeschrittener Biokraftstoffe (generell aus Non-Food-Ausgangsstoffe) und erneuerbarer Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (meist erneuerbarer Wasserstoff und wasserstoffbasierte synthetische Kraftstoffe) aufweisen.
  • Die Industrie muss den Einsatz erneuerbarer Energieträger jährlich um 1,6 % erhöhen. Laut der vorläufigen Einigung sollte der von der Industrie verwendete Wasserstoff bis 2030 zu 42 % und bis 2035 zu 60 % aus erneuerbaren Kraftstoffen nicht biogenen Ursprungs stammen.
  • Bei Gebäuden ist in Bezug auf den Anteil erneuerbarer Energieträger für 2030 ein indikatives Ziel von mindestens 49 % vorgegeben.
  • In der Wärme- und Kälteversorgung ist die Zielvorgaben für erneuerbare Energieträger auf nationaler Ebene schrittweise (bis 2026 jährlich um 0,8 % und von 2026 bis 2030 jährlich um 1,1 %) verbindlich anzuheben. Der für alle Mitgliedstaaten geltende durchschnittliche jährliche Mindestsatz wird um zusätzliche, für jeden Mitgliedstaat einzeln berechnete indikative Erhöhungen ergänzt.

Neben den sektorspezifischen Zielvorgaben sind in der vorläufigen Einigung strengere Nachhaltigkeitskriterien für Biomasse vorgesehen, um der Gefahr einer nicht nachhaltigen Bioenergie-Erzeugung zu begegnen.

Des Weiteren sollen durch die Anpassungen der RED III auf europäischer Ebene auch Genehmigungsverfahren für den Ausbau der erneuerbaren Energien und Netzen deutlich und dauerhaft beschleunigt werden. Auf diese Weise soll der Einsatz erneuerbarer Energieträger im Rahmen des REPowerEU-Plans – für die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland angesichts der russischen Invasion der Ukraine – vorangebracht werden.

Die Mitgliedstaaten sollen dafür sogenannte Vorranggebiete für erneuerbare Energien festlegen, in denen die vereinfachten Schnellgenehmigungsverfahren angewandt werden können.

In diesem Zusammenhang soll in Bezug auf die Nutzung erneuerbarer Energieträger davon ausgegangen werden, dass Projekte im Bereich erneuerbarer Energien im „überwiegenden öffentlichen Interesse“ liegen, wodurch die Gründe für rechtliche Einwände gegen neue Anlagen eingeschränkt werden können.

Fazit

In ganz Europa wird mit Inkrafttreten von RED III das Tempo zur Umsetzung der notwendigen Maßnahmen zur Gestaltung der Energiewende zunehmen. Spannend bleibt, wie die Mitgliedsstaaten die sektorspezifischen Vorgaben der Richtlinie in nationales Recht umsetzen werden.

Autor/innen: RA Dr. Karoline Mätzig, RA Philip Debray, Alexandra Gradic, LL.M.